An der Ampel Otto-Brenner-Allee hat ein angehender Erstklässler aus der Neuwieder Straße spontan zum Pinsel gegriffen, um die Schablone für stehende Füße als Signal zum Stehenbleiben und erhöhte Aufmerksamkeit gelb auszumalen. Auch er will ab nächster Woche das Motto "Stehen, sehen und gemeinsam gehen" an Kreuzungen beherzigen, in den "Schulexpress" einsteigen und mit Gleichaltrigen seinen Schulweg sicher zu Fuß zurücklegen.
Mit der Grundschule am alten Postweg in Hastedt und der neuen Grundschule Walliser Straße in Osterholz machen zu Schuljahresbeginn zwei weitere Bremer Schulen beim "Schulexpress" mit. Dadurch hat sich die Zahl der am Projekt beteiligten Schulen in Bremen auf rund 40 erhöht, bundesweit sind es rund 150.
Verena Nölle hat es vor 18 Jahren initiiert, um unnötige Verkehre und Gefahrensituationen durch parkende und rangierende "Elterntaxis" zu vermeiden. Stattdessen sollten Kinder von Anfang an lernen, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen, indem sie sich an bestimmten Treffpunkten verabreden und gemeinsam zu Fuß zur Schule gehen.
Mehr Sicherheit für Kinder wünscht sich auch Ilka Böttcher. Die Eltern in Tenever seien ebenfalls in Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder, weiß die Koordinatorin fürs Kinder- und Familienzentrum Regenbogenhaus. Weil die jedoch keine Lobby hätten, habe sie die Initiative ergriffen und Kontakt zu Verena Nölle aufgenommen, berichtet Böttcher. Sie habe den Vorstoß sofort unterstützt.
Sechs "Haltestellen" und drei Wegstrecken hat Ilka Böttcher gemeinsam mit Verena Nölle ausgewählt, die seit 2020 Koordinatorin für Mobilitäts- und Verkehrserziehung im Land Bremen ist. Alles in enger Abstimmung mit Schulleitung sowie Polizei.
"Das Problem der Elterntaxis ist sehr ausgeprägt", bestätigt Kontaktpolizistin Sonja Fuchs. Die Polizei werde zum Schulstart vermehrt Kontrollen durchführen, um Eltern für das Problem zu sensibilisieren, kündigt sie an. "Grundsätzlich finden sie es gut, dass wir als Polizei vor Ort sind, weil es sicherer für ihre Kinder ist", so Fuchs. "Bei eigener Betroffenheit finden Eltern aber immer eine Ausrede, weshalb sie ihr Kind mit dem Auto bringen, und nur wenige sehen ihr Fehlverhalten ein."
Jetzt haben sich Sonja Fuchs, Verena Nölle und Ilka Böttcher am Schulparkplatz an der Walliser Straße getroffen, um die ersten gelben Füße am Ende des Stichwegs durch den Park aufzumalen, weitere an drei anderen Gefahrenstellen. Dort ist praktisch die Zielgerade für die Gruppen, die aus den Wohnquartieren Neuwieder Straße und Pfälzer Weg kommen und deren Schulweg sich kreuzt. Für Erstklässler aus dem Schweizer Viertel haben sie eine dritte, gesonderte Tour ausgewiesen.
Bedenken ausgeräumt
"Viele Eltern kannten diesen Weg gar nicht", erzählt Ilka Böttcher nach der Begehung mit Müttern und Vätern des Regenbogenhauses. Sie hätten nur die Hauptverkehrsstrecken im Kopf gehabt, daher sehr lange Wege. Weil der unbefestigte Weg ausgeleuchtet und mit Roller oder Rad gut befahrbar sei, konnte die Sozialpädagogin auch deren Sicherheitsbedenken ausräumen. "Und es ist maximal eine Viertelstunde Zeit zum Gehen", ergänzt Verena Nölle.
„Sicher ans Ziel kommen ist immer besser, auch wenn es ein kleiner Umweg ist", betont die Verkehrserziehungskoordinatorin. Wer den Schulweg ohne erwachsene Begleiter zurücklege, gewinne an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, sagt sie und weist auf die aktuelle Kampagne "Wer selber geht, der ist schon groß" des Arbeitskreises "aber sicher!" hin, dem auch der WESER-KURIER angehört. In dem Rahmen sollen noch 25.000 Flyer zu sicheren Schulwegen verteilt und eine Plakataktion gestartet werden.