Seit Jahren warten die Mieterinnen und Mieter eines Wohnhochhauses in Tenever auf eine Sanierung. Seit nunmehr zwei Jahren steht außerdem ein Baugerüst an dem Gebäude, ohne dass etwas passiert. Nun hat der Bremer Senat ein Gesetz verabschiedet, das zumindest für die Zukunft das Potenzial hat, die Wohnumstände für die Menschen zu verbessern.
Der Bremer Senat hat nun in der vergangenen Woche ein Vorkaufsrecht für ein Gebiet in Osterholz beschlossen. Das Ortsgesetz gilt zwischen der Neuwieder Straße, der Otto-Brenner-Allee und dem Teneversee und schließt damit das betreffende 16-stöckige Wohnhochhaus mit ein.
Zeichen der Politik
Der Schritt des Bremer Senats ist ein deutliches Zeichen, dass die Bremer Politik sich die Möglichkeit eröffnen möchte, auf die Entwicklung in Tenever und insbesondere auf die Problemimmobilien in der Neuwieder Straße Einfluss zu nehmen. Die Mieter beklagen sich seit Jahren unter anderem über Schimmel, Vandalismus und Drogenkriminalität.
Was ist ein Vorkaufsrecht?
Die Eigentümer der unter das Vorkaufsrecht fallenden Grundstücke sind verpflichtet, der Stadt Bremen erfolgte Kaufabschlüsse über ihr Grundstück mitzuteilen. Das bedeutet, dass Kaufverträge über Immobilien selbst nach der Unterzeichnung von Käufer und Verkäufer noch durch die Kommune als nachträglichen Käufer geändert werden dürfen. Will also der jetzige Eigentümer eines Gebäudes in der Neuwieder Straße verkaufen und findet einen Käufer, kann die Stadt einspringen und an seiner statt das Gebäude kaufen – zu den von den ursprünglichen Vertragspartnern ausgehandelten Konditionen.
Warum ein Vorkaufsrecht?
Tenever ist geprägt von Wohnhochhäusern. Ein Großteil der Gebäude wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten saniert. Insgesamt flossen annähernd 70 Millionen Euro aus städtischen Mitteln in den Ankauf von Immobilien, die jetzt weitgehend im Besitz der städtischen Gewoba sind. Ausgebaut wurde außerdem die Infrastruktur, dazu zählt insbesondere der Anschluss Tenever-Zentrum an die Straßenbahnlinie 1. Es bestehe dennoch weiterhin ein Investitionsbedarf an einzelnen Gebäuden, heißt es in einer Mitteilung des Bremer Senats.
Neben der Bausubstanz soll auch die soziale Infrastruktur gestärkt werden. So wird in der Mitteilung der Bebauungsplan für ein Geschäfts- und Wohngebäude genannt. Gemeint ist damit das sogenannte Nordquartier an der Otto-Brenner-Allee, wo neben Wohnungen und einem Supermarkt auch Räume für einen sozialen Träger entstehen sollen. Teil der Planungen ist außerdem ein Quartierspark mit Spielplatz.
Das jetzige Gebiet des Vorkaufsrechts ist außerdem Teil des Förderprogramms Wohnen in Nachbarschaften (Win) und grenzt an das so genannte Schweizer Viertel an, das durch das Städtebauprogramm Soziale Stadt gefördert wird, mit dem zahlreiche städtebauliche Maßnahmen umgesetzt werden konnten. Zurzeit wird dort das neue Stadtteilzentrum Schweizer Foyer gebaut.
Rings um die Neuwieder Straße fließen also weiter Fördermittel und das Ziel des Ortsgesetzes wird damit klar: Die positive Entwicklung in den einstigen, als soziale Brennpunkte verschrienen Quartieren Schweizer Viertel und Tenever soll nicht durch eine Abwärtsspirale ausgehend von Schrottimmobilien im Sanierungsgebiet gefährdet werden.
In der Pressemitteilung des Bremer Senats hört sich das so an: "Zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung sollte sich die Stadtgemeinde rechtzeitig durch das jetzt beschlossene Vorkaufsrecht die Rechte an Grundstücken sichern." Zukünftig sollen Gebäude mit Instandsetzungs- und Instandhaltungsmängeln im beschriebenen Umgriff angekauft werden können, um das Quartier weiter zu stabilisieren, wofür das Vorkaufsrecht notwendig ist, heißt es weiter.
Das sagt die Politik
Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne): "Wir haben im nördlichen Bereich von Osterholz-Tenever einige Immobilien, die dringend sanierungsbedürftig sind." Durch die beschlossene Vorkaufsrechtsatzung habe die Stadt die notwendigen Instrumente, um in vollem Umfang tätig werden zu können. "Ich will endlich Schluss machen mit den Mängeln in dem Gebiet", betont Schaefer. Und weiter: "Osterholz-Tenever steht inzwischen für einen gelungenen Rückbau und eine positive städtebauliche Aufwertung."
Der Osterholzer Beiratssprecher Wolfgang Haase (SPD) zeigt sich vorsichtig optimistisch. "Es ist das richtige Signal, ob es schon ein Schritt in die richtige Richtung ist, wird sich zeigen." Er fordert: "Man muss den Druck auf den jetzigen Eigentümer weiterhin hochhalten." Seine Hoffnung sei, dass dem Eigentümer irgendwann der Spaß an der Immobilie vergehe und dieser zu einem Verkauf bereit sei. "Und dann muss der Preis noch so sein, dass beispielsweise städtische Wohnungsbauunternehmen überhaupt Interesse haben", gibt Haase zu bedenken. Denn klar sei: "Man kauft eine Immobilie in beklagenswerten Zustand." Insgesamt seien die Chancen für die Mieterinnen und Mieter auf eine Verbesserung mit dem Ortsgesetz aber gestiegen. "Das freut uns und wir schöpfen neuen Mut", sagt Haase.