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Neues Verkehrsprojekt Bremer Fußwege auf dem Prüfstand

Menschen aus fünf Bremer Quartieren können bei Problemen mit holprigen Gehwegen oder anderen Hindernissen für Fußgänger nun auf Besserung hoffen. Wie das Projekt "Fußverkehrs-Check" funktioniert.
08.09.2023, 14:13 Uhr
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Von Sigrid Schuer Christian Hasemann Karin Mörtel
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Gibt es Stolperfallen auf den Gehwegen und sind sie ausreichend beleuchtet? Können Kinder sicher zu Fuß zur Schule gehen? Und kommen Fußgängerinnen und Fußgänger in ihren Stadtteilen gefahrlos über die Straße? Unter anderem diese Fragen will die Stadt Bremen aktuell mit einem „Fußverkehrs-Check“ prüfen.

Ziel ist es laut Mobilitätsbehörde, mit dem Projekt die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung des Fußverkehrs zu lenken. Ganz praktisch geht es darum, Gefahrenstellen zu beseitigen und attraktivere Wege zu schaffen, um die Menschen in Bremen dazu zu motivieren, mehr Wege in der Stadt zu Fuß zurückzulegen.

Wie läuft das Projekt ab?

Zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern wollen Fachleute in den kommenden Wochen Wege und Straßen in fünf ausgewählten Quartieren unter die Lupe nehmen. Nach einem Auftaktworkshop am 22. September sind im Anschluss zwei Begehungen vor Ort geplant, deren Termine noch bekannt gegeben werden.

Bis Ende August konnten sich die Stadtteile mit Vorschlägen für das Projekt bewerben. Nun stehen die Gebiete fest, für die je 10.000 Euro zur Verfügung stehen, um Wege für Fußgänger attraktiver und sicherer zu machen.

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Ausgewählt wurde je Regionalgebiet eine Bewerbung. Aus dem Bremer Süden ist ein Quartier aus Huchting mit dabei. Darüber hinaus zählen zu den Gewinnern Gebiete aus der Vahr, Burglesum, Findorff und der Östlichen Vorstadt.

Was ist das Ziel des Checks in Huchting?

"In Huchting ist der Fußverkehr insgesamt noch sehr ausbaufähig, daher freuen wir uns riesig, dass wir ausgewählt wurden", sagt Ortsamtsleiter Christian Schlesselmann. Aus dem Stadtteil sind zwei Bewerbungen an das Mobilitätsressort versendet worden. Welches der beiden Quartiere nun das Rennen gemacht hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch unklar.

Einmal ging es dabei um die nähere Umgebung der Grundschule Kirchhuchting mit einem Teilstück der Kirchhuchtinger Landstraße. Hauptproblem ist dort, dass die Schulwege für die Grundschulkinder aus Sicht der Lokalpolitik zu gefährlich sind. Das zweite vorgeschlagene Quartier ist das Umfeld des Vereinsgeländes des Turn- und Sportvereins Huchting sowie der Bezirkssportanlage.

"Dort ist es besonders im Kurvenbereich Am Sodenmatt sehr unübersichtlich und gefährlich, das muss entschärft werden", sagt Schlesselmann. Insgesamt beschäftige die Verantwortlichen im Stadtteil darüber hinaus die Frage, "wie wir die Übergänge über die viel befahrenen Straßen in unserem Stadtteil für alle Menschen sicherer machen können", so Schlesselmann.

Was ist in der Vahr geplant?

"Für die Vahr haben wir die berühmt-berüchtigte Kreuzung an der Kurt-Schumacher-Allee vorgeschlagen", sagt Ortsamtsleiter Ralf Möller. Die Kreuzung Kurt-Schumacher-Allee/ Karl-Kautsky-Straße ist seit Jahren Unfallschwerpunkt, und ebenfalls seit Jahren kämpfen die Oberschule, Beirat und Ortsamt für eine Verbesserung der Sicherheit. Aber der Check soll sich nicht auf die Kreuzung beschränken. "Insgesamt wollen wir den Bereich von der Oberschule bis zur Ampelanlage an der Richard-Boljahn-Allee überprüfen lassen", so Möller, der die Vorschläge des Ortsamts zuvor mit dem Beirat abgestimmt hatte. So gebe es an der Ampelanlage, die die Überquerung des Autobahnzubringers in die Neue Vahr Nord ermöglicht, die unglückliche Situation, dass die Fußgängerrampe direkt auf den Radweg führt. "Jetzt haben wir die Möglichkeit, dass wir die gesamte Strecke mit einem Planungsbüro und verschiedenen Akteuren noch einmal ganzheitlich anschauen können", freut sich Möller.

Welche Vorschläge kamen aus Mitte und der Östlichen Vorstadt?

Manuela Jagemann vom Ortsamt Bremen-Mitte/Östliche Vorstadt hat besonders neuralgische Punkte sowohl in Mitte als auch in der Östlichen Vorstadt identifiziert, wo die Bedingungen für den Fußverkehr besonders schlecht sind. Von daher freut sie sich, dass die Östliche Vorstadt nun zu den Gewinnern zählt. Für die Östliche Vorstadt hat sie den Bereich rund um das Haus im Viertel und die Grundschule an der Schmidtstraße vorgeschlagen. Die engen, schmalen Straßen seien gnadenlos zugeparkt, viele Bürgersteige seien zudem nicht abgesenkt und damit nicht barrierefrei, zieht sie Bilanz. Wie die Bürgersteige überhaupt mit altem Kopfsteinpflaster in einem schlechten Zustand wären. Deswegen werde es besonders alten und beeinträchtigten Menschen, die teilweise auf einen Rollator angewiesen seien, schwer gemacht, wenn sie die Straßenbahnhaltestellen am Steintor erreichen wollten.

