Fünf Jahr nachdem die letzte fußläufige Einkaufsmöglichkeit in Tenever geschlossen wurde, deutet sich nun der Bau eines Supermarktes auf dem sogenannten Nordquartier an der Neuwieder Straße an. Durch mögliche Klagen könnte es allerdings zu Verzögerungen kommen. In einer Einwohnerversammlung hatten die Anwohner die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern.
Fertig ausgearbeitete Pläne und Skizzen bekamen die Besucher in der Einwohnerversammlung noch nicht zu sehen, dafür ist das gesamte Verfahren noch in einem zu frühen Stadium. Derzeit wird an dem nötigen Bebauungsplan gearbeitet, der für das Gebiet nördlich der Otto-Brenner-Allee überhaupt die notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen soll. Derzeit stehen auf dem Gelände Container, in denen zuvor geflüchtete Menschen und derzeit Wohnungslose untergebracht sind. Nördlich schließt sich der sogenannte Kulturhügel an, auf dem die Stadtteiloper aufgebaut wird.
Vorgesehen ist nun der Bau eines Supermarktes an der Ecke Neuwieder Straße und Otto-Brenner-Allee. Der Clou: der hintere Teil des Supermarktes soll zum Teil in den Hügel gebaut werden. Teil des vorgestellten Entwurfs sind außerdem zwei Gebäudekomplexe mit 27 geförderten Sozialwohnungen.
Soweit die Grundzüge des Vorhabens. Claudia Dappen vom Planungsbüro BPW Stadtplanung, das von der Grundstückseigentümerin Gewoba den Auftrag zum Bebauungsplanverfahren bekommen hatte, erläuterte einige Details.
"Das Zentrenkonzept sieht in Tenever eine Nahversorgung vor, weil derzeit 6000 Menschen keine fußläufige Einkaufsmöglichkeit haben", so Dappen. Das Zentrenkonzept, das 2019 in einer aktualisierten Form veröffentlicht wurde, gibt Standorte für Supermärkte, Baumärkte und Drogerien vor. Es soll auf der einen Seite Wildwuchs verhindern, andererseits sicherstellen, dass alle Menschen in allen Stadtteilen ähnliche Versorgungsmöglichkeiten haben und sich Supermärkte nicht auf einige wenige Standorte konzentrieren oder aber Stadtteilzentren durch zu viel Konkurrenz geschwächt werden.
Ein solches Zentrum gibt es allerdings im Schweizer Viertel: Supermärkte, eine Drogerie, mehrere Geschäfte. "Deswegen gab es eine Prüfung, ob an der Neuwieder Straße ein Discounter oder ein Vollsortimenter möglich ist", sagte Dappen. Als Vollsortimenter werden Supermärkte bezeichnet, die neben Lebensmitteln auch Kleidung und Drogerieartikel anbieten. "Das Ergebnis war, dass ein Vollsortimenter eine Fläche von 1500 Quadratmetern nicht überschreiten darf", so Dappen. Grundsätzlich ist also ein Supermarkt auf der Fläche möglich.
Aykut Tasan, scheidender Quartiersmanager im Schweizer Viertel, wandte ein: "Gibt es Gespräche mit den Interessensvertretern des Schweizer Viertels?" Er habe gehört, dass möglicherweise Klagen möglich seien. Die Sorge des Quartiersmanagers: Ein Klageverfahren von Geschäftsinhabern aus dem Schweizer Viertel, die sich von dem Vorhaben bedroht fühlen, könnte das gesamte Projekt verzögern.
Jörn Ehmke, Abteilung Stadt- und Quartiersentwicklung bei der Gewoba, sieht das Wohnungsbauunternehmen auf der sicheren Seite. "Wir haben ein Gutachten und danach richten wir uns." Und offenbar an die Adresse der Interessengemeinschaft gerichtet, die an diesem Abend nicht anwesend war, fügte er hinzu: "Man könnte auch mal zuhören, was die Menschen in Tenever wollen, und die wollen in Tenever einkaufen gehen."
Tatsächlich waren an diesem Abend auch einige Anwohner anwesend. Stellvertretend für die Anwohner aus dem Quartier ergriff Mihdiye Akbulut vom Mütterzentrum Tenever das Wort. "Jeder weiß, dass in Tenever viele Familien mit großen Familien wohnen und die sind auf eine Nahversorgung im direkten Umfeld angewiesen."
Beirätin Silvia Suchopar (Linke), die an der Neuwieder Straße wohnt und sich seit der Schließung des letzten Supermarktes für einen Ersatz stark gemacht hatte, fand Lob für die Pläne. "Was ich gesehen habe, finde ich gut."
Beiratssprecher Wolfgang Haase (SPD) sprach von einem "guten Tag" für Tenever. "Ich bin begeistert von der pfiffigen Lösung für den Supermarkt." Er freue sich außerdem, dass die nördlichen Grünflächen erhalten blieben.
Auf einen konkreten Zeitplan wollte sich Jörn Ehmke hingegen nicht festlegen. "Das ganze Projekt dauert schon ewig und ich würde ihnen Quatsch erzählen, wenn ich ihnen jetzt eine Zeitschiene aufstelle." Er hoffe aber, dass die Gewoba im kommenden Jahr den Bauantrag stellen könne. "Das ist nicht schön für die Leute, die jetzt einkaufen wollen, aber es muss auch alles untersucht werden und das ist auch richtig so."
In einem nächsten Schritt wird sich der Beirat mit der Aufstellung des nötigen Bebauungsplans beschäftigen. Dann haben Bürger und Anwohner erneut die Möglichkeit, ihre Wünsche, Anregungen und Bedenken einzubringen.
Die aktuellen Planungsunterlagen für den Bebauungsplan sind auf der Seite des Bauressorts zu finden.