Steffen Rathsmann ist der Mann für den öffentlichen Baumschutz beim Bremer Umweltbetrieb (UBB). Wie genau seine Arbeit vor Ort aussieht und was alles zu seinen Aufgaben zählt, dazu hat ihn jetzt der Umwelt- und Klimaausschuss des Schwachhauser Beirats befragt. Dort ist man seit geraumer Zeit der Auffassung, dass der Baumschutz insbesondere bei Bauvorhaben oft zu kurz kommt. Zahlreiche Beschwerden gab es zuletzt vor allem im Zusammenhang mit dem Glasfaserkabelausbau im Stadtteil. Entsprechend groß war das Interesse des Ausschusses an geltenden Auflagen – und deren Überwachung.
Rund 600 Baustellen hatte Rathsmann im vergangenen Jahr im gesamten Stadtgebiet zu betreuen – allein. Seit Kurzem habe er nun Verstärkung durch einen Kollegen bekommen, berichtete er. Während er kleinere Baustellen mitunter vom Schreibtisch aus betreuen kann, werden größere oft mehrfach von ihm besucht. Zum einen, um nach dem Rechten zu sehen, zum anderen aber auch, wenn die Poliere vor Ort eine konkrete Frage zu einzelnen Baumstandorten haben, die geklärt werden müssen.
Unangemeldete Kontrollbesuche
Seine Kontrollbesuche kündigt Rathsmann nicht an. Er erscheint unangemeldet auf den Baustellen – mit der Kamera im Gepäck, um zu dokumentieren, ob die Baumschutzauflagen eingehalten wurden oder nicht. Auch sein Merkblatt hat er immer dabei, auf dem anhand von Bildern dargestellt ist, was es auf Baustellen alles im nahen Umfeld von Bäumen zu beachten gilt. Die Bilder seien wichtig, da er auf Baustellen häufig Mitarbeiter antreffe, die nur bedingt Deutsch verstünden, erklärte Rathsmann. Zu den Prioritäten des Merkblatts zählen der Stamm- und der Wurzelschutz, die in Form von Holzzäunen und Stahlplattenabdeckungen sichergestellt werden müssen. Baumaterialien, Fahrzeuge und gefährliche Substanzen haben indes nichts im Wurzelbereich der Bäume verloren, wie auf den Abbildungen des Merkblatts unmissverständlich zu erkennen ist.

Baumaterialien, die auf dem Wurzelbereich der Bäume abgestellt werden, verdichten laut Steffen Rathsmann vom UBB die Erde bis in die tiefen Schichten, was zu Sauerstoff- und Nährstoffmangel führe.
Wie sehr sich Theorie und Praxis vor Ort mitunter voneinander unterscheiden, verdeutlichte Rathsmann dem Ausschuss anhand mehrerer Fotos aus seinem Arbeitsalltag. Die zeigten unter anderem voll geladene Container unterhalb von Bäumen, Baumaterialien, die an Baumstämmen lehnen und Baggerarbeiten im Wurzelbereich einer 120 Jahre alten Eiche. In Fällen wie diesen bekomme der zuständige Polier eine Frist gesetzt, bis wann die Baufirma den entstandenen Schaden behoben haben müsse, erklärte Rathsmann. Allein die Grabungen an der Eiche hätten einen erheblichen Schaden angerichtet, der nur mit immens hohem Kosten- und Arbeitsaufwand behoben werden konnte, berichtete er. Die Lagerung von Baumaterialien auf dem Wurzelbereich der Bäume ist laut des UBB-Mitarbeiters deshalb so problematisch, weil die Erde dadurch bis in die tiefen Schichten verdichtet werde – was zu Sauerstoff- und Nährstoffmangel führe.
Die Ursachen für das Fehlverhalten auf Baustellen seien unterschiedlich, erklärte Rathsmann. Mal sei es Unwissenheit, mal Desinteresse am Thema Baumschutz. Daher komme es auch vor, dass er mit einigen Polieren wiederholt in Kontakt treten müsse, um an die Auflagen zu erinnern. In solchen Fällen wende er mitunter auch „erzieherische Maßnahmen“ an, berichtete er. Dazu zähle zum Beispiel eine Schulung für Fahrer und Vorarbeiter, in der er zwei Stunden lang zum Baumschutz referiere, um mehr Bewusstsein für das Thema zu schaffen.
Beispiele aus Schwachhausen
Beispiele aus Schwachhausen, bei denen Baufirmen Baumschutzauflagen ignorierten, gibt es den Schilderungen der Ausschussmitglieder zufolge reichlich. Gudrun Eickelberg (Grüne) berichtete von ihren Beobachtungen der Wesernetz-Glasfaserarbeiten im Bereich der Benquestraße, wo Bagger unmittelbar im Wurzelbereich von Bäumen gegraben hätten. Überhaupt sei der Baumschutz dort während der gesamten Maßnahme nicht eingehalten worden – auch nach einer Kontrolle durch den UBB nicht, so Eickelberg.
Daher stelle sich die Frage, mit welche Konsequenzen eine Firma überhaupt zu rechnen habe, wenn sie gegen die Baumschutzauflagen verstoße. „Wir können die Verstöße lediglich weitergeben“, erklärte Rathsmann. Eine Befugnis, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, habe der UBB nicht.
Erneute Auftragsvergabe
Im Fall Benquestraße habe er sich infolge seiner Kontrolle bei Wesernetz über die besagte Firma beschwert, berichtete Rathsmann. Diese sei in diesem Jahr dennoch zu Rathsmanns großem Unverständnis erneut von Wesernetz mit Glasfaserarbeiten beauftragt worden. Ortsamtsleiter Ralf Möller äußerte sich zur wiederholten Auftragsvergabe von Wesernetz an die besagte Firma ebenfalls verwundert, da das Umweltressort (SKUMS) dem Beirat erst im vergangenen Jahr mitgeteilt habe, dass Firmen, die sich mehrfach nicht an Baumschutzauflagen gehalten haben, von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Auf Nachfrage des Stadtteil-Kurier berichtet dazu eine Sprecherin des Umweltressorts, dass ein solches Ausschlussverfahren zwar Teil des geplanten Handlungskonzepts „Stadtbäume“ sei, sich juristisch allerdings als schwierig erweise. „Daher lassen wir einen möglichen Ausschluss bestimmter Firmen zurzeit noch genauer vergaberechtlich prüfen“, erklärt sie.
Im Schwachhauser Umweltausschuss regte Vera Helling (Grüne) angesichts von Rathsmanns Schilderungen an, den Kontakt zwischen der Polizei und dem UBB zu intensivieren, damit Verstöße künftig direkt geahndet werden könnten. Rathsmann begrüßte diesen Vorschlag und hob außerdem eine Novellierung der Bremer Baumschutzverordnung als wichtigen Schritt hervor, die bislang in vielen Punkten wenig konkret sei – „da muss dringend nachjustiert werden“.