Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Oberneuland Landwirte kämpfen gegen anhaltendes Hochwasser auf ihren Feldern

Nach wie vor steht das Wasser in Oberneuland auf Wiesen und Feldern. Die Landwirte sehen die Ursache in der Bewirtschaftung der Wümme. Doch was sagt das Umweltressort dazu?
18.04.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Maren Brandstätter
Inhaltsverzeichnis

Landwirte sind seit jeher immer mal wieder mit Hochwasser konfrontiert. In Oberneuland sind die Wasserlachen auf Feldern und Wiesen allerdings inzwischen zum Dauerzustand geworden – mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Betriebe.

Vor welchen Problemen stehen die Landwirte?

Aktuell stehen laut Schätzung von Milchbäuerin Karen Haltermann die Flächen von etwa 80 Prozent der rund 30 Oberneulander Landwirte seit 15 Wochen durchgehend unter Wasser. Die Folge: Es kann nichts gesät werden, das Gras für die Heuernte wächst nicht und Tiere können nicht auf die Weiden gebracht werden. „Eine Woche Hochwasser können wir problemlos verkraften“, betonte sie jetzt im Beiratsausschuss für Landwirtschaft. „Die Flächen über mehrere Monate nicht nutzen zu können, stellt uns aber vor massive Probleme.“

Worin sehen die Betroffenen die Ursache?

Die Oberneulander Landwirte sind sich einig, dass ihre Flächen insbesondere deshalb unter Wasser stehen, weil der Abfluss über die Wümme nicht funktioniere. Aufgrund von Naturschutzmaßnahmen verzichte man streckenweise darauf, das Flussbett auszubaggern, und lasse auch mehr Uferpflanzen in die Wümme hineinwachsen als früher. Ein neuralgischer Punkt liegt nach Ansicht der Landwirte im Bereich der Borgfelder Flutbrücke. Sie fordern deshalb ein Umdenken in der Bewirtschaftung der Wümme, um die Fließgeschwindigkeit des Flusses wieder zu erhöhen.

Was sagt das Umweltressort zur Situation der Wümme?

Auf Nachfrage im zuständigen Senatsressort für Umwelt berichtet Sprecherin Ramona Schlee, dass an der Wümme während des Hochwassers zum Jahreswechsel teilweise höhere Pegelstände gemessen worden seien als üblich – im Fachjargon heißt das, dass sie über dem Bemessungsereignis lagen. Auch die hohen Niederschlagszahlen seit vergangenem Herbst, die noch immer andauern, führten dazu, dass sehr viel Wasser „im System“ sei. Das habe zur Folge, dass die Erde gesättigt und der Grundwasserstand hoch sei, wodurch das Wasser kaum mehr versickern könne. Da auch die Weser während des Hochwassers sehr viel Wasser geführt habe, sei das Wasser kaum noch in der Lage abzufließen. „Wir hatten und wir haben es derzeit mit einer besonderen Situation zu tun“, betont Schlee.

Plant das Ressort, die Wümme auszubaggern?

Wenn das Flussbett der Wümme ausgebaggert werden würde, hätte das einen erhöhten Tidehub zur Folge, erklärt die Ressortsprecherin. „Die Tideniedrigwasserstände würden sich dadurch verringern und der Tidehochwasserstand würde sich erhöhen.“ Die Auswirkungen dieser Maßnahme seien weder im Sinne des Naturschutzes, noch im Sinne der Landwirtschaft, da die Flächen häufiger überschwemmt werden würden, so Schlee. Die Baggerarbeiten wären zudem eine ständige Aufgabe, da sich mitgeführte Sedimente in der Wümme in Bereichen geringerer Strömungsgeschwindigkeiten wieder ablagern würden.

Zum starken Bewuchs der Uferbereiche erklärt die Sprecherin, das zunächst einmal geklärt werden müsse, wer dafür überhaupt zuständig sei. Die Grünbereiche neben den Brücken an der Borgfelder Allee, am Jan-Reiners-Wanderweg und an der Lilienthaler Allee südlich der Wümme fielen nämlich in unterschiedliche Zuständigkeiten, erklärt Schlee. „Diese werden derzeit geklärt, um einen Rückschnitt des starken Bewuchses zu erwirken – insbesondere Bäume und Buschwerk sollen hier entfernt werden.“

Welche Maßnahmen schlägt die Behörde außerdem vor?

Neben den Rückschnitten sind laut Schlee hydraulische Berechnungen für die Wümme geplant, die möglicherweise Hinweise geben könnten, an welchen Stellen der Abfluss des Wassers verbessert werden kann. „Die Deichverbände haben darüber hinaus in den vergangenen Monaten die Nutzung des Lesumsperrwerks weiter optimiert, um möglichst viel Wasser aus der Wümme in die Weser zu leiten und einen Rückfluss von der Weser in die Wümme zu verhindern“, berichtet die Sprecherin. „Geografisch muss man sagen, dass die landwirtschaftlich genutzten Überflutungsflächen nur ein sehr geringes Gefälle aufweisen und daher der Abfluss des Wassers nach einem Hochwasser generell nur langsam erfolgen kann – hier ist kaum Abhilfe zu schaffen.“

Was erhoffen sich die Landwirte von den Verantwortlichen?

Zunächst einmal sei es den betroffenen Landwirten ein Anliegen, dass ihr Problem in der Behörde ernstgenommen wird, betont Karen Haltermann. „Es wäre zudem schön, wenn wir in dieser Angelegenheit einen zuverlässigen Ansprechpartner hätten. Da die wirtschaftlichen Einbußen mittlerweile immens seien, erwarte sie ebenso wie ihre Berufskollegen einen finanziellen Ausgleich von der Stadt. Aktuell sei den Landwirten insgesamt ein Schaden in Höhe von rund 250.000 Euro entstanden. Ein Gutachten als Nachweis sei gerade auf den Weg gebracht worden.

Können die Landwirte mit Entschädigungen rechnen?

Die Folgen für die Landwirte durch das Hochwasser seien der Umweltsenatorin bekannt, betont Schlee. Die Aufnahme und Bilanzierung der Schäden dauerten allerdings noch an, da diese erst mit Vegetationsbeginn abschätzbar seien. „Nach derzeitigem Stand sind in Bremen 20 landwirtschaftliche Betriebe mit etwa 1100 Hektar landwirtschaftlicher Fläche betroffen“, sagt Schlee. Das Ausmaß der voraussichtlichen Ertragseinbußen werde derzeit von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen berechnet. Anschließend werde geprüft, ob und in welchem Umfang finanzielle Hilfen für die Landwirtschaft erforderlich seien.

Wie steht der Beirat zu dem Problem?

Die Stadtteilpolitiker zeigten sich durchweg solidarisch mit den Oberneulander Landwirten. Der Fachausschuss forderte von den zuständigen Stellen, geeignete Maßnahmen gegen das anhaltende Hochwasser zu ergreifen.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)