Das Wintersemester hat begonnen, Anfang November starten auch die Vorlesungen an der Bremer Uni und an der Hochschule. Und schon vor dem Semesterstart zeigen sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie bei denjenigen, die ihre Arbeit ganz auf Studierende ausgerichtet haben: Das Studierendenwerk Bremen rechnet nach eigenen Angaben in diesem Jahr mit Einnahmeausfällen von etwa vier Millionen Euro. Das Studierendenwerk betreibt unter anderem Wohnheime und Mensen und bietet Sozialberatung an. 2019 erwirtschaftete das Werk mit seinen über 300 Beschäftigten Umsatzerlöse von 7,6 Millionen Euro und 6,4 Millionen Euro aus der Vermietung von Wohnplätzen.
Grund für die geringeren Einnahmen ist die Schließung der Mensen, aber auch eine geringere Nachfrage nach Wohnheimplätzen. Zuletzt berichtete der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde, im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ davon, dass etwa zehn Prozent der Studierenden wieder bei ihren Eltern eingezogen seien, weil ihre Vorlesungen digital angeboten wurden. In vielen Städten blieben Wohnheim-Unterkünfte leer. Auch in Bremen gab es im Juli 55 freie Plätze in Wohnanlagen des Studierendenwerks – ein ungewöhnlicher Zustand. Normalerweise sind die Wohnheime, in denen man eine Unterkunft für 200 bis 300 Euro im Monat bekommt, voll ausgebucht, und es gibt Wartelisten.
„Wir haben weiterhin freie Plätze“, sagt Maurice Mäschig, Sprecher des Studierendenwerks. „Wir haben Bewohner, die ausziehen, aber oft niemanden, der wieder einzieht.“ Allerdings sei nun zum Semesterbeginn eine steigende Nachfrage zu spüren.
Vor allem die Städte, die bei ausländischen Studierenden beliebt seien, würden die Auswirkungen von Corona spüren, sagt Generalsekretär Meyer auf der Heyde. Dazu dürfte auch Bremen gehören – jedenfalls ist in den Wohnheimen des Studierendenwerks jeder zweite der über 1900 Plätze an ausländische Studierende vermietet, sagt Mäschig: „Viele ausländische Studierende konnten aufgrund der Corona-Bestimmungen gar nicht erst einreisen, andere haben ihr Auslandssemester verschoben.“ Und für deutsche Studierende könne finanzielle Unsicherheit ein Grund sein, lieber die Miete für eine eigene Wohnung zu sparen: „Da bleibt mancher vielleicht lieber bei seinen Eltern in Delmenhorst wohnen statt nach Bremen zu ziehen.“
Weniger Sitzplätze in der Mensa
Wo Zimmer frei bleiben, fehlen dem Studierendenwerk die Mieteinnahmen. Doch noch größere Löcher in die Kasse reißt die lange Schließzeit der Mensen. Zuletzt öffnete die Uni-Mensa am 14. September wieder, aber mit Einschränkungen: Nur 250 Sitzplätze sind nutzbar. „Wo sonst an einem Tag 6000 Essen ausgegeben werden, sind es jetzt vielleicht 500 pro Tag“, sagt Mäschig. „Das ist eine ganz andere Dimension.“
Selbst kompensieren könne das Studierendenwerk diese Ausfälle kaum: „Wir haben sehr geringe Rücklagen“. Normalerweise investiere man als Anstalt öffentlichen Rechts mögliche Überschüsse wieder in die eigenen Gebäude und Betriebe. Das Studierendenwerk könne aber auf Mittel aus dem Bremen-Fonds hoffen.
Private Wohnheime in Bremen haben offenbar weniger Probleme mit sinkender Nachfrage: Die über 300 Apartments von Campus Viva direkt an der Uni sind nach Angabe der Anlagen-Betreiber alle belegt. Allerdings vermiete man nicht nur an Studierende, sondern auch an Geschäftsleute. Das günstigste Apartment bei Campus Viva kostet 491 Euro.
Beim Wohnheim „The Fizz“, wo man ein Apartment für 515 Euro im Monat mieten kann, erwartet man laut Bettina Schary von „International Campus“ eine ähnliche Nachfrage wie im Vorjahr. Allerdings komme die Nachfrage von Studierenden in diesem Jahr verzögert, da viele ihre Zulassung von der Uni erst später bekommen hätten.
Zimmer an die Jacobs University vermietet
Auch die Anlage „Galileo Residenz“ gibt an, alle 244 Unterkünfte seien vermietet. Man habe aber auch 40 bis 50 Zimmer an die Jacobs University vermietet. Diese habe ihren Studierenden auf dem Campus nicht genügend Unterkünfte bieten können, sagt Christina Heinevetter von der „Galileo Residenz“.
Mit externen Mietern will man sich auch beim privaten Wohnheim „Mary 4“ in Horn behelfen: Dort sind laut Objektbetreuerin Weisa Schahab derzeit nur 15 von 119 Apartments belegt. Jetzt sei man in Gesprächen mit einem internationalen Internat in Bremen, das vermutlich ein bis zwei Etagen des Wohnheims für seine Schüler anmieten wolle. Das günstigste Apartment mit 20 Quadratmetern kostet im „Mary 4“ 590 Euro.
Neue Wohnheime entstehen in der Stadt
Derzeit wächst beim Uni-Campus ein großes neues Wohnheim, das vom Studierendenwerk betrieben wird: In der Wohnanlage Emmy an der Max-von-Laue-Straße entstehen 380 Unterkünfte für Studierende. Ein weiteres neues Wohnheim für das Studierendenwerk wird in Huckelriede am Niedersachsendamm unter der Regie der Wissenschaftsbehörde gebaut. Dort soll es 196 Apartments geben. Wenn diese beiden Gebäude fertig sind, sei Bremen mit Wohnheimen „top ausgestattet“, urteilt der Sprecher des Studierendenwerks.
Das war mal ganz anders: 2014 waren die Chancen, einen Platz in einem günstigen Wohnheim zu bekommen, fast nirgends so schlecht wie in Bremen. Nur in Berlin waren Wohnheimplätze damals noch knapper als in Bremen. Später entstanden neue Heime, darunter auch mehrere private Anlagen mit deutlich höheren Mieten. Das Studierendenwerk stockte seinen Bestand ebenfalls auf. Das Heim Emmy ist die erste neue Wohnanlage, die das Studierendenwerk seit 2012 baut.