Im Wagen sieht es aus wie in einer Zahnarztpraxis. Der Patientenstuhl, die Geräte. Zahnarzt Bajramali Kasami öffnet die Wagentür. An diesem Tag kümmert er sich im Zahnmobil der Caritas um Obdachlose und Bedürftige. Sein Gratis-Angebot ist eines von vielen am „Wohlfühlmorgen“ für Menschen, denen sonst eher wenig Beachtung und Respekt zukommen. An der St.-Johannis-Schule im Schnoor lassen sie sich am Sonnabend kostenlos frisieren, massieren und von Ärzten untersuchen. Ein Aktionsbündnis hat sie eingeladen, auch Frühstück und Mittagessen organisiert. Es soll ein Kurzurlaub von der Straße sein, sagen die Veranstalter.
Zahnarzt Kasami hat eine Praxis in Hamburg, in der mobilen Ambulanz, die vor der Bremer Schule parkt, arbeite er ehrenamtlich und sehr gerne, erzählt er. Ein Patient fordert jetzt seine volle Aufmerksamkeit. „Ich mache meist Füllungen und ziehe hier auch Zähne, sagt Kasami. Im Schulgebäude genießen die Menschen noch ihr Frühstück an hübsch eingedeckten Tischen – bedient von jungen Leuten, die freundlich nachfragen, ob noch Brötchen oder Kaffee gewünscht werden.
Andreas Schack vom Malteser Hilfsdienst hat alles im Blick. Rund 50 junge Menschen arbeiten an diesem Morgen ehrenamtlich im Service. Die meisten kämen von der St.-Johannis-Schule, sagt er, einige vom Atlantic Grand Hotel, das wie in den Vorjahren Geschirr und Frühstück stelle. Neben Maltesern, Caritas und Hotel gehört die Schule zum Aktionsbündnis. Schüler Thorben Schrijver hat schon öfter mitgeholfen. „Die Menschen schätzen das Angebot, es ist etwas Besonderes für sie“, sagt er. „Das sieht man an den Gesichtern.“
Sponsoren stemmen die Kosten
Schack geht von gut 200 Gästen in den vier Stunden aus. „Wenn wir vom Bündnis einladen, dann verbreitet sich das ganz schnell in den Einrichtungen der Obdachlosenhilfe.“ Insgesamt koste ein solcher Wohlfühlmorgen etwa 10 000 Euro. Dank vieler Sponsoren sei das zu stemmen; bei zusätzlichen Kosten etwa für Verbandsmaterial, Fahrten oder Müllentsorgung bitte man auch online um Spenden.
Im Klassenzimmer der 7f fallen Haare. Die Mitarbeiter zwei Bremer Friseursalons beraten, waschen, schneiden routiniert. Es ist so viel los, dass die Wartenden Nummern bekommen. Die Stimmung bleibt dennoch gelöst. Markus (47) erzählt grinsend, wie er die Haare haben will: „Ein bisschen kürzen und in der Mitte am besten etwas draufsetzen.“ Nach dem Friseur steht Massage auf seinem Programm und „dann vielleicht noch ein zweites Frühstück“. Mittags gibt es Grünkohl.
„Nehmen Sie sich doch etwas zu lesen mit“ – ein Zettel in der Bücherecke lädt zur Lektüre ein, daneben behandelt eine Ärztin ehrenamtlich Patienten im Klassenraum. Zwei Zimmer weiter haben die Masseurinnen gut zu tun. Wenn ein Gast duschen will oder seine Wäsche waschen, nimmt er den kurzen Weg zur „Johannis-Oase“ in der Kirche. Früher war auch ein Tierarzt vor Ort. Doch dann habe sich gezeigt, dass es dafür kaum Bedarf gebe, sagt Schack. Die untersuchten Hunde seien alle gesund und gut ernährt gewesen. Besucher dürften ihre Tiere auch nicht mitbringen – ein Verbot der Schule.
„Wo ist denn hier die Fußpflege?“ Viele Besucher sind enttäuscht, als sie erfahren, dass die Fachfrau kurzfristig ausgefallen ist und so schnell kein Ersatz gefunden werden konnte. „Schade“, sagt eine Frau, die ihr Alter (81), aber keinen Namen nennen will. Sie könne sich eine professionelle Fußpflege nicht leisten. Wegen der großen Nachfrage soll die Gratis-Pflege nachträglich in der „Johannis-Oase“ angeboten werden.