Wissenschaftlich ist zu dem Thema alles gesagt: Masken sind zwar keine Wunderwaffe im Kampf gegen Corona, aber sie hemmen die Ausbreitung virushaltiger Aerosole und können deshalb einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. So weit, so klar. Seit Monaten wird diese Botschaft in allen Medien verbreitet, sie kann niemandem entgangen sein.
Wenn trotzdem die Zahl derer zunimmt, die in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Geschäften ohne Mundschutz anzutreffen sind, kann das also nichts mit einem Informationsdefizit zu tun haben. Es geht eher um eine Mischung aus Verantwortungslosigkeit, Desinteresse und Renitenz, die sich ausbreitet und zu einer Bedrohung für die vernünftige Mehrheit wird. Verantwortungslos ist es zum Beispiel, in der aktuellen Ausnahmesituation die Maskenpflicht als Eingriff in persönliche Freiheiten zurückzuweisen.
In einer Pandemie hat die Handlung jedes Einzelnen unmittelbare Folgen für seine Mitmenschen. Wer sich also beispielsweise ohne Maske in eine Straßenbahn setzt und dort seine Umgebung vollschnieft, gefährdet die Gesundheit anderer und begünstigt die weitere Ausbreitung einer gefährlichen Krankheit. Eine Freiheit, dies zu tun, kann es nicht geben.
Appell an die Vernunft
Das alles ist so klar, dass man es unter rational denkenden und handelnden Menschen nicht diskutieren muss. Was aber macht man mit dem harten Kern derer, die sich weder für Wissenschaft noch Ethik interessieren oder grundsätzlich meinen, dass Regeln etwas für andere sind? Auf diese Frage gab der Senat eine unbefriedigende Antwort, als er Mitte April die Maskenpflicht in Geschäften, Bussen und Bahnen erließ. Eine Ahndung von Verstößen war nicht vorgesehen. Man setzte auf Freiwilligkeit, auf das gute Beispiel, auf den Appell an die Vernunft. Doch dafür sind nicht alle empfänglich. Leider. Es gilt: Wer Regeln aufstellt, darf die Einhaltung nicht nur empfehlen, er muss sie durchsetzen. Alles andere ist fahrlässig. Man riskiert nämlich, dass diejenigen, die sich an Normen halten, irgendwann frustriert sind und nicht mehr mitziehen.
Deshalb ist unverständlich, warum sich gerade die grüne Verkehrssenatorin Maike Schaefer bisher so zaghaft gezeigt hat. Schon bei der Maskenpflicht bremste sie, beim Bußgeld sieht sie jetzt weiteren Beratungsbedarf und bezeichnet den Vorschlag des SPD-geführten Innenressorts als „willkürlich“. Über eine solche Wortwahl werden sich manche in der Koalition wundern, vor allem aber zigtausend ÖPNV-Kunden. Ihr Interesse ist es, Bus und Straßenbahn sicher zu nutzen und möglichst ohne Corona-Infektion ans Ziel zu kommen. Eine strikte Befolgung der Maskenpflicht ist der Schlüssel dazu, Sanktionen sind unvermeidlich. Wenn die zuständige Senatorin eher als Bedenkenträgerin in Erscheinung tritt, zeugt das von wenig politischem Gespür.