Mit heulenden Motoren fahren aufgemotzte, tiefer gelegte Autos am Abend vermehrt durchs Viertel. Der Poser-Trend hat in den vergangenen Wochen zugenommen, diese Entwicklung stört Anwohner wie einige Einzelhändler, Gastronomen und Politiker. Immer häufiger wird aus deren Reihen eine Verkehrsberuhigung oder ein Durchfahrtsverbot gefordert. Neben der Bremer Gastro-Gemeinschaft schließen sich die CDU Mitte/Östliche Vorstadt und der SPD-Ortsverein Peterswerder/Steintor den Vorschlägen an. Zudem regt Künstler Sönke Busch an, die Straße Sielwall vom Osterdeich bis zur Kreuzung in Regenbogenfarben anzumalen. Die Behörden bremsten die Erwartungen.
„Als Verein wollen wir Konzepte mit ausarbeiten und realisieren, um in einem Pilotversuch den Verkehr zu beruhigen“, sagt Thorsten Lieder, Geschäftsführer der Bremer Gastro-Gemeinschaft. Eine zeitlich begrenzte Maßnahme könnte Wirten und Kneipiers zusätzliche Gestaltungsräume in der Außengastronomie einräumen. Klar sei aber auch, dass mit dem Versuch die Gefahr verbunden sei, dass es gegebenenfalls zu größeren Menschenansammlungen im Viertel komme, die in Einklang mit den Corona-Regeln gebracht werden müssten, so Lieder. In den gastronomischen Bereichen tragen die Wirte die Verantwortung, alles was darüber hinausgehe, sei Aufgabe der Ordnungsbehörden, „die einen ordentlichen Job machen“, so Lieder.
„Die Poser-Autos sind die Spitze einer Entwicklung im Viertel, die wir ablehnen. Die Kneipen- und Kulturszene wird aktuell von Partytouristen gekapert, die dem Charakter des Viertels nicht entsprechen", sagt Michael Jonitz, Vorsitzender der CDU Mitte/Östliche Vorstadt. Die Partei fordert einfache und schnelle Lösungen wie ein Durchfahrtsverbot am Sielwall am Wochenende (Freitag und Samstag, 20 Uhr bis 6 Uhr morgens), um der Entwicklung entgegenzuwirken.
Ausnahme soll für Anwohner
Die Autos abends aus dem Viertel holen, will auch der SPD Ortsverein. Dessen Mitglieder empfehlen, die Straßen Ostertorsteinweg, Vor dem Steintor und Sielwall ab 20 Uhr für Autos zu sperren. Eine Ausnahme soll für Anwohner gelten. „Das sinnlose Hin- und Hergefahre ist störend für die vielen Anwohner, Besucher und Gastronomen im Viertel und außerdem umweltschädlich“, sagt Anke Kozlowski, Sprecherin der SPD-Beiratsfraktion Östliche Vorstadt.
Mit 2000 Liter Farbe will Viertel-Künstler Sönke Busch die Straße Sielwall bunt anstreichen. Im Netz sucht er nach Verbündeten. Der geschäftsführende Landesvorstand der Bremer Grünen, in Person von Alexandra Werwath, Florian Pfeffer und Florian Kommer befürwortet das Projekt und will es finanziell unterstützen.
Ganz so einfach umzusetzen sind diese Vorschläge aus Sicht der Verkehrsbehörde nicht. Sprecher Jens Tittmann verweist bei der bunten Anstreich-Idee auf die geltende Straßenverkehrsordnung (StVO), die unter anderem Mittelstreifen vorschreibt. „Wir werden prüfen, ob das mit der StVO und der Verkehrssicherheit vereinbar ist“, so Tittmann. Es habe bereits konkrete Überlegungen gegeben, den Sielwall temporär 80 Meter in alle Richtungen zu sperren.
Von einem Pilotversuch für ein Auto-Durchfahrtsverbot seien jedoch mehrere Ressorts abgerückt, weil die Gefahr von Menschenansammlungen auf den dann freien Straßen bei den derzeit steigenden Corona-Infektionszahlen zu groß sei. Zudem gebe es bei den Viertelbewohnern viele unterschiedliche Interessen, die alle berücksichtigt werden müssten. Nicht nur im Viertel gibt es Ärger wegen lärmender Autos: Im vergangenen Jahr hatte die Polizei daher eine eigene Kontrollgruppe „Raser und Poser“ eingerichtet.