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Beiräte und Ausschüsse Wie digitale Stadtteilpolitik Links der Weser funktioniert

Warum es von manchen Beiräten kaum noch Angebote gibt, um stadtteilpolitische Sitzungen auch online verfolgen zu können.
09.02.2023, 05:00 Uhr
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Wie digitale Stadtteilpolitik Links der Weser funktioniert
Von Karin Mörtel

Im Bremer Süden sind die Beiräte recht unterschiedlich aufgestellt in der Frage, wie die Öffentlichkeit an ihrer politischen Arbeit auch digital teilhaben kann. Stadtteilpolitikerinnen und Stadtteilpolitiker in Huchting und Obervieland setzen auf Präsenzsitzungen, denen sich weitere Zuschauerinnen und Zuschauer über das Internet zuschalten können. Entweder über eine Art digitalen Konferenzraum oder über eine Liveübertragung auf dem sozialen Netzwerk Facebook. In solchen Fällen spricht man von hybriden Veranstaltungsformaten.

Außerdem werden die Sitzungen aufgezeichnet und sind mindestens eine Woche auch noch für diejenigen online auf Facebook verfügbar, die erst nach dem eigentlichen Termin die Zeit dafür finden, sich die stadtteilpolitische Veranstaltung anzusehen. Die technische Unterstützung kommt dabei vom Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland, die die Aufzeichnung und die Kameraführung übernimmt.

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An den Beiratssitzungen in der Neustadt und Woltmershausen, die von einem gemeinsamen Ortsamt unterstützt werden, ist die Online-Teilnahme nicht mehr möglich. Zumindest gilt das für die meisten der Beirats- und Fachausschusssitzungen, die seit längerer Zeit wieder rein in Präsenz stattfinden. „Nur sehr selten halten einzelne Fachausschüsse aus unterschiedlichen Gründen reine Online-Sitzungen ab, in die sich auch Gäste einwählen können, denn es bleiben natürlich öffentliche Sitzungen“, erklärt Ortsamtsleiter Uwe Martin.

Raumwechsel erschwert Ausstattung

Und warum finden in der Neustadt und Woltmershausen keine hybriden Sitzungen statt? „Wir haben keine eigenen Sitzungsräume und müssen daher immer an wechselnden Orten tagen“, erklärt Martin. Die technische Ausstattung dieser Kirchen, Schulmensen oder Begegnungsstätten sei recht unterschiedlich, „und es wäre sehr aufwendig, diese Räume immer aufs Neue für unsere Zwecke mit hybrider Technik auszustatten“, so Martin.

Als weiteren Hinderungsgrund sieht der Ortsamtsleiter den Anspruch, die Sitzung komplett für die digitalen Besucher erlebbar zu machen. „Wir haben häufig zwischen 60 und 80 Besucher der Sitzung, die Kameras zeigen aber nur den Beirat. Da ist es online schwer zu vermitteln, wenn aus dem Publikum jemand spricht“, so Martin. Ohne externe, technische Unterstützung sei das aus seiner Sicht schwer umsetzbar.

Zumindest für letzteres Problem hat man in Obervieland eine einfache Lösung gefunden: einen eigenen Mikrofonplatz für das Publikum. Wer etwas zur Diskussion beitragen möchte, muss den Platz wechseln. „Das erfordert natürlich eine unglaubliche Mikrofon-Disziplin, sonst bekommen die Online-Besucher nicht alles mit“, räumt Ortsamtsleiter Michael Radolla ein. „Aber mittlerweile ist den meisten klar, dass sie auf Zwischenrufe verzichten sollten und sich an die neuen Regeln halten müssen, damit alle Informationen rüberkommen“, so Radolla.

Mindeststandard an digitalen Angeboten

Da allen Beiräten klar ist, dass das Geld aus dem Sondertopf der Senatskanzlei für digitale Sitzungen während der Coronazeit zur Neige geht, denken die Obervielander Beiratsmitglieder darüber nach, eine technisch einfachere Lösung anzuschaffen. Mit Kameras, die sich auf denjenigen Menschen ausrichten, der gerade spricht, zum Beispiel. Radolla rechnet dafür mit Anschaffungskosten für den Beirat zwischen 1000 und 1500 Euro.

"Wir müssen Wege finden, wenigstens einen Mindeststandard an digitalen Veranstaltungsformen weiterhin anzubieten“, findet Radolla. Im Beirat herrsche darüber Einigkeit, „dass wir auf diese Errungenschaft während der Coronazeit nicht mehr verzichten und nicht mehr auf reine Präsenz zurückgehen wollen.“

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Eine Haltung, die auch in Huchting vorzufinden ist. Dort bestreiten die Ortsamtsmitarbeiter schon seit Längerem die hybriden Fachausschusssitzungen in Eigenregie. Mit vereinfachter Technik von Mikrofonen und Kamera, die laut Ortsamtsleiter Christian Schlesselmann den Beirat 400 Euro gekostet hat. Dass die Leitung hybrider Sitzungen manchmal auch ganz schön herausfordernd sein kann, gibt er indes offen zu: „Weil man die Wortmeldungen der im Raum Anwesenden, der Menschen im Online-Konferenzraum und die Kommentare derjenigen, die den Live-Stream auf Facebook verfolgen, gleichzeitig im Blick behalten muss“, so Schlesselmann.

Und wenn eine Präsentation über ein Bauprojekt oder andere Themen gezeigt werden solle, könne auch das manchmal hakeln, wenn die Technik nicht reibungslos laufe. „Aber insgesamt haben alle Verständnis für kleinere Verzögerungen und alle sind sich einig, dass wir so weitermachen wollen – wir wollen schließlich nicht zurück in die Steinzeit“, formuliert er den gemeinsamen Wunsch von Ortsamt und Beirat, weiterhin eine digitale Teilnahme an Beiratssitzungen zu ermöglichen.

Nutzung auch nach der Pandemie

Denn: In Obervieland und Huchting wird die Online-Teilnahme auch nach den Einschränkungen durch Corona rege genutzt, heißt es aus den beiden Stadtteilen. „Menschen, die aufgrund von Familie, Beruf, Ehrenamt oder einer körperlichen Einschränkung nicht bei den Präsenzsitzungen dabei sein können, erreichen wir jetzt mit dem Angebot, das konnten wir vorher nicht“, sagt Schlesselmann.

Wie die Sitzungen des Stadtteilparlamentes insgesamt besser barrierefrei zugänglich gemacht werden könnten, sei durchaus auch in der Neustadt ein aktuelles Thema für den Beirat, heißt es dazu von Uwe Martin. „Wir haben dafür aber noch keine Lösung gefunden“, so der Ortsamtsleiter.

Geld vom Senat für eine professionelle, digitale Ausstattung aller Beiräte ist aktuell ein großer Wunsch vieler Bremer Beiräte. So schildert es Stefan Markus als Sprecher der Bremer Beirätekonferenz. „Die Beiräte sind sich größtenteils einig, dass sie auch nach den Corona-Beschränkungen weiterhin ein Online-Angebot machen wollen.“ Ohne die Freigabe von ausreichenden Haushaltsmitteln für eine moderne, digitale Ausstattung der Ortsämter und Beiräte sei dies aber nicht in der erforderlichen Qualität möglich. Markus: „Politische Absichtserklärungen reichen nicht mehr aus, wenn wir die digitalen Errungenschaften der Coronazeit nicht wieder über Bord werfen wollen.“

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