Haushalte sind ohne Schulden aufzustellen: Das schreiben sowohl das Grundgesetz als auch die Bremer Landesverfassung für die Zeit ab 2020 vor. Die konkrete Ausgestaltung der Schuldenbremse steht für das kleinste Bundesland noch aus, doch jetzt gibt es dafür immerhin einen Gesetzentwurf, über den die Bürgerschaft in einer ihrer nächsten Sitzungen beraten wird. Der Senat hat ihn am Dienstag beschlossen.
Regelungsbedarf besteht unter anderem bei der Frage, wie konjunkturbedingte Schwankungen der Steuereinnahmen über einen bestimmten Zeitraum hinweg ausgeglichen werden können. Denn klar ist ja beispielsweise, dass kein Gemeinwesen in der Lage wäre, einen Absturz der Staatseinnahmen wie nach der Weltwirtschaftskrise 2008/9 einfach so wegzustecken. Um in einer solchen Situation die Schuldenbremse einzuhalten, wird es auch künftig erlaubt sein, Kredite aufzunehmen, die dann in Aufschwungzeiten zurückgezahlt werden.
Wie genau dieser Mechanismus aussieht, ist einer der Gegenstände des Gesetzentwurfs. Ein zusätzlicher finanzieller Puffer soll in Form einer sogenannten Stabilitätsrücklage entstehen. Dort werden staatliche Mehreinnahmen, die sich gegenüber der jährlichen Mai-Steuerschätzung ergeben, angesammelt, außerdem ein Teil der sogenannten Haushaltsreste der einzelnen Senatsressorts. Darunter versteht man Gelder, die zwar für bestimmte Zwecke eingeplant waren, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht ausgegeben wurden.
Strukturelles Defizit ist verboten
Verboten ist künftig ein sogenanntes strukturelles Defizit, also eine Verschuldung, die nichts mit konjunkturell bedingten Schwankungen der Staatseinnahmen zu tun hat. Daraus ergeben sich unmittelbare Folgen für die Ausgabenpolitik der öffentlichen Hand. Wurden größere Investitionen in die staatliche Infrastruktur bisher zumeist kreditfinanziert, so wird dies künftig nicht mehr möglich sein. Investive Ausgaben müssen – wenn sie nicht aus dem laufenden Haushalt bestritten werden können – über mehrere Jahre angespart werden. Bei einem Pressegespräch verteidigte Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) am Dienstag diesen finanzpolitischen Kulturwandel. „Was spricht denn dagegen, Projekte wie den Offshore-Terminal auf diese Weise zu realisieren?“, so Linnerts rhetorische Frage.
Verbaut ist dem Land auch der Umweg, Unternehmensbeteiligungen der öffentlichen Hand für schuldenfinanzierte Großprojekte einzuspannen. Gemeint sind privatwirtschaftliche Töchter wie die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Nur sehr wenige vom Land kontrollierte Firmen wie das Wohnungsunternehmen Gewoba oder die Bremer Straßenbahn AG werden nicht unter die Bestimmungen der Schuldenbremse fallen, weil sie ihre Einnahmen überwiegend durch Markttätigkeit erzielen und nicht durch Zuweisungen aus dem Landeshaushalt.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Björn Tschöpe hätte sich nach eigenem Bekunden durchaus Instrumente gewünscht, um auch in Zukunft wichtige staatliche Zukunftsinvestitionen kreditfinanzieren zu können. Er sieht die Gefahr, dass das Land und seine Kommunen künftig verstärkt in sogenannte öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) gedrängt werden, um überhaupt noch größere Bauvorhaben stemmen zu können. Gemeint sind Angebote finanzstarker Investoren nach dem Motto: Wir bauen für euch und ihr zahlt unseren Kapitaldienst über Mieten oder Pachten ab. „Einschließlich eines schönen Gewinns“, wie Tschöpe ergänzt. Er kenne wenige ÖPP-Modelle, die sich in der Vergangenheit für die staatlichen Auftraggeber gerechnet hätten. Meist seien die Projekte eher teurer geworden als bei einer Finanzierung durch Kredite, die staatliche Stellen relativ günstig am Kapitalmarkt aufnehmen können.