Seit Monaten steht ein Gerüst am Hochhaus in der Neuwieder Straße 3 in Tenever. Eigentlich ein untrügliches Zeichen, dass bald etwas passieren müsste, dass Bauarbeiten starten, dass das marode Gebäude endlich saniert wird. Bisher hat allerdings nur der Wind etwas bewirkt: nämlich beim Orkansturm lose Teile vom Gerüst geweht. Mieter und Ortspolitiker wollen nun erneut den Druck auf die Eigentümerin erhöhen, damit die unhaltbaren Zustände ein Ende finden, doch diese hüllt sich weitgehend in Schweigen.
Graffiti und Dreck schon in den Eingangsbereichen, eine Eingangstür, die häufig manipuliert wird – so stellt sich schon die Eingangssituation in der Neuwieder Straße dar, in der etwa 90 Mietparteien wohnen. Warum die Eingangstür manipuliert wird? Das unbewachte Gebäude gilt bei einigen Menschen im Ortsteil als Drogenumschlagplatz – eben weil es keinen Sicherheitsdienst gibt, keinen Hausmeister, der jeden Tag vor Ort ist.
Weihnachten war die Heizung tagelang ausgefallen, nun ist auch noch der große Fahrstuhl im Gebäude defekt. Die Mieterinnen und Mieter müssen den kleineren Fahrstuhl nutzen – laut Schild immer nur von einer Person zurzeit.
Defekter Fahrstuhl
Mieter Nesim Arslan berichtet von Schlangen vor dem Fahrstuhl und dass dieser nicht corona-konform genutzt werde. "Das sorgt für dicke Luft unter den Mietern", so Arslan, der mit seiner Familie seit fast 23 Jahren in dem Gebäude wohnt. Aber auch der kleine Fahrstuhl ist in die Jahre gekommen. "Die Monteure, mit denen ich gesprochen habe, sagen, dass der nur noch am Leben gehalten wird und eigentlich grundlegend saniert werden müsste."
Für viele Mieterinnen und Mieter ist der Zustand der Fahrstühle sinnbildlich für das, was in den vergangenen Jahren in dem Gebäude passiert ist: Flickwerk, Provisorien, oberflächliche Reparaturen. Ein Beispiel: "Wir haben im Februar Schimmel bei uns im Schlafzimmer hinter der Heizung und im Wohnzimmer gemeldet", erzählt Arslan. "Tatsächlich kam dann auch jemand, der das dann oberflächliche mit einem Spray aus dem Baumarkt eingesprüht hat." Drei Wochen habe es bis zu dem Besuch des Mannes mit der Spraydose gedauert, der den Heizkörper nicht abmontiert habe. "Und dann macht er das nicht mal richtig", so Arslan.
Ein weiteres Beispiel: Einige Fenster in dem Gebäude sind undicht. "Die sind damals offenbar nicht richtig eingebaut worden", vermutet Arslan. Nun sollen sie immerhin angepasst werden. Aber auch hier zeigt sich der Umgang der Eigentümerin, die Zentrale Boden Immobilien Gruppe (ZBI) mit Sitz in Erlangen, mit den Mietern. Verwaltet wird das Gebäude von einem Tochterunternehmen, der Zentrale Boden Vermietung und Verwaltung (ZBVV) aus Berlin. "Wir haben am 29. März einen Brief bekommen, dass wir bis zum 29. März unsere Balkone freiräumen sollen." Tatsächlich geht aus dem Briefkopf hervor, dass die Briefe erst am 25. März verfasst und dann offenbar in Bremen verteilt wurden.
Altes Problem: Schimmel
Quartiersmanagerin Katrin Höpker spricht davon, dass nach wie vor viele Dinge nicht funktionieren. "Die Balkone sind wegen des Gerüsts kaum zu nutzen, das Sicherheitsgefühl ist eingeschränkt, weil man über das Gerüst hochklettern kann." Auch Schimmel sei ein altbekanntes Problem in dem Gebäude. "Das verstärkt sich jetzt, weil die Menschen weniger lüften können." Die Mängel seien inzwischen an die Wohnaufsicht Bremen weitergegeben worden. "Es gab auch einen Vor-Ort-Termin mit dem Ordnungsamt und Vertretern der Sozialbehörde", berichtet Höpker. Auf einer Einwohnerversammlung seien überdies Mieterinnen und Mieter von der Verbraucherzentrale Bremen über ihre Rechte informiert worden. Zur ZBVV sagt Höpker: "Es wird sich in weitgehend in Schweigen gehüllt."
Arslan fällt ein vernichtendes Urteil über die Verwaltungsgesellschaft ZBVV. "Es wird sehr langsam oder gar nicht reagiert, die Vermieter sind nicht zu erreichen und es gibt nur ein Callcenter." Ein Mieterservice sei nicht existent. Sein Fazit der vergangenen Monate: "Wir haben keine Ergebnisse gesehen und inzwischen habe ich den Eindruck, dass bei der Eigentümerin eine Scheißegal-Einstellung eingetreten ist." Die Forderung der Mieter: Die Stadt soll das Gebäude über die Gewoba kaufen. Mit der Lüssumer Heide gibt es in Bremen auch ein Beispiel für solch eine Lösung.
Erste Sanierungen stehen an
Doch bei allen Problemen: Es wird offenbar an Lösungen gearbeitet. So teilt eine Sprecherin des Unternehmens auf Nachfrage mit, dass der Fahrstuhl Anfang April wieder funktionieren werde. Die Fenstersanierungen würden nach derzeitigem Stand in der 14. Kalenderwoche beginnen. In naher Zukunft würde außerdem mit der Betonsanierung begonnen, die Mieterinnen und Mieter sollten dazu "demnächst" Informationen bekommen. Die Kosten für das nötige Gerüst würden außerdem nicht auf die Betriebskostenrechnung der Mieterinnen und Mieter umgelegt.
Offenbar verzögert aber auch die derzeitige Marktlage die Sanierung. So sind beispielsweise auf Erdöl basierende Dämmstoffe zurzeit sehr teuer und knapp.
Der Sprecher der Baubehörde sagt dazu: "Es gibt eine Arbeitsgruppe zu dem Gebäude, die sich regelmäßig trifft." Insgesamt tue sich etwas, auch wenn es etwas langsam gehe. "Eine Kooperation der Eigentümerin ist vorhanden", so der Sprecher. Zu dem Vorschlag, dass die Gewoba das Gebäude kaufen sollte, merkt er an: "Für einen Kauf müsste das Gebäude erst einmal zum Verkauf stehen."