Könnte eine Fährverbindung zwischen den Industriehäfen und dem Neustädter Hafen einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung der Hafenrandstraße und der Stephanibrücke leisten? Die SPD hatte diese Idee kürzlich ins Gespräch gebracht und damit bei den anderen Parteien ein überwiegend positives Echo ausgelöst.
Das zuständige Fachressort des Senats kann dem Vorschlag jedoch nicht allzu viel abgewinnen. Zu viel zeitlicher Vorlauf, zu wenig Entlastungswirkung – so heißt es im Entwurf für eine Antwort der Landesregierung auf den SPD-Vorstoß. Das Papier sollte an diesem Dienstag vom Senat beschlossen werden, ist jedoch am Montag kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. Dem Vernehmen nach auf Verlangen der SPD-Bürgerschaftsfraktion, die sich eine zumindest etwas detailliertere Reaktion des Senats gewünscht hätte.
Der Vorschlag der Sozialdemokraten sieht vor, im Bereich der Industriehäfen – ungefähr auf Höhe des einstigen U-Boot-Bunkers „Hornisse“ – einen Anleger zu bauen und von dort eine Fähre Richtung Neustädter Hafen pendeln zu lassen. Das Angebot würde sich insbesondere an motorisierte Berufspendler und den gewerblichen Verkehr richten, der zum Güterverkehrszentrum und weiter zur A281 beziehungsweise Richtung A28 fließt.

In seiner Antwort macht das Verkehrsressort des Senats keinen Hehl daraus, dass es die Idee für reichlich realitätsfern hält. Eine Fährverbindung lasse sich nicht mal eben aus dem Boden stampfen. Zu rechnen sei mit einem „zeitlichen Vorlauf von mehreren Jahren für die Bauplanung und -genehmigung, die Herstellung der Fähranleger, die Herstellung beziehungsweise Ertüchtigung der Straßenanschlüsse und die Beschaffung der Fährschiffe“, so die Experten aus der Behörde von Senator Joachim Lohse (Grüne).
Wesertunnel soll Entlastung bringen
Eine echte Entlastung für Hafenrandstraße und Stephanibrücke seit kurz- und mittelfristig mit einer Fährverbindung also nicht zu erreichen. Die werde es erst mit dem Wesertunnel der A281 geben, der 2024 fertiggestellt sein soll.
Die Verkehrsbehörde weist außerdem auf die begrenzten Kapazitäten einer möglichen Fährverbindung hin. Ein entsprechend groß ausgelegtes Fährschiff könne etwa 1200 Fahrzeuge pro Tag transportieren. Auf der Stephanibrücke seien derzeit täglich aber rund 100.000 Fahrzeuge unterwegs, auf der Hafenrandstraße knapp 30.000.
„Dieser Vergleich zeigt bereits, dass eine Entlastungswirkung auch bei Einsatz von zwei Fährschiffen im Pendelverkehr deutlich unter fünf Prozent liegen würde“, heißt es im Papier des Verkehrsressorts. Kurzum: Das Projekt hat aus Sicht der Behörde keinen Sinn.
SPD-Wirtschaftspolitiker Dieter Reinken mag sich damit noch nicht abfinden. Im Gespräch mit dem WESER-KURIER sagte er: „Wir erleben jeden Tag unerträgliche Staus auf der Stephanibrücke. Alles, was einen Betrag leisten kann, um die Situation dort zu verbessern, sollte ernsthaft geprüft werden.“ Er erwarte, dass die Verkehrsbehörde zumindest ausführlicher als bisher darlege, warum eine Fährverbindung für sie nicht infrage kommt.
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