Erlaubt war das Parken am Ufer des Torfkanals schon vorher nicht. Weil sich aber viele nicht daran hielten, soll es nun unmöglich sein. Seit einigen Tagen, rechtzeitig vor Beginn des Freimarkts, säumen 400 Pfeiler den Uferstreifen entlang der Findorffallee. In Leserkommentaren und in den sozialen Netzwerken wurde diese Neuigkeit lebhaft diskutiert. Während die einen die Aktion begrüßen, kritisieren die anderen Kosten, Optik und den Verlust der Parkplätze. Im Findorffer Beirat und im Bürgerpark hätte man viel lieber auf die drastische Maßnahme verzichtet. Doch man ist sich dort weitgehend einig: Es tat Not, es musste sein. Auf Verkehrsüberwachung werde man dennoch nicht verzichten können.
„Hirnrissig“ und „hässlich“ findet zum Beispiel Leser Jens Wunderlich die Pfeilerreihe. „Unmöglich, wie das aussieht“, pflichtet Jürgen Löther ihm bei. Mehr als 30 Jahre lang hätten dort Autos gestanden, sagt Volker Höpfner, „und alle Bäume haben das überlebt.“ Die Bremer Steuerzahler wäre es günstiger und wirkungsvoller gekommen, „die Falschparker konsequent zur Kasse zu bitten“, sagt Karla-Sabine Heering. John Wick fürchtet, dass sich die Autos andere Parkplätze suchen und es für die Findorffer dann noch schlimmer wird. Die Stadt solle über mehr Parkplätze nachdenken, fordert Bernd Vast. Auch Sven Ebensen geht davon aus, dass sich wesentlich mehr Menschen darüber gefreut hätten, wenn man an dieser Stelle befestigte Parkplätze gebaut hätte. „Wer hat denn so was geplant?“, fragt sich Henning Krull.
Die Antwort: Die Pfähle sind einer der Pfeiler des Verkehrskonzepts, mit dem die verkehrliche Situation vor allem in Zeiten von Großveranstaltungen rund um die Bürgerweide unter Kontrolle gebracht werden soll. Tim Großmann erinnert sich noch lebhaft an den Freimarkt 2018: „Eine Vollkatastrophe“, sagt der Bürgerpark-Direktor. An manchen Tagen habe er bis zu 70 Fahrzeuge gezählt, die unberechtigt im Park abgestellt waren. Nicht nur während Freimarkt und Osterwiese, sondern auch bei anderen publikumsträchtigen Ereignissen auf der Bürgerweide werde der Bürgerpark rücksichtslos zugeparkt. „Das Parken, Rangieren und Drehen ist nicht nur Gift für die Bäume. Es ist auch ein Sicherheitsproblem“, sagt Großmann. „Am Schönsten wäre es natürlich, wenn die Autos dort erst gar nicht geparkt hätten. Aber so wie es ist, ist die Maßnahme aus fachlicher und sachlicher Sicht wichtig und richtig.“
Dieselben verzinkten Stahlpfähle würden einheitlich für den Baumschutz in der ganzen Stadt eingesetzt, erklärt Kerstin Doty, Sprecherin des Umweltbetrieb Bremen. An der Findorffallee wurden sie im Abstand von 1,70 Metern in Betonfundamente gesetzt. „Beim Einbau wurde natürlich darauf geachtet, dass es keinen Wurzelkontakt gibt. Dadurch variiert der Abstand teilweise je nach Baum und Wurzelwuchs.“ Findlinge, wie sie der Findorffer Beirat am liebsten gesehen hätte, seien keine geeignete Option, weil sie bei Kollisionen größere Schäden an Fahrzeugen verursachen können. Vor allem aber würden sie – ebenso wie die Autos – für eine erhöhte Bodenverdichtung sorgten. „Für einen Straßenbaum bedeutet das, dass die Wurzeln keine Nährstoffe und keinen Sauerstoff mehr bekommen. Dadurch können sie absterben und somit auch der Baum.“
Schönere Lösungen wurden ignoriert
Die Hälfte der Kosten in Höhe von 20 000 Euro trägt die Stadt, je 5000 Euro steuerten die Beiräte Findorff und Schwachhausen bei. Im Rahmen einer Beiratssitzung Anfang September hatte man dem Deal nolens volens zugestimmt, erklärt die Findorffer Beiratssprecherin Anja Wohlers (Grüne). „Aus Sicht des Beirats hätte die Stadt die Gesamtkosten tragen müssen. Wir sind in die Bresche gesprungen, weil es uns wichtig war, dass sich die Verkehrssituation vor Ort bereits in diesem Jahr deutlich verbessert.“
Von einer „Verschandelung“ zu sprechen, wie es im Netz zu lesen sei, halte sie aber für übertrieben. „Sobald das Gras des Uferstreifens wieder nachgewachsen ist, sollte sich das Gesamtbild wieder verbessern.“ Auch August Kötter, Sprecher der CDU-Fraktion, hofft, „dass die Bremer für diese notwendigen, aber gerechtfertigten Kosten Verständnis haben.“ Er erinnert daran, dass Findorffer Beiratsmitglieder vor 35 Jahren zu Spaten und Schaufel gegriffen hatten, um zahlreiche Bäume in die Uferböschung einzupflanzen. „Diese Bäume helfen inzwischen seit Jahrzehnten mit, Kohlendioxid in Sauerstoff umzuwandeln.“
Den dringenden Handlungsbedarf bestätigt Linken-Sprecherin Claudia Vormann: „Es ist traurig, zu welch massiven Maßnahmen wir inzwischen greifen müssen, um illegalen Parkraum unattraktiv zu machen. Schönere Lösungen, wie die Baumstämme zur Osterwiese wurden leider zum Teil ignoriert oder zur Seite geschoben.“ Das erträgliche Maß sei „lange überschritten“, so Vormann.
Auch für diese Sicht der Dinge gibt es unter den Leserkommentaren Zustimmung. So schreibt Lisa Schröder: „Die Bäume werden jetzt vernünftig geschützt“. Die Findorfferin Pia Frische freut sich darauf, „dass der Bürgerpark dann in Zukunft nicht mehr zugeparkt ist und mensch mit dem Rad da wieder lang fahren kann.“ Ingeborg Kosmala konstatiert: „Es wurde schon mehr Geld für größeren Blödsinn ausgegeben.“
Die Stadt werde sich trotz der Pfähle die Verkehrsüberwachung nicht sparen können, betont Beiratssprecherin Wohlers, um zu kontrollieren, dass Autos nicht einfach davor geparkt werden. Im Sinne der Anwohner sei außerdem wichtig, dass das vom Findorffer Beirat beschlossene und auch von der Polizei befürwortete „Schutzkonzept“ umgesetzt werde: Es sieht in sämtlichen umliegenden Wohnstraßen Durchfahrtverbote für auswärtige Fahrzeuge vor. Die Antwort der Behörde auf den Beiratsantrag steht noch aus.