Rabenvögel sind eine Species, die bei vielen Bürgern immer öfter im Garten oder auf dem Balkon vorkommen. Die als besonders intelligent geltenden Dohlen, Elstern und Rabenkrähen haben über die Zeit entdeckt, dass der Tisch für sie in Städten und Dörfern reichhaltig gedeckt ist.
Auch die Natur bietet insbesondere den bis zu 50 Zentimeter großen Rabenkrähen viele Leckerbissen – beispielsweise Eier, Jungvögel oder kleine Hasen. Die schwarzen Raubvögel sind dabei nicht zimperlich, picken den Hasenjungen die Augen aus oder entreißen es mit den Krallen dem Schutz der Mutter.
Aus Gründen der Wildhege, des Wiesenvogelschutzes und zur Vermeidung übermäßiger Schäden haben die Kommunalpolitiker aus dem Kreistag der Wesermarsch in ihrer jüngsten Sitzung die Schonzeit für Rabenkrähen minimiert. Sie hoben jetzt vom 21. Februar bis zum 26. März eines jeden Jahres die abschussfreie Zeit für Rabenkrähen auf.
Ausrotten wollen die Lokalpolitiker die Art aber nicht. Deshalb wird die Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit, die sich bei Rabenkrähen von Anfang April bis Ende Juli erstrecken kann, durch die Verordnung nicht berührt.
Henning Kruse aus Butzhausen freut sich über den Beschluss. Er wähnt sich oft in Alfred Hitchcocks Horrorfilm "Die Vögel". Rabenkrähen, wohin das Auge blickt. Das liegt daran, dass Kruse der Kolonie unfreiwillig den Tisch deckt. Als Landwirt verfüttert er Maissilage an sein Milchvieh. Eine Delikatesse für die Vögel. Sei das Silo frisch angeschnitten, rage eine schwarze Wand vor ihm auf, schildert Kruse das Szenario auf seinem Hof. Die Krähen picken sich die Körner heraus. Für das Vieh bleiben die wenig gehaltvollen Halme.
Auch der Bardewischer Jäger Jürgen Rowehl lässt kein gutes Haar an den lackschwarzen Vögeln. "Die Rabenkrähe raubt Vogel- und Entennester aus, frisst die Eier und schnappt sich Junghasen. Der Druck auf das Niederwild ist extrem hoch."
Die vom Kreistag verabschiedete Verordnung gilt "nur auf schadensgefährdeten landwirtschaftlichen Getreidefeldern, Gemüsekulturen, abgedeckten Grün- und Gärfuttermieten einschließlich Rundballen und Großpacken sowie auf Baumschulflächen und in Gärtnereien." Jäger Rowehl würde ihnen gerne auch auf der grünen Wiese zu Leibe rücken. "Rabenkrähen kann man nur großflächig bekämpfen." Er ist ernüchtert. "Dezimieren kann man die sowieso nicht mehr. Vor allem, weil ihre Bejagung in Bremen komplett untersagt ist."
- Lesen Sie auch: Bremer Jäger fordern Jagdrecht auf Krähen
Viele Rabenkrähen würden auf der rechten Weserseite ihr Nachtquartier aufschlagen und sich am Morgen auf niedersächsischer Seite wieder in der Fläche verteilten. "Wenn man guckt, was morgens aus Bremen rüberkommt, dann ist das eine ganze Menge", stellt Jürgen Rowehl fest.
Henning Kruse erinnert sich noch an andere Zeiten. "Als die Nester früher ausgeschossen wurden, hat das noch funktioniert", sagt der Landwirtschaftsmeister. Der Kreistag hat mit seinem Beschluss den Weg frei gemacht, dass auch Brutpaare während der Nestbauphase bejagt werden dürfen. So soll die Population im Landkreis nachhaltig beschränkt werden. Im Umkreis von 300 Metern um einen Seeadler-Horst-Standort darf hingegen nicht geschossen werden.
Rabenkrähen räumen frisch eingesäter Felder aus und führen zu Schäden im Bereich der Anpflanzungen. Betroffen sind neben Gemüsebauern, die vom Anbau leben, auch Kleingärtner. Die wirtschaftlichen Schäden sind erheblich.
Auch auf Kruses Hof bedienen sich die Vögel nicht nur an frisch aufgedeckten Silos. Sie verschaffen sich auch selbst Zugriff. Regelmäßig beschädigen sie die Silagefolien – mit erheblichen Folgen für den Landwirt. "Unter den Löchern bilden sich Schimmelnester. Das Futter gammelt", sagt Kruse. Ständig müsse eine großzügige Schicht abgenommen und weggeworfen werden.
Alle ausprobierten Schutzmaßnahmen seien sinnlos. "Wir ziehen schon Vlies über die Folien." Die intelligenten Vögel hätten gelernt, auch das Vlies zu durchstechen. Zudem würden sich seit jeher Nager durch das Gewebe fressen.
Rund 500 Krähen dürften auf seinem Hof leben, schätzt Henning Kruse. Dagegen nimmt sich die Anzahl der in den vergangenen drei Jahren von der Kreisjägerschaft zur Strecke gebrachten Rabenvögel klein aus: Wie aus den Streckenberichten hervorgeht, waren es pro Jagdjahr im Landkreis Wesermarsch zwischen 2900 und 3657 Rabenkrähen. Der Butzhauser Landwirt hat das Thema für sich abgehakt. "Es ist wie es ist."
Die Verringerung der Schonzeit ist auf drei Jahre befristet. Anschließend wird der Kreistag die Maßnahme evaluieren.