Beim jüngsten Netzwerktreffen für die Bahnhofsvorstadt-West im Begegnungszentrum der St. Michaelis/St. Stephani-Gemeinde stellte Eva Carneiro Alves, Suchtreferentin im Gesundheitsressort, die Pläne für die Einrichtung eines integrierten Drogenkonsumraums an der Friedrich-Rauers-Straße vor. Die Fertigstellung und Eröffnung ist für 2024 geplant. Damit soll die Situation, die, wie bereits mehrfach berichtet, in den vergangenen Jahren rund um den Hauptbahnhof zunehmend eskaliert war und die von vielen Anrainern als unzumutbar empfunden wird, entlastet werden.
Carneiro Alves bezeichnete den Senatsbeschluss als "ordnungsrechtliches Benefit für die Bevölkerung dort". Die Friedrich-Rauers-Straße befindet sich allerdings in unmittelbarer Nähe der Brebau-Wohnblocks in der Falkenstraße, in der viele Familien wohnen. Wie schon bei den vorherigen Netzwerktreffen waren nur wenige Menschen aus dem Quartier zu der Zusammenkunft gekommen. Die Präsenz von Vertretern von Institutionen überwog. Eine Vertreterin der Inneren Mission vom Übergangswohnheim im ehemaligen Versorgungsamt sagte, dass es früher oft Probleme mit unkontrolliertem Drogenkonsum gegeben habe, seitdem die provisorischen Drogenkonsum-Container da seien, sei das deutlich besser geworden.
Sorge in der Nachbarschaft
Die Nachbarschaft scheint das offenbar etwas anders zu sehen. Eine Anwohnerin aus der Falkenstraße sagte, dass ihr die Pläne und die damit verbundene Entwicklung schon Angst machen würde. So sei in der Nachbarschaft beobachtet worden, dass Drogen in den Vorgärten der Brebau-Wohnblocks vergraben worden seien. Ihre Sorge: Was ist, wenn die Kinder, die in der Falkenstraße wohnten, auf Drogen stießen und sie aus Neugier probierten? Generell sei eine Verunsicherung zu spüren, wie die Nachbarschaft mit den Drogenkranken umgehen solle, wenn sie ihr begegneten. Außerdem stiegen die Zahl der Einbrüche im Quartier stetig. Carneiro Alves entgegnete, dass das nicht unbedingt auf Beschaffungskriminalität zurückzuführen sei. Solche Einbrüche seien generell ein soziales Problem in Bremen.
Die Suchtreferentin warb für die Ansiedlung des Drogenkonsumzentrums an der Friedrich-Rauers-Straße, in dem suchtkranke Menschen ganzheitlich betreut werden. Sie musste allerdings auch einräumen, dass Crack-Konsumenten aufgrund des extremen Suchtdrucks, dem sie unterlägen, zu Aggressivität neigten. So war im jüngsten Sachstandsbericht der Innenbehörde über die Entwicklungen am Bremer Hauptbahnhof zu lesen, dass die Betreiber der Drogenberatungsstelle Comeback, wie bereits zuvor auch bei ihrer Niederlassung am Tivoli-Hochhaus, einen neuen Sicherheitsdienst engagiert haben, der an der Friedrich-Rauers-Straße mit zusätzlichem Personal vor Ort ist. Das war nötig geworden, weil laut Sachstandsbericht im Februar einer der Klienten das Personal von Comeback verbal attackiert und Mobiliar zerstört hatte. Der provisorische Drogenkonsumraum musste daraufhin für mehrere Tage geschlossen werden, ist seit Ende Februar aber wieder geöffnet.
Termine in der Bahnhofsvorstadt
Abgesehen von dieser Herausforderung tut sich dank der Initiative der temporären Quartiersbeauftragten Iris Wensing so einiges in der Bahnhofsvorstadt-West: So hat sie Gaming-Abende (Spielabende) ins Leben gerufen. Ohne Anmeldung und kostenfrei können sich Jugendliche am Freitag, 24. März, und Freitag, 28. April, im Begegnungszentrum der St. Stephani/St. Michaelis-Gemeinde treffen, um verschiedene, auch virtuelle Spiele zu spielen. Von 17 bis 19 Uhr gilt das Angebot für Jugendliche zwischen zehn und 14 Jahren und von 19 bis 21 Uhr für Jugendliche von 14 bis 16 Jahren. Ein wenig enttäuscht ist Wensing, dass zum ersten Urban-Gardening-Treffen im ersten Hinterhof der Brebau-Klinker-Wohnblocks lediglich ein Mieter erschienen ist. In dem Hinterhof werden aus dem Budget der Hans-Wendt-Stiftung Hochbeete für Blumen, Gemüse und Kräuter angelegt. Los geht's ab April, bis Ende August sind 22 Termine anberaumt, immer montags, die Uhrzeit wird noch bekannt gegeben.
Ein weiteres Angebot, das vor allem Jugendliche ansprechen soll: Boxen in der Bahnhofsvorstadt, dieses Mal allerdings mit Anmeldung per E-Mail an iwensing@hwst.de, Start ist voraussichtlich April bei Samsahai-Gym in der Bornstraße. Das Angebot richtet sich nur an Personen aus dem Quartier. Termine: Dienstags von 15.30 bis 16.30 Uhr für die Zielgruppe von 13 bis 16 Jahre, donnerstags von 16.30 bis 17.30 für die Zielgruppe 17 bis 21 Jahre. Außerdem bietet das Afrikanetzwerk für drei Monate ein Koch-Angebot für junge Frauen an. Informationen gibt es über den Verein Afrika Netzwerk Bremen per E-Mail an info@anb-bremen.de. Und noch ein Termin: "Hans-Wendt-bewegt" – über aufholen nach Corona, ohne Anmeldung am 25. März von 12 bis 15 Uhr, für Familien mit Kindern im Saal des Begegnungszentrums oder auf dem Spielplatz. Außerdem bietet die St. Michaelis/St. Stephani-Gemeinde noch bis Ende März immer Dienstagnachmittag (im Kirchen-Foyer) und Donnerstagnachmittag (im Stadtteilhaus in der Bornstraße) ein Wintercafé zum Aufwärmen bei Kaffee, Gebäck und Spielen an.
Überseemuseum: Auf gute Nachbarschaft
Wie bereits berichtet, hat Susanne Hammacher, im Übersee-Museum für Bildung und Vermittlung zuständig, mit ihrem Team ein ganz besonderes Angebot für die Nachbarschaft aus der Bahnhofsvorstadt entwickelt. Mit dem Projekt "Auf gute Nachbarschaft!" sollen vor allem benachteiligte und finanzschwache Gruppen angesprochen werden, die nicht so ohne Weiteres ins Übersee-Museum gehen. Jetzt ist die Chance da, bis zum Jahresende heißt es für die Menschen, die ihren ersten Wohnsitz in der Bahnhofsvorstadt haben: Eintritt frei.