Der Bremer Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) reicht allen Bremerinnen und Bremern, die vor ihrer Pensionierung stehen oder schon aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, einen "roten Faden für den Ruhestand". Hinter diesem Namen steckt ein Projekt mit einem umfangreichen Informations- und Orientierungsangebot sowie einer Fülle von kostenlosen Veranstaltungen, um die nachberufliche Lebensphase selbst möglichst aktiv gestalten und erfüllt erleben zu können.
Denn jahrzehntelang bringt die Arbeit Struktur in den Alltag vieler Menschen und soziale Kontakte mit sich. Damit beides nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht wegbricht, sondern weiterhin gemeinsame Interessen geteilt und Gemeinschaft erlebt werden, kann jeder, der bald in die nachberufliche Lebensphase hinübergleitet oder bereits im Ruhestand ist, jetzt den "roten Faden" aufgreifen.
Die Stärkung der Teilhabe von älteren Menschen sei angesichts des demografischen Wandels für die Politik ein zentrales Anliegen, erklärt Bruno Steinmann. Deshalb werde dieses Projekt über das Programm „Stärkung der Teilhabe älterer Menschen – gegen Einsamkeit und soziale Isolation“ durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie durch die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert.
Menschen in der nachberuflichen Phase seien nicht zuletzt eine wertvolle Ressource für die Gesellschaft, meint der Projektleiter: Jüngere und Ältere könnten voneinander profitieren, sei es vom beruflichen Wissensschatz oder im Bereich der Kinderbetreuung. Diese Erkenntnisse hat die Awo bereits selber in dem zweigleisigen Modellprojekt gewonnen, das dem "roten Faden für den Ruhestand" vorgeschaltet gewesen ist.
Andererseits sind das Dazugehören und Miteinander wichtige Faktoren für die eigene Zufriedenheit und Gesundheit. Daher wünscht sich Steinmann, dass möglichst viele 60- bis 70-Jährige die Chance nutzen und zum "roten Faden" greifen. Die Absicht sei vor allem, "Menschen in soziale Netzwerke integrieren, die sie sich nicht von alleine erschließen würden." Dafür sollten Netzwerke ausgeweitet und Strukturen geschaffen werden, um vorhandenen Potenziale zu nutzen.
Mit einer Kleingruppe hat die für Kulturvermittlung zuständige Katarzyna Pieper-Brandtstädter der Theorie bereits die Tat folgen lassen und einen Ausflug zur Theatereröffnung nach Bergedorf unternommen. Die Kulturwissenschaftlerin hält fünf bis zehn Teilnehmende für eine ideale Größe, weil sich dann am meisten Gruppendynamik entwickeln kann. Vielleicht bilden sich ja Kulturtandems, hofft sie, weil Theater- oder Konzertbesuche zu zweit viel mehr Spaß machen. Ihr Herzenswunsch wäre, dass sich über gemeinsame Interessen und durch gemeinsame Aktivitäten auch Freundschaften entwickeln.
Darüber hinaus möchte Pieper-Brandtstädter einen Kulturtreff als festen Termin etablieren. Bei Kaffee und Kuchen sollen sich Gleichgesinnte unverbindlich treffen und auf Wunsch über ein Thema austauschen können. Den Anstoß dazu könnten Kurzvorträge liefern - "zu allen Fragen, die für Menschen ab 60 relevant sind", schwebt ihr vor. Dabei hat die Kulturwissenschaftlerin beispielsweise auch das Thema "Viel Kultur für wenig Geld" im Kopf – als Schnittmenge mit dem Zuständigkeitsbereich ihres Teamkollegen.
Für finanzielle und sozialpolitische Themen ist Lukas Matzner der Ansprechpartner. Der studierte Sozialwissenschaftler war bereits beim Vorläuferprojekt (Gubera) für die individuelle Einzelberatung, Gruppen-Vorträge und Information über die Interessen der Zielgruppe an die Politik verantwortlich. Auch er möchte durch seine Expertise, beispielsweise zu Mini-Jobs, Rente oder Wohngeld, noch mehr Bremerinnen und Bremer helfen, die nachberufliche Phase bestmöglich für sich gestalten zu können.
Um einen Eindruck von der großen Bandbreite an Themen – Gesundheit, Sport, Verbraucherwissen, Finanzen, ehrenamtliches Engagement bis zu Arbeiten im Ruhestand – zu bekommen, bietet das Awo-Team mehrere Vorträge an. Zudem sind weitere Vorträge, Ausflüge und Exkursionen fest geplant (siehe unten). Alle vier Monate soll schließlich ein neues Programm erscheinen. Für Vorschläge seien sie jederzeit offen, betonen sie.
Schließlich möchte die Awo in Unternehmen oder bei Institutionen Vorträge über das Projekt "Der rote Faden für den Ruhestand" halten. Es besteht neuerdings auch die Möglichkeit, Firmen als Sponsoren für einzelne Veranstaltungen anzusprechen.
Damit jeder sehen kann, wie sich sein "roter Faden für den Ruhestand" weiter entwickelt und als kleinen Anreiz zum Mitmachen will das Trio eine Postkarte verteilen. Für jede besuchte Veranstaltung gebe es einen Stempel, kündigt Projektleiter Steinmann an, und am Ende eine "kleine Belohnung".