Diesmal also Ghana. Seit vergangener Woche befindet sich der Waller Werbe-Unternehmer Morteza Eshghparast wieder einmal auf einer Hilfsmission in einem der ärmsten Staaten Afrikas. Ghana ist eines der Länder, in denen der von Eshghparast und etwa zwanzig anderen Bremern getragene Verein „Help Dunya“ bereits bleibende Spuren hinterlassen hat. 2018 hatten der gebürtige Iraner und seine Mitstreiter ihre privaten karitativen Aktivitäten auf eine professionelle Grundlage gestellt und „Help Dunya“ aus der Taufe gehoben.
Das Wort Dunya steht im Persischen, aber auch in einigen anderen Sprachen für Welt – und nicht weniger als die Elendsgebiete der gesamten Welt hat der Verein bei seinen Bemühungen im Blick. Eshghparast und andere Aktivisten reisen unter anderem nach Somalia, Bangladesch, Indonesien und in den Jemen, um dort vor Ort Brunnen zu bohren und Sanitäranlagen einzurichten, medizinische Stützpunkte aufzubauen und Hilfsgüter zu verteilen.
"Die Leute haben keine Scheu mehr"
Alles sehr lobenswert, sollte man meinen, doch das sieht offenbar nicht jeder so. In jüngster Zeit häufen sich auf der Facebook-Seite des Vereins Schmähungen mit recht eindeutigem politischen Unterton. Ausgelöst wurden sie möglicherweise durch einen Aufruf zu Spenden für Lebensmittelpakete, die zum Fastenbrechen im islamischen Monat Ramadan gedacht sind. „Sieht mir so aus, als macht ihr solche Spendenaktionen nicht nur, weil ihr den Leuten helfen wollt. Ihr wollt denen auch das Böse implementieren (Islam)“, schreibt beispielsweise ein Marvin S.
„Wir grillen schön zu Ramadan. Jeden Tag. Natürlich nur die leckersten Sachen vom Schwein. Dazu trinken wir eiskaltes Bier. So ehren wir den Ramadan“, äußert sich ein Karl R. Und eine Andrea T. empört sich: „Wir Deutschen sind doch nicht das Sozialamt für die ganze Welt. Wer hilft unseren Armen?“ Diese und andere Stimmen werden nicht etwa anonym geäußert, sondern mit vollem Namen. „Die Leute haben keine Scheu mehr“, so Eshghparasts Eindruck. „Da schlägt einem ziemlich viel Islamhass entgegen.“
Den „Help-Dunya“-Aktivisten macht das nicht wütend, es stimmt ihn eher traurig. Der 43-Jährige würde sich wünschen, dass die Absender der Hass-Postings einfach mal in seinem Büro an der Utbremer Straße vorbeikämen, um mit ihm unvoreingenommen ein ganz normales Gespräch von Mensch zu Mensch zu führen. „Dann bliebe von der Verblendung bestimmt nicht viel übrig“, glaubt „Morti“ Eshghparast.
Richtig ist, dass „Help Dunya“ seine Hilfsaktivitäten bisher in islamisch geprägten Ländern konzentriert hat. Das mag an der Mitgliederstruktur des Vereins liegen oder auch ganz einfach an dem Umstand, dass in vielen ärmeren Ländern Afrikas und Asiens überwiegend Muslime leben. Allerdings handelt es sich bei „Help Dunya“ eben nicht um ein karitativ verbrämtes Missionswerk, sondern um eine Hilfsorganisation, die jeden Cent in ihre Aufbauprojekte steckt und dies auch lückenlos dokumentieren kann.
Den Erfolg nicht dem Zufall überlassen
Und von der Arbeit der Bremer Freiwilligen profitiert in den Zielländern nicht eine Ethnie exklusiv. Das zeigt sich beispielsweise bei den aktuellen Aktivitäten im westafrikanischen Ghana, wo unter anderem ein Waisenhaus aufgebaut und Brunnen angelegt werden. Im Dorf Akwadum, etwa zwei Autostunden von der Hauptstadt Accra entfernt, leben überwiegend Christen, Kirche und Moschee liegen nur wenige Meter auseinander. „Es gibt hier ein gutes Einvernehmen der Menschen ungeachtet ihrer Religion, so wie man sich das wünscht“, berichtet Morteza Eshghparast.
Das Spendenaufkommen, mit dem „Help Dunya“ arbeiten kann, ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen. 2018 waren es rund 330 000 Euro. „Unser Grundsatz ist: Wir schicken das Geld nicht einfach da runter und hoffen, dass was draus wird, sondern kümmern uns persönlich vor Ort um die Verwendung“, sagt Eshghparast, der inzwischen geschäftlich etwas kürzer tritt, um die Hilfseinsätze koordinieren zu können. „Wir überlassen den Erfolg nicht dem Zufall.“ Dabei scheuen der Vereinsvorsitzende und seine Mitstreiter auch keine persönliche Gefährdung in den Einsatzländern.
In Somalia beispielsweise, wo es seit vielen Jahren keine funktionierenden staatlichen Strukturen mehr gibt und sich viele internationale Hilfswerke angesichts fortdauernder Gewalt zurückgezogen haben, unternahmen Morteza Eshghparast und sein Mitstreiter Bünyamin Sereflioglu 2017 eine Fahrt ins Ungewisse. Unter dem Schutz von mehr oder minder legitimierten Gebietschefs der Hauptstadt Mogadischu verteilten sie in Zeltstädten Lebensmittelrationen, Getreidesäcke, Speiseöl und anderes, was dort dringend gebraucht wurde. In einem Krankenhaus finanzierten die beiden Bremer eine Augen-OP und einen Kaiserschnitt für eine Schwangere. Für ein Waisenhaus besorgten sie Matratzen und ein wenig Spielzeug. „Es ist kaum zu beschreiben, was für eine Freude wir damit ausgelöst haben“, erinnert sich Eshghparast.
Der bleibende Dank fremder Menschen für die praktische und zupackende Hilfe aus Deutschland ist für die Aktivisten um Morteza Eshghparast Belohnung und Antrieb zugleich. Für den politischen Kontext ihrer Arbeit interessieren sie sich nach eigenem Bekunden nicht. „Wir möchten möglichst nicht in Politik hineingezogen werden“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Wir versuchen vielmehr das zu machen, was die Politiker nicht geschafft haben.“