Werder Bremens dringender Wunsch ist es, in der Pauliner Marsch ein modernes Trainings- und Schulungszentrum für den Nachwuchs des Profifußballs zu errichten. Das ist allemal verständlich und dringend notwendig. Denn wer heute in der ersten Liga des Profifußballs bestehen will, braucht intensive Nachwuchsarbeit und erstklassige Ausbildungsbedingungen. So nachvollziehbar dieses Bestreben Werders auch ist, so groß sind auch die Schwierigkeiten, die Umsetzung dieses Zieles zu erreichen.
So muss Werder einerseits noch Widerstände der Anwohner in der Nachbarschaft am Osterdeich überwinden. Deren Zustimmung wird noch einiges an Überzeugungsarbeit und möglicherweise auch an Gegenleistungen erfordern. Andererseits erwartet der Verein auch eine finanzielle Unterstützung der Stadt für die neue Einrichtung. Auch dieser Wunsch ist nachvollziehbar, da ein erfolgreicher SV Werder Bremen nicht nur Steuergelder in die Staatskasse fließen lässt und einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt, sondern auch sehr erheblich zur Imageförderung der Stadt beiträgt.
Dennoch: Angesicht dessen, wie wenig öffentliche Mittel derzeit für den olympischen Sport zur Verfügung gestellt werden, wäre die gewünschte Finanzspritze für den Profifußball weder gerechtfertigt noch politisch vertretbar. Zurecht mahnen die Bremischen Sportverbände immer wieder mehr öffentliche Unterstützung an. Nicht nur das. Bremen engagiert sich bisher kaum für den Spitzensport, gleich welcher Disziplin. Lediglich für die Rhythmische Sportgymnastik existiert hier ein exzellentes Leistungszentrum.
Wer in anderen Sportarten in die nationale oder internationale Leistungsspitze vordringen will und den Ehrgeiz und das Talent dazu hat, muss Bremen verlassen. Wie zum Beispiel Florian Wellbrock, inzwischen einer der ganz Großen im internationalen Schwimmsport: Er kommt aus Bremen und startet seit einigen Jahren für Magdeburg. Dort hat er die Trainingsmöglichkeiten, die er braucht, um an die Weltspitze zu gelangen und dort zu bleiben. Wie gut er geworden ist, hat er gerade wieder unter Beweis gestellt. Bei den Weltmeisterschaften in diesem Jahr in Südkorea holte er zwei Mal die Goldmedaille und ist seitdem der erste Schwimmer der Gold im Freiwasser und im Becken geholt hat. Eine unglaubliche Leistung eines Bremer Jungen!
Bessere Bedingungen außerhalb von Bremen
Auch zuvor haben fast alle talentierten jungen Sportlerinnen und Sportler unsere Stadt verlassen, weil sie woanders bessere Bedingungen für ihren Sport und ihre persönliche Entwicklung geboten bekommen haben. Das ist leider ein Armutszeichen für unsere Sportpolitik und wird der sonstigen Sportbegeisterung dieser Stadt nicht gerecht. Um dieser Fehlentwicklung entgegenzutreten, ist ein ambitioniertes Projekt von der Sportstiftung Bremen angestoßen worden, wie kürzlich bekannt geworden ist.
Die beiden Spitzen der Bremer Sporthilfe, der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Peter Gagelmann und der ehemalige mehrfache Deutsche Meister über 400 Meter, Lars Figura, wollen in der Bürgermeister-Smidt-Straße ein Gebäude zu einem Haus der Athleten, einem Internat für Spitzensportler, umbauen. Eine sinnvolle und längst überfällige Initiative, die diese beiden ergriffen haben und die weitere, vor allem finanzielle, Unterstützung benötigt, um umgesetzt werden zu können.
Mein Vorschlag wäre jetzt, dass beide Projekte miteinander verbunden werden: dass also das von Werder geplante Leistungszentrum sich öffnet für Spitzensportler anderer Disziplinen und ihnen Aufenthalts- und Trainingsmöglichkeiten bietet, die es ihnen ermöglichen, in die nationale und internationale Leistungsspitze vorzudringen. Und ist es nicht auch ein schöner Gedanke, unsere Nachwuchsfußballer mit den künftigen Weltmeistern unter einem gemeinsamen Dach zu sehen?
Es wäre Aufgabe der Sportpolitik, diese Kooperation herzustellen und auch finanziell zu fördern, gern auch mit Unterstützung der Wirtschaft. Denn Spitzensport zu fördern heißt nicht nur, Ausnahmeathleten zu unterstützen, sondern ist zugleich auch Werbung für den Sport, für das aktive Sporttreiben. Spitzensportler dienen immer auch anderen junge Menschen als Vorbilder und ermuntern sie, durch ihre Leistungen, selbst mehr und intensiver Sport zu treiben.
Willi Lemke (72) schreibt jeden Sonnabend im WESER-KURIER über seine Heimatstadt und was ihn in dieser Woche in Bremen bewegt hat.