Bei einer Benefizaktion der St.-Ansgarii-Kirchengemeinde für Obdachlose traf Uta Michael eine Frau, die sich kümmert: Roswitha Finger. Mit einem Dutzend Ehrenamtlicher organisiert Finger Dienstag für Dienstag das Frühstückscafé für Obdachlose und Bedürftige.
Das macht sie seit Gründung des Frühstückscafés vor sieben Jahren. „Wir lassen nur in den Sommerferien ein paar Dienstage aus und den Dienstag nach Ostern, weil wir dafür nicht frisch einkaufen können“, sagt Roswitha Finger. Jeden Mal kommen etwa 120 Bedürftige und Obdachlose. In den Wintermonaten können sie sich im Saal der Ansgarii-Gemeinde aufwärmen und im Sommer Schatten suchen oder Schutz vor Regen, zusätzlich bekommen sie ein kostenloses Frühstück mit Kaffee, Tee oder Wasser, mit Brötchen und Wurst, Käse und Marmelade, garniert mit Vitaminreichem wie Gurke, Tomaten oder Salat.
An diesem Dienstag sind aus der Grundschule an der Carl-Schurz-Straße fast 50 Schüler gekommen, um den Frühstücksgästen Frühlingslieder vorzusingen und vor allem, um ihnen kleine gebastelte Schachteln, hübsch österlich dekoriert, mit Nützlichem und Naschwerk zu schenken. Uta Michael hat sie begleitet. Sie ist pädagogische Mitarbeiterin der Carl-Schurz-Schule und hatte nach der Benefizveranstaltung in der St.-Ansgarii-Gemeinde die Kinder befragt, ob sie schon einmal Obdachlosen begegnet seien.
Gleich zeigten die Schüler der ersten und zweiten Klassen, die Uta Michael in unterrichtsfreien Stunden betreut, ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl. Alle kannten Obdachlose in Bremen, waren ihnen auf Straßen schon begegnet. Die jungen Schüler überlegten, wie sie helfen und unterstützen könnten und sammelten bei ihren Eltern. Von Zahnbürsten über Seifen, von Kamm bis Bürste, von Bonbons bis Schokoriegel trugen sie zusammen, was in kleine Schachteln zum Verschenken passte. Nicht nur Eltern beteiligten sich gern, sondern auch andere Schüler der Grundschule an der Carl-Schurz-Straße wie zum Beispiel Viertklässler aus Patenklassen, die sich durch Dekorieren der Schachteln, auch wenn sie wegen des Unterrichts nicht mit zum Dienstagscafé gehen konnten, beteiligten.
Für Obdachlose ansprechbar
Obdachlosenseelsorger Harald Schröder kennt viele Bremer Obdachlose persönlich und darum auch ihre Lebensgeschichten. Wie an vielen Dienstagen ist er auch heute für die Wohnungslosen und für ihre Sorgen ansprechbar. Er freut sich über die positive Aufmerksamkeit, die Kinder heute zeigen und die den auf der Straße Lebenden nicht sonderlich oft so freizügig zuteil wird. Die Schüler laufen mit den Schachteln in Osterpapier von Tisch zu Tisch und bieten an, was sie den Obdachlosen zugedacht haben. Als die Schachteln verteilt sind, laufen noch einige los, holen Kaffee zum Nachgießen oder Milch und Zucker oder noch ein paar Scheiben Wurst.
Uta Michael hat den Stundenplan im Kopf, als sie die Schüler zum zweiten Lied vor dem Abschied zusammenruft und mit der Gitarre die Vogelhochzeit anstimmt. Dann wird es ruhiger im Saal. Die Aufregung der Aktion ist vorbei. An vielen Tischen sitzt einer alleine, an anderen zwei oder drei zusammen. Gesprochen wird spärlich, gegessen gut. Nur Harald Schröder hat sich mit besorgten Obdachlosen zum Hilfegespräch zurückgezogen.
Mit Benefizaktionen versucht die Kirchengemeinde seit sieben Jahren, das Dienstagscafé für Obdachlose am Laufen zu halten und steht damit immer auf unsicheren Beinen. Jede Woche Frühstück für 120 Menschen, die kein Zuhause haben, zur Verfügung zu stellen, ist nicht immer einfach. „Vielleicht“, hofft Uta Michael, die solche Aktionen mit Kindern gerne wiederholen würde, „haben ja Eltern fünf oder zehn Euro im Monat regelmäßig über und können dem Dienstagscafé damit Sicherheit geben.“ Den Kindern und den Wohnungslosen hat die Aktion und haben die Begegnungen gefallen, das war deutlich.
St.-Ansgarii-Gemeinde, Schwachhauser Heerstraße 40, Dienstagscafé 9 bis 12 Uhr.