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Landwirtschaft in Oberneuland Warum Krähen und Gänse den Bauern das Leben schwer machen

Sie fressen frisch gekeimte Saat, klauen den Rindern das Futter aus dem Stall oder hacken die Planen der Silagevorräte auf. Was können die Landwirte in Oberneuland gegen Krähen und Wildgänse tun?
13.11.2023, 05:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Für gewöhnlich dominiert der Zustand von Oberneulands Straßen die Tagesordnung des Beiratsausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft. Das war diesmal anders. Zu seiner jüngsten Sitzung hatte das Gremium die Landwirte des Stadtteils eingeladen. Sie sollten berichten, was ihnen bei ihrer Arbeit Probleme bereitet und welche Unterstützung sie erwarten. Ganz oben auf der Liste der Landwirte standen wenig überraschend die Krähen. Und auch Wildgänse machen ihnen zunehmend zu schaffen.

Welche Probleme haben die Oberneulander Landwirte mit Krähen und Gänsen?

Während Wildgänse vornehmlich Fressschäden auf Weiden und auf Äckern mit frisch gekeimter Saat anrichteten, sei das Problem mit Krähenvögeln vielschichtiger, berichtete Landwirt Jürgen Drewes. Ebenso wie die Gänse machten sie sich über die Jungpflanzen her, aber auch auf den Höfen selbst seien sie sehr präsent. Dort würden sie unter anderem die Planen der Silagevorräte aufhacken, um an Futter zu kommen.

Als erste Maßnahmen hätten es die Landwirte daraufhin mit speziellen Netzen zum Schutz der Folie versucht, die für die Krähen in der Praxis allerdings kein nennenswertes Hindernis dargestellt hätten. Des Weiteren würden die Krähen unmittelbar nach der Fütterung gezielt in die Ställe fliegen, um sich dort zu bedienen. Das verringere laut Drewes nicht nur den Futteranteil für die Rinder, sondern bringe wegen der Hinterlassenschaften der Krähen auch hygienische Probleme mit sich. „Wir können die Ställe nicht dichtmachen, um die Krähen abzuhalten – unsere Tiere brauchen Frischluft“, betonte er.  

Wie groß sind die Schäden?

Beziffern konnte Drewes im Ausschuss nur Einzelfälle. Das liege daran, dass viele Berufskollegen resigniert hätten und seinem Aufruf, ihm sämtliche Schäden zu melden, nur selten nachkämen, sagte Drewes, der auch Vizepräsident der Bremer Landwirtschaftskammer ist. Im Grunde habe er dafür auch Verständnis, sagte er. Bei den Landwirten herrsche die Meinung vor, dass sich die Mühe nicht lohne, da sich an dem Problem ohnehin nichts ändern werde. Schließlich sei die Thematik seit vielen Jahren bekannt. Die sechs Landwirte, die sich in diesem Jahr bei ihm gemeldet haben, hätten insgesamt einen Verlust von 15.000 Euro zu verzeichnen gehabt. Landwirtin Karen Haltermann berichtete zudem von rund 30.000 Euro Einbußen, die ihre Familie 2020 durch mehrfach abgefressene Maisaussaat gehabt habe.

Was sagen die Jäger?

Die Krähen sind auch aus Sicht der Jägerschaft nicht unproblematisch. Ein Oberneulander Jagdpächter berichtete, dass die Vögel sowohl Gelege als auch Nachkommen unter anderem von Enten, Rebhühnern und Fasanen fressen würden.

Was wünschen sich die Landwirte?

Unverständnis herrscht bei den Oberneulander Landwirten seit Jahren darüber, dass Krähenvögel im Land Bremen – anders als im angrenzenden Niedersachsen – nicht bejagt werden dürfen. Jürgen Drewes berichtete von einem Vergrämungsversuch, den er kürzlich in Absprache mit der Stiftung Nordwest Natur auf einem seiner Felder gestartet habe. Mithilfe sogenannter Pfeifenbänder, die in einigen Metern Abstand auf dem Feld aufgestellt werden, und die einen für Krähen unangenehmen Ton erzeugen, hätten sich die Tiere zu seiner Überraschung fast vollständig von der Fläche zurückgezogen. Allerdings sei es wegen des Aufwands fraglich, ob sich diese Maßnahme auch auf großen Flächen umsetzen lasse, gab Karen Haltermann zu bedenken. Angesichts ihres erheblichen Verlustes in 2020 und den weiterhin bestehenden Schutzverordnungen für die Krähen stelle sich für sie die Frage, weshalb seitens der Behörde keine Bereitschaft bestehe, geschädigten Landwirten zumindest einen Ausgleich zu zahlen.

Was sagt die Umweltbehörde?

Beate Kasper vom Referat Grünordnung steckte eingangs noch einmal den rechtlichen Rahmen ab, in dem sich das Land Bremen bewegt. Sämtliche heimischen Vögel unterlägen hier laut Naturschutzrecht einem besonderen Schutz, erklärte sie. Das bedeute, dass sie nicht gejagt werden dürfen. Dasselbe gelte für Vergrämung, es sei denn, die Vögel richten einen wirtschaftlichen Schaden an, und eine Vergrämung sei alternativlos. In diesem Punkt hätten sich Behörde und Landwirte vor einigen Jahren in einer Gesprächsrunde auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt, berichtete Referatsleiter Christian Mohs. Einer Vergrämung sei damals zugestimmt worden, und dies offenbar mit Erfolg, wie Drewes‘ Bericht zeige. Auf Nachfrage aus dem Ausschut, weshalb Krähenvögel nicht wie in Niedersachsen dem Jagdrecht unterstellt werden, erklärte er, dass dies in Bremen bisher nicht dem politischen Willen entspreche.

Wie geht es weiter?

Landwirte und Behördenvertreter waren sich am Ende der Diskussion einig, die Gespräche von einst wieder aufnehmen und sich in großer Runde regelmäßig austauschen zu wollen. Darüber, welche Maßnahmen greifen und wo Optimierungsbedarf besteht. Der Beiratsausschuss sicherte den Landwirten außerdem zu, das Thema weiterhin eng zu begleiten.  

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