Der Ausstieg aus dem Kohlestrom bis 2023, grüne Dächer für Bremen oder neue Brücken über die Weser sind Forderungen, die sich im Entwurf des Wahlprogramms der Bremer Grünen wiederfinden. Traditionell fokussiert sich die Programmatik des Landesverbandes auf ökologische und soziale Anliegen. Auf den rund 100 Seiten eines noch vertraulichen Entwurfs, der dem WESER-KURIER vorliegt, begehen die Grünen aber auch einen Neuanfang. Für die Bereiche Umwelt und Klimaschutz, Bildung und Ausbildung sowie für die städtische Infrastruktur fordern sie Investitionen und mehr Personal. Das Programm soll an diesem Sonnabend bei einer Landesmitgliederversammlung im Haus im Park beraten und beschlossen werden.
Der Erfolg der Grünen bei den Landtagswahlen in Bayern und in Hessen soll auch der Bremer Partei Auftrieb geben. Bremen sei mit den Grünen in der Regierung besser geworden, die Länderfinanzen neu sortiert, das Bundesland weiterentwickelt worden, heißt es in dem Papier.
Doch das reiche den Grünen noch nicht: Mit dem Satz „Lust auf Bremen, Bock auf Zukunft“ ist ein Leitbild vorgegeben worden. Die Grünen wollen wieder regieren. Eine achtköpfige Kommission der Grünen hat die Vorstellungen der Partei auch zu Themenfeldern wie Verkehr, Armut, Hochschulen, Arbeit zusammengestellt. Darin eingeflossen sind Ideen aus sechs Zukunftskonferenzen, an denen Bürger teilnehmen konnten.
Kehrtwende in der Baupolitik
Der Klimaschutz steckt in allen Bereichen des Wahlprogramms der Grünen. So soll mit Firmen und Unternehmen ein Plan entwickelt werden, wie das Bundesland klimaneutral werden kann. Mit einem Modellprojekt könne Bremerhaven bundesweiter Vorreiter als „klimaneutrale Stadt“ werden. Auf Bremens Dächer und im öffentlichen Raum soll es grüner werden. Maßnahmen für Tier- und Insektenschutz oder eine bessere Luftqualität fehlen zudem nicht.
„Der Wahlprogrammprozess ist eine gute Chance, um über die Zukunft unseres Landes zu diskutieren“, sagt die Landesvorsitzende Alexandra Werwath. Wir wollen Politik machen, die sich mit Mut, Zuversicht und Perspektiven der Zukunft stellt. Um die Klimafrage neu zu stellen, eine ökologische Stadtentwicklung voranzutreiben und die Zukunft der Mobilität mitzugestalten. So steht das Thema Umwelt auch beim Verkehr im Mittelpunkt des Programms. Die Mobilitätswende soll mit mehr Fahrradwegen und einem 365-Euro-Ticket für Bus und Bahn angegangen werden. Ziel ist die autofreie Innenstadt bis zum Jahr 2030, dafür sollen der Parkraum reduziert, die Parkgebühren erhöht werden. Die Chancen der Digitalisierung sollen laut des Programmentwurfs genutzt werden, um „Mobilität komfortabel und günstig ohne eigenes Auto zu organisieren“. Dabei setze man konsequent auf Fahrrad, ÖPNV und Carsharing. Mehrere neue Brücken über die Weser sind ebenfalls angedacht.
In ihrem Programm machen die Grünen zwei Kehrtwenden: „Wir fordern ein Umdenken in der Baupolitik“, sagt die grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer. Die Stadt soll laut dem Programm wieder aktiv und strategisch Flächen für die Stadtentwicklung erwerben. Damit die Stadt als Eigentümerin ihren Einfluss behält, solle verstärkt auf die Vergabe von Erbbaurechten mit einem niedrigen Erbpachtzins gesetzt werden.
Als ein Green-Smart-Modellquartier bezeichnet, ist die Idee, auf dem Gelände der Rennbahn ein autofreies Quartier zu schaffen, in dem eine nachhaltige und effiziente Green Smart City Realität werden soll. Für Hemelingen soll die internationale Bauausstellung (IBA) gewonnen werden, weil im Bremer Osten eines der Herzen der Bremer Industrie schlage.
Die zweite Kehrtwende machen die Grünen bei den Forderungen nach mehr Personal. Was im Haushaltsnotlageland lange nicht möglich war, wird nun gefordert: mehr Polizeikräfte, mehr Lehrer, mehr Richter und Staatsanwälte. „Dieser Neuanfang ist überhaupt nur möglich, weil die Finanzpolitik der Grünen die Voraussetzungen dafür geschaffen hat“, so Schaefer.
Beim Thema Bildung setzen die Grünen unter anderem auf einen besseren Spracherwerb bei Zugewanderten. Bremens Hochschulen sollen finanziell gestärkt, Teile der Universität in die Innenstadt geholt werden. Die Investitionsmittel für die Hochschulen sollen deutlich auf 100 Millionen Euro pro Jahr steigen. Bremen und Bremerhaven sollen zudem zu europäischen Bildungsstandorten, zu einer European University, werden. Auch die Schulen sollen besser ausgestattet werden, aber laut Maike Schaefer gehe es nicht nur darum, mehr Geld in die Bildung zu stecken, sondern auch vor allem um mehr Qualität in der Bildung. Der Kampf gegen Armut, die Unterstützung von Alleinerziehenden, bezahlbarer Wohnraum und die Gleichstellung haben ebenfalls mit einem Kapitel Einzug ins Programm genommen. „Bremen hat immer bewiesen, ein vielfältiges Land zu sein. Wir werden dafür sorgen, dass Bremen auch in Zukunft ein Land ist, in dem man ohne Angst zu haben, verschieden sein kann“, sagt Alexandra Werwath.