Draußen vor dem Tor 40 auf dem Areal des Güterbahnhofes blühen bunte Blumen. Rosefarbene Rosen stehen da neben violetten Wicken und Sukkulenten in Rosa, die aus einer Steinmauer hervorquellen. Holzstühle laden zum Verweilen ein. Dieser kreative Dschungel setzt gleich hinter dem Tor 40 mit der neuen Blaumeier-Ausstellung fort. Der Titel: "Schafe in New York".
Was wäre, wenn sich plötzlich in den Häuserschluchten des Big Apple fröhlich grasende Schafe wiederfänden? Das hat sich Colette Bobarz gefragt und gleich eine ganze Schaf-Serie ins Bild gesetzt. Eines der Bilder ist das Plakat-Motiv. Die Häuserschluchten der Stadt sind auf den Bildern der Künstlerin nicht grau, sondern knallbunt. Überhaupt, New York, allein dieser Name bringt Colette Bobarz schon zum Träumen. Schafe sind ihre Lieblingstiere, und New York ist ihre erklärte Lieblingsstadt, seit dem Blaumeier-Film-Dreh dort mit Regisseur Eike Besuden 1998. "Weshalb also nicht beides zusammenbringen?" fragt Bobarz und lacht vergnügt.
50 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Werke in der weitläufigen Gleishalle hinter Tor 40, die vor fast 20 Jahren schon der inzwischen verstorbene Regisseur Johann Kresnik für das Bremer Theater mit Kafkas "Amerika" bespielte. Genügend Platz also, um die vielen, unterschiedlichen Kunstwerke – Malerei, Skulpturen, Keramiken, Collagen, Rauminstallationen sowie Häkel-Kunst – zum Thema Natur und Mensch in Ruhe auf sich wirken zu lassen.
Zwei Jahre lang haben die Künstlerinnen und Künstler auf die Ausstellung hingearbeitet, erzählt Caroline Oesker vom Blaumeier-Atelier. Corona hätte sie ziemlich ausgebremst. Während der Lockdown-Phasen musste das Atelier in der Travemünder Straße in Walle teilweise geschlossen werden. "Oder aber nur wenige konnten mit dicken Jacken dort malen, weil wir ständig lüften mussten", sagt sie.
Alle Mühen und Entbehrungen haben sich gelohnt, denn die Ausstellung zum Thema "Natur und Mensch" ist nicht nur eine runde Sache geworden, sie trifft auch den Nerv der Zeit. So wird in manchen Kunstwerken auch die Liebe zum Draußensein und das Verbundensein mit der Natur als Ort des Rückzugs thematisiert. Wie etwa bei Brigitte Eickmeier, die eine in der Natur geborgene Frau zeigt. Immerhin konnten die Blaumeiers trotz Pandemie eine zehntägige Mal-Reise durch das Wendland unternehmen. Aber auch das Zurückdrängen der Natur durch das Eindringen des Menschen wird thematisiert. Und damit eine Ursache, die die Naturkatastrophe Corona mitverursacht habe, resümiert Oesker.
Cornelia Koch lässt in ihren bunten Bildern eine idealisch-positive Welt erstehen, indem sie uns all das Schöne zeigt, was es auch noch gibt, trotz aller Katastrophenmeldungen. Und, besonders bemerkenswert, so Wendla Pahnke aus dem Kuratoren-Team: Die Tiere spielen eine Hauptrolle in Kochs Werken, die Menschen sind dagegen unbedeutend und klein dargestellt. Und auch eine Baum-Skulptur ist von Koch zu sehen: Auf türkis-grünen Zweigen tummeln sich große, bunte Vögel.
Gleich gegenüber ist Ahmed Gondas Hommage an einige Friedensnobelpreisträger zu sehen. Die Galerie zeigt charakteristische Porträts von Malala Yousafzai, Nelson Mandela und Mahatma Gandhi, daneben Porträts der "Fridays for Future"-Ikone Greta Thunberg und des inzwischen pensionierten Bremer Behindertenbeauftragten Joachim Steinbrück. Gerechtigkeit ist das ganz große Thema von Ahmed Gandos. Und sonst? Eigentliche hätte es jedes Kunstwerk verdient, erwähnt zu werden. Da ist beispielsweise die riesige, schillernde Capri-Sonne, die Christian Plep aus 2000 gesammelten, leeren und in der Natur achtlos entsorgten, nicht kompostierbaren Capri-Sonne-Alu-Tüten collagiert hat.
Oder aber die auf einer Kunstrasen-Wiese platzierten, überdimensionalen, farbenfrohen Häkel-Pilz-Skulpturen samt gehäkelter Schnecke von Sascha Wegener. Herüber duften Ralf Harders' frisch gesäte, teilweise verspiegelte Rasen-Kunstwerke. Aber Harders arbeitet auch mit dem Naturmaterial Jute, einzelne Fäden hat er collagiert und sie mit metallisch glitzernden Streifen versehen.