Vorspiel auf dem Theaterberg. Bange Blicke richten sich gen Himmel, an dem dunkle Wolken aufziehen. Pünktlich zum Vorstellungsbeginn huscht ein Regenschauer über den Theatergarten. Eilends werden Lautsprecher und Scheinwerfer-Spots in Plastikplanen gehüllt. Doch dann kommt die Sonne wieder zum Vorschein. In diesem Freiluft-Theatersommer ist kein ewiger Bund mit des des Wettergottes Mächten zu flechten. Auftritt Weingott Bacchus (Frank Grabski) in voller, weinrebenumrankten Schönheit, auf einem Fass thronend.
In dem Krimical "Unfassbar", einer, um im Wein-Jargon zu bleiben, spritzigen Mischung aus Musical und Krimi, geht es darum, dass ein chinesischer Milliardär sich in den Kopf gesetzt hat, eine Flasche des als Weltkulturerbe eigentlich unverkäuflichen, hochberühmten Roseweines von 1653 kaufen zu wollen. Und wenn die 150.000 Euro, die er bietet, nicht ausreichen, ist er durchaus bereit, seinen Diener Benno Blaume krumme Dinger drehen zu lassen. Moment mal, da war doch was, erinnert sich der geneigte Zuschauer des Falles eines chinesischen Tycoons, der 2014 angeblich ganz Ähnliches im Schild geführt haben soll, selbstverständlich, ohne einen Raub in Erwägung zu ziehen. Durch diesen realen Fall ließ sich Künstler Gotthart Kuppel zu der Geschichte inspirieren, die nun Walter Pohl, musikalischer Mastermind des Blaumeier-Ateliers zu einem "Krimical" vertont hat. Gerade spielt er die Titelmusik von Orson Welles Wien-Thriller "Der dritte Mann" als Intro an. Für Textbearbeitung und kurzweilige Regie zeichnet Universal-Talent Mateng Pollkläsener verantwortlich.
Aladdin Detleffsen gibt vortrefflich den unduldsamen Milliardär, der seinen Diener Blaume ganz schön unter Druck setzt und zwecks Affekt-Kontrolle schon mal eine gekonnte Kung Fu-Choreo auf's Parkett legt. Melanie Socher alias Blaume muss sich also etwas einfallen lassen, um den wachsamen Ratskellermeister Kasten doch noch auszutricksen. Doch die Mobilisierung der Freundes-Clique in der alten Heimat Bremen will einfach nicht zum Erfolg führen. Dazu hat der gute Kasten dann doch zu viel auf dem Kasten und blockt alle Kauf- und Probier-Versuche ab. Viktoria Tesar ergeht sich gar ergötzlich in blumigen Hymnen auf die verschiedenen Ratskeller-Weine. Eigentlich dürfen nur gekrönte Häupter und Dichter wie Wilhelm Hauff vom Rosewein kosten. Aber auch deren Doubles werden durch den Ratskellermeister auf Herz und Nieren geprüft und als Fälscher entlarvt.
Da mag Melanie Socher als Hauff den Rosewein noch so poetisch mit "La vie en rose" besingen und Queen Elizabeth I. alias England-Else alias Denise Stehmeyer im nahezu authentischen Ornat noch so flott zu "C'est la vie" über die Bühne tanzen. Nix da mit "Rule Britannia". In einer Nacht- und Nebelaktion gelingt es schließlich Bärbel Herold mit einem gekonnten Mauerdurchbruch unter Einsatz einer Seilwinde, zumindest das Fass, in dem der Rosewein eingeschweißt schlummert, zu knacken. Walter Pohl und Multi-Instrumentalist Jan Fritsch intonieren dazu die Titelmelodie des Action Thrillers "Mission Impossible". Dem Tycoon ist letztendlich auch das egal, er hat seine Wünsche bereits auf das nächste, obskure Projekte seiner Begierde gerichtet. Fazit: Eine runde Stunde voller guter Laune mit heiterem Musik-Raten.
Nachspiel auf dem Theater. Eilends passieren die Kulturflaneure auf ihrem Weg nach Hause den Marktplatz, die schwarzen Gewitterwolken immer im Blick. In der "Arena di Brema" harren Hunderte Menschen aus, um die Opernsängerin Julia Bachmann mit ihrem jungen Ensemble gegen den Sturmwind ansingen zu hören. Authentischer lässt sich die Gewitter-Szenerie aus Verdis "Rigoletto" kaum erleben.