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Nordbremer Beiräte Hybrid in Höchstform

Anders als andere Beiräte tagen alle Nordbremer wieder in Präsenz. Dabei gibt es inzwischen eine Technik, die hybride Sitzungen auf einfache Weise möglich macht – und von der Senatskanzlei bezahlt wird.
16.09.2022, 18:00 Uhr
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Hybrid in Höchstform
Von Christian Weth

Noch vor Monaten, als die Inzidenzwerte stiegen und ausschließlich per Videoschalte konferiert wurde, war für manche Nordbremer Stadtteilpolitiker die Sache klar: Sinken die Corona-Zahlen, darf es kein generelles Zurück vom digitalen Angebot geben. Inzwischen sind jedoch die Fraktionen wieder dort, wo sie vor der Pandemie waren. Die Beiräte in Blumenthal, Burglesum und Vegesack tagen ausschließlich in Präsenz. Anders als Parlamente in anderen Teilen der Stadt.

Das Ortsamt Schwachhausen/Vahr macht seit Monaten beides möglich. Und damit vor, wie Debatten auf zwei Kanälen geführt werden können, um mehr Menschen zu beteiligen. Oder ihnen zumindest die Möglichkeit dafür zu geben. Die Sitzungen beider Stadtteilparlamente sind hybride Sitzungen: Diskutiert wird sowohl im Saal als auch im Chatroom. Wie die Kommunalverwaltung das geschafft hat und was die Senatskanzlei sowie die Nordbremer Ortsamtsleiter dazu sagen – ein Überblick.

Schwachhausen/Vahr: Ralf Möller sagt, dass es den beiden Beiräten um Barrierefreiheit geht. Und die gibt es nach Ansicht des Ortsamtschefs eben nur, wenn mehr Zugänge zu Diskussionen geschaffen werden. Darum kann bei den Sitzungen jetzt jeder etwas sagen und von jedem gesehen werden: jemand, der im Saal sitzt, ebenso wie jemand, der von zu Hause zugeschaltet ist. Dafür sorgen in der Vahr eine fest installierte Technik und in Schwachhausen eine mobile Video-Einheit, die mit Laptop und Beamer kombiniert wird. Nach Möllers Rechnung kostet die Kamera samt Mikro rund 1200 Euro. Das System, das sich auf jeden einstellt, der redet, kann ihm zufolge binnen 30 Minuten in jeden Raum mit Wlan aufgebaut werden. Den Zeitaufwand hält er genauso für vertretbar wie die zusätzliche Arbeit während der Debatten: Möller muss sowohl die Wortmeldungen im Saal als auch im Chatroom im Blick haben.

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Senatskanzlei: Holger Ilgner kennt mehrere Beiräte, die hybrid tagen wie Schwachhausen und Vahr, und mehrere, die wieder zu Präsenzsitzungen übergegangen sind wie Blumenthal, Burglesum und Vegesack. Wie viele Technik nutzen, um zeitgleich im Internet und im Saal debattieren zu können, kann der Mitarbeiter der Senatskanzlei nicht sagen, weil die Stadtteilverwaltungen, die regelmäßig hybride Sitzungen möglich machen, meistens Geräte eines Anbieters nutzen, mit dem sie direkt verhandeln. Anders als im Fall des Schwachhauser Parlaments: Es hat jetzt Geld im Rathaus beantragt, um die mobile Video-Einheit, die bisher eine Leihgabe eines Beiratsmitglieds ist, jetzt auch kaufen zu können. Laut Ilgner sollen die Mittel dafür demnächst bewilligt werden. Er schließt nicht aus, dass in den nächsten Monaten weitere Ortsämter dem Beispiel folgen werden.

Blumenthal: Genau so hat sich Oliver Fröhlich hybride Sitzungen immer vorgestellt: Jeder kann mitreden, im Netz wie im Sitzungsraum. Doch genau so eine Technik, sagt der Ortsamtsleiter, kannte er bisher noch nicht. Jedenfalls keine, die zu einem erschwinglichen Preis zu haben gewesen wäre. Und die sich schnell aufbauen lässt. Fröhlich hält das System des Schwachhauser Beirates deshalb für ein interessantes System. Auch deshalb, weil es mobil ist. Anders als andere Ortsämter hat die Blumenthaler Verwaltung keinen eigenen Sitzungssaal. Fröhlich will sich jetzt erkundigen, ob es im Rekumer Hof, wo das Stadtteilparlament zuletzt wiederholt getagt hat, ein stabiles Wlan gibt. Und ob ihm Amtskollege Möller die Technik aus Schwachhausen vorführen kann, um sie in Blumenthal mal zu testen. Demnächst will er mit den Fraktionssprechern über einen Probelauf reden.

Burglesum: Das Stadtteilparlament gehörte zu den ersten Nordbremer Beiräten, die vorübergehend mehr Zugänge für Zuhörer schafften: Weil wegen der Pandemie die Zahl der Präsenzplätze begrenzt war, wurden die ersten Sitzungen gefilmt und im Internet gezeigt. Ortsamtschef Florian Boehlke weiß, dass hybrid mehr meint, als sich den Verlauf einer Debatte anzusehen. Aber mehr war nach seinen Worten damals mit Bordmitteln nicht drin gewesen. Von dem System, das der Schwachhauser Beirat nutzt, hört Boehlke zum ersten Mal. Dabei, sagt er, kommen die Ortsamtsleiter regelmäßig zusammen. Er will sich jetzt mit Möller austauschen – und dann mit den Parlamentsvertretern. Er glaubt nämlich, dass es viel zu besprechen gibt, sollten sie künftig hybrid tagen wollen. Auch Regeln. Eines, findet er, darf nämlich nicht passieren: Dass er am Ende der Einzige im Sitzungssaal ist.  

Vegesack: Von allen Nordbremer Beiräten war der Vegesacker Beirat technisch am weitesten: Eine Zeit lang sind alle seine Präsenzsitzungen online übertragen worden – vom selben Dienstleiter, der auch die Bürgerschaftsdebatten überträgt. Und der jedes Mal rund 2000 Euro bekam. Damit ist schon länger Schluss. Und wird laut Heiko Dornstedt vorerst auch nicht wieder angefangen. Der Ortsamtsleiter sagt, dass sich die Verwaltungschefs der Stadtteile darauf verständigt haben, von Hybridsitzungen erst mal abzusehen. Das ist jedoch nicht der einzige Grund, warum er vorläufig keine Chance sieht, sie in Vegesack wieder zu etablieren. Dornstedt sagt, Probleme zu haben, den Sitzungsplan überhaupt einhalten zu können: Die Personalnot im Ortsamt ist nicht vorbei. Zwar hat er eine Hilfskraft bekommen, aber die muss er sich inzwischen mit Blumenthal teilen, wo jetzt ebenfalls jemand fehlt.

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