Die Schule steht. Anderthalb Jahre nachdem die alte Grundschule am Baumschulenweg abgerissen worden ist, wird das Richtfest vom Neubau gefeiert. Mehrere Hundert Kinder haben sich am Bauzaun versammelt und hören Lars Beulke zu. Der Schulleiter erzählt, dass er zufrieden mit dem bisherigen Ablauf ist und berichtet vom außergewöhnlichen Schulalltag der vergangenen Monate.
Sascha Aulepp (SPD), die neben Beulke steht, ist begeistert, wie geduldig sich Schüler und Lehrerkollegium mit dem Schulleben in den Übergangscontainern arrangieren, sagt sie. Dass die Frau im roten Blazer Bremens neue Bildungssenatorin ist, hat der Schulleiter den Kindern bei der Begrüßung erklärt. Entsprechend beeindruckt lauschen die Schüler ihren Ausführungen. Für eine Gruppe Jungen in der ersten Reihe ist allerdings ein anderer Gast der Star der Veranstaltung: Robert Bleschert, den Beulke als Architekt des Neubaus vorstellt. Die drei Jungs jubeln ihm begeistert zu. Auf die Verständnisfrage eines Mitschülers aus der zweiten Reihe, was genau denn der Herr Bleschert so Besonderes getan habe, raunt einer der frenetisch Applaudierenden: „Mensch, der hat sich die Schule ausgedacht!“
Herausforderungen für den Architekt
Später beim Rundgang durch den Neubau berichtet Bleschert von den Herausforderungen, vor die ihn der Untergrund der Schule anfangs gestellt hatte. Der besteht nämlich zum Großteil aus Torf, weshalb Teile der alten Schule mit den Jahren immer weiter abgesackt waren. Dazu komme ein vergleichsweise hoher Grundwasserspiegel. „Mit so einem schwierigen Bauuntergrund habe ich es bisher selten zu tun gehabt“, erzählt der Architekt. Man habe tief graben müssen, um dem Neubau ein verlässliches Fundament zu verpassen. Und nicht nur ihm. Ein Flügel der alten Grundschule sei erhalten worden und nachträglich ebenfalls mit einem neuen Fundament ausgestattet worden, erzählt Bleschert. Dort werde im Obergeschoss die Verwaltung untergebracht und im Parterre die Fachräume, außerdem ein Pausenraum für Regentage.
Im zweigeschossigen Neubau der Schule gibt es pro Etage acht Klassenräume. Jeweils zwei von ihnen sind über einen Differenzierungsraum miteinander verbunden. Um den Schülern eine gewisse Überschaubarkeit zu erhalten, sollen auf den Etagen sogenannte Cluster-Einheiten entstehen. Gemeint sind Kooperationen von jeweils zwei ersten und dritten Klassen sowie zwei zweiten und vierten Jahrgängen. Neben der räumlichen Nähe setzt das Kollegium auch auf eine verstärkte Vernetzung der jeweiligen Lehrer untereinander und auf Schüler-Paten. Was früher einfach nur ein Flur gewesen wäre, ist im neuen Trakt der Grundschule deutlich großzügiger angelegt und darf aufgrund entsprechender Brandschutzvorkehrungen künftig als Gemeinschaftsraum genutzt werden – inklusive kleiner Küchenzeile. „Das ist eine enorme räumliche Verbesserung für unsere Schule“, betont Rektor Beulke. Wie genau der Gemeinschaftsraum eingerichtet werden soll, sei noch offen. Das soll sich im Schulalltag entwickeln, sagt er. Damit es nicht am Bedarf der Schüler vorbeigehe.
Bei ihrer Planung wurde die Grundschule am Baumschulenweg neben der Elternschaft vor allem auch durch ein Beratungsteam von Schulbauexperten unterstützt. Das war von den Montag-Stiftungen beauftragt und bezahlt worden, nachdem sich die Schule dort erfolgreich für das Pilotprojekt „Schulen planen und bauen“ beworben hatte. Mit dem Neubau habe die Grundschule die seltene Chance bekommen, das neue Gebäude ganz konkret auf die Bedürfnisse der Schule zuzuschneiden, sagt Beulke. Als Beispiel nennt er die direkten Zugänge der Klassenräume zum Außengelände. Hier spiele sich schließlich ein Großteil des täglichen Unterrichts ab, sei es im Bauerngarten oder im Hühnergehege, betont der Schulleiter. Auch die überdurchschnittlich großen Fenster wurden auf Wunsch der Schule eingebaut, um die neuen Räume so hell, offen und freundlich wie möglich zu gestalten.
13 Millionen Euro Baukosten
Bezüglich der Kosten für den Neubau und die Sanierung des Altbautrakts geht man im Bildungsressort aktuell von 13 Millionen Euro aus. Durch die aktuellen Preissteigerungen im Baugewerbe könne es aber auch teurer werden, teilt Ressort-Sprecher Aygün Kilincsoy mit. Dass die Kosten 2019 von der Behörde noch mit 13,8 Millionen Euro beziffert worden waren, habe vermutlich daran gelegen, dass man die Kosten für die Containeranlage (1,8 Millionen Euro) zu den zunächst veranschlagten zwölf Millionen Euro für Neubau und Sanierung addiert habe, sagt Kilincsoy.
Wenn alles nach Zeitplan läuft, wird die neue Grundschule Ende des Jahres fertig sein, sagt Architekt Bleschert. Anfang kommenden Jahres könne der Schulbetrieb dann aufgenommen werden. Versprechen könne er aber angesichts der Engpässe bei den Materiallieferung nichts. „Wir hatten bereits massive Probleme, das Holz für die Fenster und den Dachstuhl zu bekommen“, erzählt er.
Die Zimmerleute auf dem Dach haben ihren Richtspruch aufgesagt und erfolgreich eine Kornflasche am Dachbalken zerschlagen. Die Schüler singen zum Abschluss ihr Schullied, bevor sie in ihre Klassen zurückgehen. Obwohl für die erwachsenen Gäste draußen ein Buffet aufgebaut ist, verabschieden sich die Kinder zügig und ohne Murren. Beulke verrät, warum. „Drinnen gibt es für alle ein Eis!“