Huch, das sieht aber doch ganz schön wackelig aus. Es sieht nicht nur so aus, ist es auch und das ist auch so gewollt. Bei einem Stand-up-Paddling-Törn wird schließlich die Tiefenmuskulatur des ganzen Körpers trainiert. Denn die Balance muss gehalten werden. So erklärt es Christoph Meinecke, Stationsleiter der SUP-Scheune am Werdersee, ein Ableger der Kanu-Scheune Lilienthal mit Sitz in Borgfeld. Wenn man allerdings erst einmal den Bogen raus hat, dann sieht es ganz danach aus, als hätte Meineckes Lieblingssportart das Zeug, zu einem Hobby mit Suchtpotenzial zu werden. Meinecke macht vor, wie's geht: Am Bootsanleger-Steg geht der 61-Jährige auf seinem SUP-Board auf die Knie. Das quer gelegte Paddel dient als Stabilisator. Dann gehts mit ein paar kräftigen Paddelschwüngen raus auf den See.
Ganzkörper-Training
Die Sonne strahlt an diesem Freitagnachmittag. Dementsprechend rege ist der Betrieb an der SUP-Scheune. Viele wollen sich ein Board ausleihen. Wie Henrik Asmuth und Myriam Macé. Gerade kommen sie zurück vom Werdersee. Für die beiden Neustädter war es eine gelungene Premiere. "Sonst sind wir leidenschaftliche Kanuten, aber diese Sportart gefällt uns auch sehr. Wir haben das Gefühl, dass der ganze Körper trainiert wird", unterstreichen sie. In einem von zwei blauen Containern, in denen die Boards gelagert werden, befinden sich Spinde und Umkleiden. Außerdem gibt es dort Getränke und Eis zu kaufen.
Doch zurück zu Meinecke: Sobald er draußen auf dem See ist, winkelt er das rechte Knie an, richtet sich auf und schon steht er sicher auf dem Brett, das für ihn die Welt bedeutet. Zügig paddelt er weiter in Richtung Horizont. Besonders bei Sonnenuntergang stellt sich dabei am Werdersee Hawaii-Gefühl ein. Und das wissen eingeschworene Stand-up-Paddler sehr zu schätzen. Die SUP-Scheune hat in der Saison von Mai bis September offiziell von Freitag bis Sonntag geöffnet. Der Stationsleiter gibt aber auch Privatkurse. So war er jüngst mit einer Gruppe von 17 Leuten in der blauen Stunde unterwegs. Gepaddelt wurde in eineinviertel Stunden bis kurz vor den Teerhof. "Die Strömung hat uns dann in 45 Minuten wieder zurück zum Werdersee getrieben", erzählt er. Die Gruppe sei hochbeglückt von diesem Gemeinschaftserlebnis gewesen, zumal abschließend noch Stockbrot gegrillt wurde.
SUP-Erfinder Robby Naish
Das Hawaii-Feeling kommt nicht von ungefähr, schließlich gilt Surfikone Robby Naish als Erfinder des neuzeitlichen SUP. Auf einem Board aufrecht zu paddeln, hat eine lange Tradition, früher hätten sich Fischer so übers Meer bewegt, um ihre Netze auszuwerfen, wie Meinecke erläutert. Im halbstündigen Theorieteil seiner Kurse gibt er auch Einblick in die Geschichte des Stand-up-Paddling. Der Stationsleiter hat inzwischen eine umfassende Paddle-Expertise, auch auf der Binnenalster ist er schon unterwegs gewesen.
In diesem wechselhaften Sommer muss er aber immer wieder auch Wetter-Warnungen aussprechen, besonders, wenn Gewitter aufziehen. Und noch einmal gibt es Anschauungsunterricht. Flugs wird das Paddel per Knopfdruck verlängert. "Schauen Sie, so gewinnt man an Geschwindigkeit. Immer schön die Bauchmuskeln anspannen, sich nach vorne beugen und dabei mit geraden Armen und dem verlängerten Paddel tief ins Wasser eintauchen." Meinecke spricht's und ist bereits wieder auf dem Werdersee unterwegs.
Wer ihn so erlebt, der könnte den Eindruck gewinnen, dass er mit seinem SUP-Board aufgewachsen ist. Von wegen, der 61-Jährige entdeckte erst vor sechs Jahren bei einer Fahrradtour rund um den Werdersee die Welt des Stand-up-Paddling für sich. "Ich habe bei Tessa Heyde von 'Ins Blaue' einen Kursus belegt und mich anschließend in Oldenburg zum zertifizierten SUP-Instructor inklusive Rettungsschwimmer-Abzeichen in Bronze und Erste-Hilfe-Kursus ausbilden lassen", erzählt Meinecke. Zuvor war er lange Jahre als Maschinenbauingenieur bei Mercedes tätig.
Kurse und Videoseminare

Perfekt ausbalanciert: Christoph Meinecke kniet auf seinem Board.
Ein SUP-Board sei relativ pflegeleicht zu handeln, erzählt Meinecke. Paddler können per Ventil die Luft rauslassen, es zusammenrollen und es überall hin mitnehmen. An Ort und Stelle kann es dann, ähnlich wie eine Luftmatratze, wieder aufgepumpt werden. Die SUP-Scheune hat sogar zwei Teamboards für je acht Paddler im Programm, dazu vier Kinderboards und 19 für Erwachsene.
Der Name ist relativ neu, früher hieß der SUP-Verleih "Ins Blaue". Inzwischen hat es die beiden Gründer zurück nach Sylt gezogen, in diesem Jahr hat die Kanu-Scheune den Betrieb übernommen, der nun SUP-Scheune heißt. Jede und jeder, "die ein Board leihen, müssen vorher unterschreiben, dass sie in der Lage sind, 20 Minuten am Stück zu schwimmen und dass sie das Brett im ordnungsgemäßen Zustand zurückbringen. Außerdem gilt für den SUP-Board-Nutzer ein striktes Alkohol-Verbot", erzählt Meinecke.

Christoph Meinecke in Aktion auf dem Werdersee.
Die zweistündige Miete für ein SUP-Board beträgt 25 Euro, jede weitere Stunde schlägt mit zehn Euro zu Buche. Ein zweistündiger SUP-Kursus kostet 45 Euro, eine halbe Stunde davon ist Theorie, eineinhalb Stunden geht es raus aufs Wasser. Bei der SUP-Scheune haben auch schon echte Cracks wie SUP-Profi Tanja Ecker Videoseminare gegeben. Sie zeigen die Paddlerin mit ihrem Board auf der Ostsee, wie sie neben einer steilen Wellenwand unterwegs ist. Das war Christoph Meinecke dann doch zu viel, er bevorzugt die ruhigen Gefilde des Werdersees.