Und auch die schmalen Gehwege zur Grundschule an der Schmidtstraße seien zugeparkt. Das erschwere den Schulkindern den Schulweg. Ähnliche Probleme wie das wilde Parken hat Manuela Jagemann für die engen Straßen im Milchquartier ausgemacht, mit besonders negativen Folgen für die Rettungssicherheit. Erfreut ist sie auch darüber, dass die schon länger anhaltenden Bestrebungen zur Verbesserung des Fußverkehres auch vom Mobilitätsressort zunehmend gestärkt werden. Im Haus im Viertel sollen unter anderem mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in Kürze Workshops zur Verbesserung der Situation veranstaltet werden.

Angelika Schlansky vom Verein Fuß hat darüber hinaus weitere Vorschläge gemacht. Der Verein sieht in der Östlichen Vorstadt besonders den Bereich Am Hulsberg im Abschnitt Getekamp bis zu Rewe kritisch. Der Gehweg sei sehr schmal und direkt daneben verlaufe der viel befahrene Radweg. Weitere Schwerpunkte sieht der Verein bei der Verlängerung der neuen geplanten grünen Mitte aus dem neuen Hulsberg-Quartier durch die Graf-Waldersee-Straße in Richtung Schulcampus Schaumburger Straße, beziehungsweise Betty-Gleim-Kita. Da hier auf beiden Seiten aufgesetzt geparkt werde, seien die Gehwegbreiten stark eingeschränkt, lässt der Verein verlauten. 

Gehen die übrigen Stadtteile leer aus?

Auch wenn nur fünf Quartiere im Bremer Stadtgebiet ausgewählt wurden: Im Prinzip sollen in Zukunft alle Stadtteile vom "Fußverkehrs-Check" profitieren, so lautet das Ziel der Stadt. Aus dem Bremer Süden sind aus der Neustadt und Obervieland ebenfalls insgesamt vier Bewerbungen eingegangen, die aber nicht unter den fünf Siegern gelandet sind.

Mit den Ergebnissen aus den Workshops und Begehungen der kommenden Wochen wolle man eine Art Werkzeugkasten füllen. Darin enthalten sollen dann erprobte Maßnahmen für die Förderung des Fußverkehrs sein, die zukünftig in der ganzen Stadt angewandt werden sollen, heißt es in der Projektbeschreibung.

Die Untersuchungen in den fünf ausgewählten Stadtteilen ist demnach erst der Anfang. "Sie bieten ein breites Themenspektrum, von der Großwohnsiedlung bis zum kleinen Wohnquartier ist alles dabei", sagt René Möller, Sprecher der Mobilitätsbehörde. Das biete eine gute Möglichkeit, "Werkzeuge zu entwickeln, die sich auf ganz Bremen umsetzen lassen."

Zudem werde ein Fußverkehrsnetz für die Ortsteile entwickelt, "das sich nach und nach auf ganz Bremen ausweiten soll", heißt es in der Projektbeschreibung.

Was hält der Verein Fuß von dem Projekt?

"Das ist auf jeden Fall ein sehr sinnvolles Projekt", lobt Angelika Schlansky vom Verein Fuß die Initiative der Stadt Bremen. Der Verein vertritt die Interessen der Fußgängerinnen und Fußgänger in Deutschland. Aus Schlanskys Sicht wird es "höchste Zeit, dass man den Fußverkehr bei der Verkehrs- und Stadtplanung an erste Stelle stellt." Das Hauptproblem auf den Bremer Fußwegen sieht sie im mangelnden Platz, der vor allem durch aufgesetzt parkende Autos besetzt werde.

"Außerdem muss geregelt sein, dass dort, wo Menschen Straßen überqueren, die Sichtbeziehung zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern sichergestellt ist", fordert Schlansky. Dies sei aktuell häufig noch nicht der Fall, was schnell gefährlich für Fußgänger werden könne.

"Zu Fuß gehende Menschen sind das Umweltfreundlichste, was man sich denken kann", sagt Schlansky. Außerdem sei es gesund und "die natürlichste Art der Fortbewegung." Angesichts der anstehenden Verkehrswende sei es daher richtig, den Fußverkehr stärker zu fördern als in der Vergangenheit.

Wofür kann das Geld ausgegeben werden?

"Für die Umsetzung von kleinteiligen und kurzfristig wirksamen Maßnahmen", so lautet die Vorgabe der Stadt, steht für die fünf ausgewählten Quartiere nun ein Budget von 10.000 Euro pro Ortsteil zur Verfügung. Finanziert wird das Projekt über das Handlungsfeld Klimaschutz der Freien Hansestadt Bremen.

Das Geld kann beispielsweise für Hinweisschilder ebenso ausgegeben werden wie für eine Sitzbank, die einen Weg attraktiver machen kann. Oder es wird eine Bordsteinabsenkung davon bezahlt an Stellen, die nicht barrierefrei sind. Welche Maßnahmen umgesetzt werden, entscheidet am Projektende das jeweilige Stadtteilparlament.

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