- Was ist das für ein Wettbewerb?
- Was bereitet den Studierenden Sorgen?
- Was hat die Brauerei Beck’s mit dem ersten Preis zu tun?
- Was genau steckt hinter der Vision der Sieger?
- Für welche Ideen gab es weitere Preise?
Vier Monate lang haben sich gut 50 Studierende aus Bremen, Hannover und Oldenburg für einen Wettbewerb Gedanken über die Zukunft der Alten Neustadt gemacht. Die Ergebnisse sind zum Teil erstaunlich. Warum die Sieger mit ihrer Vision für den Ortsteil der Jury und speziell den Bremer Lehrkräften Bauchschmerzen bereiten.
Was ist das für ein Wettbewerb?
Insgesamt 3000 Euro Preisgeld war von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) ausgelobt für die fünf überzeugendsten Visionen für den Ortsteil Alte Neustadt im Jahr 2040. Eingebettet ist der Wettbewerb in das interdisziplinäre Lehr- und Transferprojekt Interspace. Am Wettbewerb beteiligt war die School of Architecture der Hochschule Bremen (HSB), der Studiengang Integriertes Design der Hochschule für Künste Bremen, die Fachrichtung Landschaftsarchitektur an der Leibniz Universität Hannover und der Studiengang Urbanes Design an der Jade Hochschule Oldenburg.
Was bereitet den Studierenden Sorgen?
Die Studierenden entwickelten in allen Gruppen-Projekten Visionen und Interventionen für die Verkehrswende, die Klimaanpassung sowie für die Verbesserung von Lebensqualität und Zusammenleben im Quartier Alte Neustadt im Jahr 2040. Vorgegeben waren diese Oberthemen nicht.
Aus Sicht von Ulrike Mansfeld, Dekanin an der HSB für die Fakultät Architektur, Bau und Umwelt, zeigen die insgesamt 14 eingereichten Wettbewerbsbeiträge ganz klar: "Die Nachwuchskräfte der beteiligten Fachrichtungen machen sich ernsthaft Sorgen darüber, wie wir angesichts des Klimawandels überhaupt noch in den Städten überleben können. Und das, während meine Generation das Hauptproblem der Städte häufig noch im Wohnungsmangel sieht."
Was hat die Brauerei Beck’s mit dem ersten Preis zu tun?
Es ist eine radikal erscheinende Idee von zwei Studenten aus Hannover, die das Rennen gemacht hat. Denn ihre Grundannahme ist etwas, das für den Wirtschaftsstandort Bremen völlig unerwünscht wäre: Was wäre eigentlich, wenn die Brauerei Beck’s die Produktion am Standort Bremen-Neustadt deutlich drosseln oder sogar ganz einstellen müsste?
"Wir sind froh um jeden Arbeitsplatz bei Beck’s und wünschen uns, dass das auch so bleibt", stellte Axel König aus der Bremer Baubehörde während der Preisverleihung klar. Er war sich aber mit den weiteren Jurymitgliedern einig, dass die Vision für das weitläufige Industriegelände an der Weser die überzeugendste Arbeit des Wettbewerbs ist.
Die angehenden Landschaftsarchitekten Hasan Mert Akdeniz und Arne Wolfgang Dierend von der Leibniz-Universität Hannover begreifen den in Bremen erwarteten Schock als Chance, "das bisher isolierte Fabrikgelände durch Neubau, Umbau und Umnutzung in ein kreatives und lebendiges Stadtquartier zu verwandeln", sagt Dierend.
Was genau steckt hinter der Vision der Sieger?
Ein neues Studierendenwohnheim und Eigentumswohnungen, ein Kulturzentrum für die Bürger in den ehemaligen Brauereihallen und ein Flusswärmekraftwerk schwebt den beiden unter anderem vor, das Wärme aus Weserwasser für die Nachbarschaft aufbereitet. Das Gelände wird auf ihren Plänen mit der Umgebung vernetzt und durch viel neues Grün ergänzt.
"Um den historischen Charakter der Beck’s Brauerei zu erhalten, wird die Brautradition in kleinem Maßstab fortgeführt und durch ein Museum und einen Brauerei-Biergarten ergänzt", schildert Akdeniz die Idee. Das Gelände solle ein Hub für verschiedene Interessen sein mit einem Mix aus altindustriellem Charme und modernen Einflüssen.
Ulrike Mansfeld gibt zu, "dass auch ich Bauchschmerzen bei dem Gedanken habe, die Inhaber von Beck’s könnten die Vision der Preisträger als falsches Signal verstehen." Daher sei ihr wichtig, nochmals zu betonen: "Das ist ein rein fiktiver Entwurf. Auch wir wollen, dass der Produktionsstandort Neustadt bleibt."
Für welche Ideen gab es weitere Preise?
Den zweiten Preis haben vier Studentinnen der Fachrichtungen Architektur und Urban Design aus Bremen und Oldenburg gewonnen. Ihre Idee: Sie wollen grüne Oasen als Treffpunkte zum Entspannen über den gesamten Ortsteil Alte Neustadt einrichten, um soziale Netzwerke zu stärken und gleichzeitig etwas fürs Stadtklima zu tun.

Bente Michaelsen, Tomke Hadeler, Eva Lukassen und Anna Meyer
(v.l.) wollen mehr Grün in die Alte Neustadt bringen.
Außerdem verteilte die Jury an drei Arbeiten sogenannte Anerkennungen für weitere pfiffige Ideen. Darunter ist eine gemeinsam mit der Nachbarschaft betriebene Baumschule mitten im Ortsteil für die Nachzucht klimaangepasster Stadtbäume. Überzeugt hat auch eine App, über die Räume für Bewegung, Lernen, Treffen mit Nachbarn und Umwelt-Aktivitäten leichter auffindbar sind. Als besonders kreativ lobte die Jury auch eine Gruppe, die auf Basis von Umfragen und Interviews Fragen entwickelt haben, die Bürgerinnen und Bürger dazu ermächtigen sollen, mehr Einfluss auf die Gestaltung öffentlicher Plätze zu nehmen.