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Auch Zuspruch für Bremens Bürgermeister Problem-Stadtteile: Beiräte reagieren auf Sielings Äußerung

Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) wird nach seiner umstrittenen Äußerung zu Problem-Stadtteilen scharf kritisiert. Aus den Beiräten kommt jedoch auch Zuspruch.
05.04.2019, 18:44 Uhr
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Von Lisa-Maria Röhling und Sebastian Krüger

Nach seiner Äußerung über Pro­blem-Stadtteile erhält Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) sowohl Kritik als auch Zuspruch aus den Beiräten. In einem Interview mit dem Regionalmagazin „Buten un binnen“ am Donnerstag hatte er auf die Frage, welche Stadtteile Bremens am schwierigsten seien, mit Schwachhausen und Oberneuland geantwortet. Seine Begründung: „Dort gibt es viele Menschen, die ganz, ganz viele Ressourcen haben und die ich bitte, mehr davon für das Gemeinwesen aufzuwenden.“ Prompt gingen Politiker von CDU und FDP auf die Barrikaden. Die Reaktionen aus den verschiedenen Stadtteilen fallen jedoch unterschiedlich aus.

Tamina Kreyenhop (CDU), Beiratssprecherin in Oberneuland, ist erbost: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen für Bremen unproblematischeren Stadtteil als Oberneuland gibt.“ Dabei werde ihr Stadtteil in vielen Belangen von der Regierung weitestgehend im Stich gelassen: Die Straßen würden nicht repariert, Anbindungen an den ÖPNV seien ungenügend, und mit einer Grundschule, einer Oberschule und einer Polizeidienststelle gebe es nur drei städtische Einrichtungen in Oberneuland. Die Liste an Problemen, erklärt Tamina Kreyenhop, sei lang, die meisten davon versuche man im Stadtteil allein zu lösen. „Wir haben uns daran gewöhnt, für uns selbst zu sorgen.“ Oberneuland trage durch Engagement, Arbeit in Fördervereinen und schlichtweg durch die gezahlten Steuern zum Wohlergehen aller Bremer bei. „Uns jetzt fehlende Ausnutzung unserer Ressourcen vorzuwerfen, ist geradezu Blasphemie.“

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Für Barbara Schneider (Grüne), Beiratssprecherin aus Schwachhausen, werden Sielings Aussagen den Bürgern in ihrem Stadtteil nicht gerecht: „Das war ein Schlag ins Gesicht der Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren“, sagt sie. Sie sei inzwischen schon mehrfach auf das Video angesprochen worden. „Das war ungerecht und wird den Leuten hier nicht gerecht.“ Im ganzen Stadtteil seien die Menschen aktiv, setzten sich beispielsweise in den Kirchen oder anderen Einrichtungen für Obdachlose oder für Geflüchtete ein. Dass Sieling mit seiner Aussage vermutlich nicht die typischen Problem-Stadtteile nennen wollte, ist für sie kein Trost: Schwachhausen und Oberneuland würden stets als reich und egoistisch hingestellt. „Da wird auch ein Vorurteil bedient“, sagt Schneider.

Anders sehen es die Beiratsmitglieder in den Stadtteilen, die üblicherweise als problematisch eingestuft werden. „Erst hatte ich befürchtet, dass Sieling mit Gröpelingen antwortet“, sagt die dortige Beiratssprecherin Barbara Wulff (SPD). Sie begrüße, dass zur Abwechslung auch mal andere Stadtteile genannt werden, wenn es um Probleme geht. Durch die Unterschiede in den Mietpreisen beispielsweise würden mehr Neubremer in Gröpelingen ankommen als in anderen Stadtteilen. Sieling wisse deshalb, welche Integrationsarbeit in Gröpelingen geleistet werde. „Die anderen können sich ja mal dran beteiligen“, fordert sie. Viele Bremer würden sich in Gröpelingen zudem kaum auskennen. „Die sehen nicht, dass es bei uns auch schöne Ecken gibt.“

Wolfgang Haase (SPD), Beiratssprecher für Bremen-Osterholz, versteht die Aufregung nicht. Hätte Sieling auf die Frage nach problematischen Stadtteilen die üblichen Verdächtigen genannt, wäre der Aufschrei ausgeblieben. „Es hätte kollektives Kopfnicken gegeben, und nach drei Sekunden wäre alles vergessen gewesen“, ist sich Haase sicher. Die negativen Reaktionen bezeichnet er als Wahlkampfgetöse. „Provokante Äußerungen erzeugen ein gewisses Rauschen“, fasst er zusammen. Er kenne seinen Stadtteil und wisse, warum Osterholz gern genannt wird, wenn es um Problem-Stadtteile geht. Auch er betont, dass Osterholz in Sachen Integration innerhalb der vergangenen Jahre viel geleistet habe. Das Verhältnis zum direkten Nachbarn Oberneuland sei jedoch gut. Manche Oberneulander hätten in Flüchtlingsunterkünften ­ausgeholfen.

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