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Drogenhilfe in Bremen Neustadt: Unterstand für Szenetreff am Hohentorspark aufgestellt

Es ist ein Versuch, um die ständigen Probleme zwischen Anwohnern und der Drogenszene auf dem Lucie-Flechtmann-Platz in den Griff zu bekommen: Seit Montag steht ein neuer Unterstand neben dem Hohentorspark.
18.03.2024, 14:29 Uhr
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Neustadt: Unterstand für Szenetreff am Hohentorspark aufgestellt
Von Karin Mörtel
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Kaffee und Kuchen gibt es von den Streetworkern der Inneren Mission für jeden Neuankömmling, der den grünen Container am Hohentorspark an diesem Montagvormittag ansteuert. Erst wenige Stunden zuvor ist der neue Unterstand für den Szenetreff aufgestellt worden, um den Lucie-Flechtmann-Platz zu befrieden. Was sich die Stadtteilpolitik von dem Umzug der Anlaufstelle erhofft.

Wie ist die aktuelle Lage?

Die Menschen, die den Szenetreff ansteuern, haben zum großen Teil mit Drogen- und Alkoholmissbrauch sowie Wohnungslosigkeit zu kämpfen. In den vergangenen Tagen waren laut Schätzung der Streetworker vom Verein für Innere Mission etwa 80 bis 100 Personen im Laufe eines Tages auf dem Lucie-Flechtmann-Platz anzutreffen.

Am Montagvormittag sind es schon etwa 20 Menschen gewesen, die sich zum neuen Unterstand umorientiert haben. Viele von ihnen zählen zur Drogenszene, die vor etwa einem Jahr auf dem Lucie-Flechtmann-Platz immer größere Ausmaße angenommen hat. Die Proteste gegen die Begleiterscheinungen wie Müll, offenes Konsumieren und Lärm führten schließlich zu dem Lösungsversuch des Beirates, der am Hohentorspark nun sichtbar ist. Zeitgleich ist der ausgebrannte Container vom Lucie-Flechtmann-Platz abtransportiert worden. Die Bremer Polizei hat angekündigt, ihre Kontrollmaßnahmen rund um den Lucie-Flechtmann-Platz fortzuführen.

Welches Ziel verfolgt der Beirat?

Der neue Standort ist das Ergebnis einer intensiven Suche von Beirat, Behörden, Streetworkern und den Menschen gewesen, die den Szenetreff besuchen. Er liegt hinter dem Zollamt zwischen einem großen Parkplatz und dem Hohentorspark am Neustadtswall. Die Einrichtung mit einer provisorischen Toilette, Picknicktischen, Straßenlampen, Mülleimern und dem Container als Wetterschutz hat der Neustädter Beirat aus seinem Stadtteilbudget finanziert.

"Es war dem Beirat wichtig, eine temporäre Lösung mit diesen Menschen gemeinsam zu finden und sie nicht einfach vom Platz zu vertreiben", betont Ortsamtsleiter Uwe Martin. Beiratssprecher Johannes Osterkamp (Grüne) findet, "dass uns das solidarisch gelungen ist und ein Beispiel für andere Stadtteile als Alternative zur Verdrängung sein kann."

Dennoch sei dem Beirat bewusst, "dass auch dieser Platz nicht völlig unproblematisch ist", so Osterkamp. Aber wenigstens liege er nicht mehr in einem so dicht besiedelten Gebiet wie zuvor. "Umso wichtiger ist es, dass das nur eine Zwischenlösung sein kann und wir dringend in der Neustadt und anderen Stadtteilen stationäre Orte für suchtkranke Menschen brauchen", betont der Beiratssprecher. Die Genehmigung für den neuen Container ist vorerst auf ein Jahr befristet.

Wie schätzen die Streetworker die Entwicklung ein?

"Die Chancen stehen aus unserer Sicht ganz gut, dass viele Leute aus der Szene den neuen Ort annehmen", sagt Streetworker Christian Claus von der Inneren Mission. Den Grund für seinen Optimismus sieht er in der Vorbereitung des Umzugs: "Es waren einige Leute beteiligt an der Auswahl des neuen Platzes und auch beim Aufbau haben manche geholfen." Die Kanthölzer zwischen den Holzpfosten als Abgrenzung zur Fahrradpremiumroute beispielsweise hätten Szenemitglieder angeschraubt. Und so den Platz gleich zu ihrem eigenen gemacht.

Um den neuen Unterstand noch bekannter und attraktiver zu machen, gibt es während der ersten Woche häufiger als üblich ein besonderes Angebot wie den Kuchen oder Hotdogs. "Aber auch wir müssen erst einmal beobachten, wie sich das entwickelt", sagt Claus. Er und sein Kollege Patrick Nebel schauen auch weiterhin auf dem Lucie-Flechtmann-Platz vorbei, um weitere Szenemitglieder zum neuen Anlaufpunkt umzulenken.

Die Sorge aus der Politik, die Szene könne sich nun im Hohentorspark ausbreiten und Erholungssuchende verdrängen, kann er nachvollziehen. "Wir werden darauf achten und hoffen, dass sich die Szene auf diesen Platz hier konzentriert", so der Streetworker. Er sei extra mit zusätzlichen Picknicktischen ausgestattet, damit Gruppen sich aus dem Weg gehen können, die nichts miteinander zu tun haben wollen. Am Ende des Tages sei es jedoch ein öffentlicher Park, der jedem offen stehe.

Wie ist die Stimmung auf dem Lucie-Flechtmann-Platz?

Die Stadtgärtnerinnen des Vereins Kulturpflanzen, die seit Jahren ein Urban-Gardening-Projekt auf dem Lucie-Flechtmann-Platz betreiben, sind froh, dass der Beirat so entschlossen gehandelt hat. "Für uns war es besonders wichtig, in diesem Jahr den Platz wieder mit unseren Umweltbildungsangeboten für Kinder und Jugendliche bespielen zu können, das ging letztes Jahr nicht", sagt Vereinsmitglied Katharina Müller. Ihr erster Eindruck nach Eröffnung des neuen Unterstandes am Montag: "Die Lage hat sich tagsüber deutlich entspannt, es waren nur wenige Menschen auf dem Platz."

Dass der Beirat, die beteiligten Behörden und der Verein für Innere Mission innerhalb von drei Monaten den neuen Platz am Hohentorspark eingerichtet haben, sei "wirklich außergewöhnlich", findet die Ehrenamtliche. Im Schulterschluss mit der Stadtteilpolitik sehen sich die Stadtgärtnerinnen auch mit der Forderung nach stationären Angeboten für drogensüchtige und wohnungslose Menschen.

Auch einige Stammgäste genannte Menschen freuen sich über die neue Situation. Es sind Männer und Frauen der sogenannten Trinkerszene, die sich seit Jahren auf dem Lucie-Flechtmann-Platz zum Trinken und Reden trifft. Nur wenige sitzen am Montagvormittag auf den Mauern zwischen den Beeten. "Gut, dass der ausgebrannte Container endlich weg ist, jetzt muss die Stadt nur noch die zwei abgebrannten Bäume nachpflanzen", findet eine Frau. Als ein Mann sich nähert und nach Drogen fragt, schickt sie ihn unwirsch zum neuen Unterstand am Hohentorspark. "Hier gibt es nichts mehr, verschwinde."

Info

Dieser Text wurde am Dienstag, 19. März, 18.05 Uhr, aktualisiert.

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