Fast wirkt es so, als würde sich das Drei-Meter-Haus wegducken, als verstecke es sich hinter seinem Nachbarn. Erst ziehen die großen Brüder an der Kreuzung Auf den Häfen/Gertrudenstraße die Blicke auf sich: das Einrichtungshaus Popo mit angeschlossenem Hay-Shop und der Bürokomplex „Casino Futur“. Dann taucht das schmale Gebäude auf.
Ganz in Schwarz steht es da. Der dunkle Anstrich lässt die drei Meter noch kleiner erscheinen. Da hilft auch die stattliche Höhe von 13 Metern nicht mehr. Gleich kommt Betrachtern der Gedanke: Ziemlich schmal – kann man darin wirklich wohnen?

Die bodentiefen Fenster sorgen für Helligkeit.
Kann man. Nach dem Betreten das Staunen. Gar nicht so beengt und wirklich nicht gequetscht hier. Auf zwei Metern vierzig in der Breite, abzüglich der Außenwände, soll man hier stehen? Das Innere wirkt luftig und offen. Das ist fast schon schwer zu glauben. Die Zimmer sind durch die bodentiefen Fenster lichtdurchflutet. Naturholzfarbene Fenster, weiße Wände – sie verleihen Weitläufigkeit. In Zukunft kommt ein Ahornparkett hinein.

Noch im Rohbau, doch in zwei Wochen wollen sie fertig werden, sagt der Architekt Philipp Romeiser. Die Treppe wird hellgrau, das verglaste Geländer mit filigranem Stahlrahmen werden sie auch noch anbringen.
Schwarze Fassade, helle Inneneinrichtung. Dieser Bruch, das Besondere, ist bewusst gewählt. Ein einzigartiges Haus sollte auch durch den dunklen Anstrich auffallen. „Ist schließlich etwas Besonderes hier“, sagt der Architekt Philipp Romeiser. Dass sich die Farbe im Bürokomplex gegenüber wiederfindet, war ein glücklicher Zufall, erzählt er.
Bestaunen können Interessierte das Ganze am Sonntag, 29. Juni, beim Tag der Architektur. Da führt der Bauleiter durch das Gebäude.
Ein ganzes Stück Arbeit liegt hinter dem Architekten vom Büro „Romeiserplus Architekten“. Schon 2017 stellte der 54-Jährige die Bauvoranfrage. Das schmale Grundstück, tatsächlich nur drei Meter breit, war im Bebauungsplan als Stellplatzfläche ausgewiesen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Die Stadt lehnte die Pläne ab. Erst durch Beharrlichkeit des Grundstückseigentümers – und einer Klage – bekam er recht.
2021 dann endlich die Baugenehmigung. Beginnen konnten sie erst drei Jahre später. Inzwischen wurde drumherum gebaut. Die Zufahrt war blockiert. Zuletzt warteten sie auf die Hausanschlüsse. Mitte Juli soll das Haus endlich fertiggestellt sein.
„So etwas hier, in der Kleinheit, das macht der Bauherr nicht, um Geld zu verdienen“, sagt Romeiser. Der Bauherr wollte den Standort aufwerten, etwas Schönes schaffen. Dahinter steckt auch eine städtebauliche Perspektive. Auch die kleinsten Flächen sollten für Wohnraum in der Innenstadt genutzt werden, sagt Romeiser.
Vier Etagen, zwei Balkone
So habe der Architekt den Wohnraum auf vier Etagen geplant. Das Erdgeschoss könne als Arbeitszimmer dienen, die Terrasse nach hinten verlängere den Raum zusätzlich. In der ersten Etage befindet sich die Küche zur Straße hin; nach hinten könne sich Romeiser das Esszimmer vorstellen – der Balkon bietet zusätzlichen Platz. In der zweiten Etage wäre Platz für einen Wohnbereich, im obersten Geschoss der Schlafbereich mit zusätzlichem Balkon.
Wie richtet man ein Drei-Meter-Haus ein? Romeiser hat schon konkrete Vorstellungen: Er würde mit schlichten, modernen Möbeln arbeiten. Kein großes Ecksofa, lieber zwei Sessel hinstellen. Farben würde er nur reduziert einsetzen, dafür klassische Akzente setzen. „Nichts mit Schnörkeln“, sagt er.
Wer in das Gebäude einzieht und wie sich die Person einrichtet, steht aber noch nicht fest. Der Eigentümer habe sich noch nicht entschieden, ob er das Drei-Meter-Haus vermieten oder verkaufen will. Viele Personen fallen jedoch aus praktischen Erwägungen weg. Familien? Eher ungeeignet. Barrierefreiheit? „Ist nicht gewährleistet, auf so kleiner Fläche lebt man auf der Treppe“, sagt Romeiser. Stellplätze? Gibt es keine.

Auf kleinster Fläche sollte Wohnraum geschaffen werden.
Ob das Haus als Zukunftsprojekt dient? „Zumindest würde ich mir wünschen, dass es mehr Grundstückseigentümer motiviert, Lücken zu schließen und darauf Wohnfläche zu machen“, sagt Romeiser.