Wo sind sie denn, die berühmten Bremer Stadtmusikanten? Da, wo die meisten Leute stehen. Also doch gar nicht so schwierig zu finden, aber etwas größer waren sie in der Vorstellung schon. So berichten es nicht nur Peter und Barbara Hanke aus dem Münsterland, sondern viele Touristen, die man an diesem Sonnabendvormittag vor dem wohl bekanntesten Wahrzeichen Bremens anspricht. Wie sehen diejenigen die Stadt, die zum ersten Mal oder nach langer Zeit wieder hier sind? Was überrascht sie, positiv und negativ? Das will der WESER-KURIER wissen. Die Erkenntnisse sind interessant – und dabei geht es gar nicht mal so sehr um die Frage, welche Bremer Sehenswürdigkeiten bei den Touristen am besten ankommen.
Oft ist es auch der frische und überraschende Blick auf Dinge, die Bremer und Bremerinnen ganz anders diskutieren und wahrnehmen. Ein Beispiel? „Mir ist aufgefallen, wie sauber es hier ist“, sagt Sabine Zimmermann, die mit Freundinnen aus Lüneburg für einen Tagesausflug nach Bremen gekommen ist. Gerade stehen sie vor dem Roland, etwas abseits zweier großer Gruppen, die von ihren Stadtführern die Geschichte der mehr als 600 Jahre alten Statue erklärt bekommen. Die Gruppe Zimmermann kann sich ein erstes Urteil über die Sauberkeit erlauben – immerhin sind sie zu Fuß vom Hauptbahnhof gekommen, haben also durchaus Ecken von Bremen gesehen, die als wenig vorzeigbar gelten.
Die Baustellen sind nicht zu übersehen
Wer denkt, dass es sich um eine Einzelmeinung handelt, liegt falsch. In der Böttcherstraße sind drei alte Studienfreunde unterwegs. Nach mehr als drei Jahrzehnten sind sie mal wieder in Bremen zusammengekommen – Besuch in der Hochschule, Stadtrundgang, später ein paar Erfrischungen genießen. „Die Sauberkeit“, antwortet Wolfgang Wycisk auf die Frage, was ihm bei seiner Rückkehr positiv aufgefallen ist. Wycisk wohnt in Düsseldorf. Weniger positiv kommen bei Wycisk, Bernd Lischewski und Jürgen Kratschmer die vielen Baustellen an, die das Stadtbild derzeit prägen. Auch andere Touristen sprechen dieses Thema an, berichten aber aus ihren Heimatstädten ähnliche Zustände in den Sommermonaten.
Als Wycisk hört, dass die Großbaustelle am Herdentor/Schüsselkorb bereits in einer Woche verschwunden sein soll, meldet er Zweifel an. „Wenn das in einer Woche wirklich wieder alles weg ist, müssen wir die Leute dringend nach Düsseldorf holen“, sagt er. Ein Problem haben die drei Männer noch: Wo sie am Abend das Deutschland-Spiel gucken, wissen sie nicht. Eine richtige EM-Stimmung fehlt ihnen in Bremen und dass es kein größeres Public Viewing gibt, finden sie schade.

Alte Studienfreunde zu Besuch in Bremen: Jürgen Kratschmer, Wolfgang Wycisk und Bernd Lischewski (von links).
Vielleicht liegt es am guten Wetter, vielleicht an der guten Laune im Urlaub, aber so richtig zu meckern hat an diesem Tag eigentlich keiner der Touristen etwas. Der Wallgraben sieht nicht gut aus und riecht unangenehm, ist Sabine Zimmermann aufgefallen. Das war’s dann aber auch mit der Kritik. Ohne sich darüber bewusst zu sein, bezieht sie schließlich auch noch Position in einem jahrelangen Bremer Streit: Die Straßenbahnen, die in dichter Abfolge am Roland und den Touristengruppen vorbeifahren, stören sie nicht. Zimmermann findet es gut, dass man so nah ins Zentrum kommt und die Sehenswürdigkeiten links und rechts im Blick hat.
Viele Gedanken machen sich die meisten Touristen über die Bremer Verkehrsinfrastruktur aber nicht. Ihnen geht es vornehmlich um die Sehenswürdigkeiten, gutes Essen, eine entspannte Atmosphäre und gerne auch den Blick auf das Wasser. Manche, wie Peter und Barbara Hanke, haben ein bestimmtes Reiseziel. Für die Münsterländer geht es Montag auf die Bürgerweide, wo Peter Maffay ein großes Open-Air-Konzert gibt. Die Hankes haben ein paar Übernachtungen drumherum gebucht, nehmen das Touristenprogramm mit. Am Dienstag geht es für sie zurück in die Heimat.
Ein klassisches Programm ist auch bei Theresa Eggers und Chantal Uphoff geplant. Sie kommen ebenfalls aus der Nähe von Münster, bereisen Bremen auf einem Kurztrip mit Übernachtung zum ersten Mal beziehungsweise nach vielen Jahren wieder. Bei den Stadtmusikanten geht es los, danach sollen ein paar weitere Sehenswürdigkeiten folgen. Anschließend Mittagessen, vielleicht an der Schlachte. Dann: mal gucken. Auf jeden Fall entspannen und genießen, das Glück des Esels, der etwas kleiner als in der Vorstellung ist, im Gepäck.