Köln und Stuttgart haben eine, Hannover und München ebenfalls – nun soll auch in Schwachhausen eine Wanderbaumallee entstehen. So jedenfalls plant es gerade eine Arbeitsgruppe der Grünen, SPD und Linken innerhalb des Schwachhauser Beiratsausschusses für Umwelt und Klimaschutz. Wie der Name es erahnen lässt, sieht das Konzept der Wanderbaumalleen eine Begrünung von Straßen auf Zeit vor. Zu diesem Zweck werden die Bäume in Kübel oder eigens dafür konzipierte Holzkästen gepflanzt. Auf Rollbrettern oder mit Reifen und Handgriffen ausgestattet lassen sich die Baumkübel dann bei Bedarf an ihren jeweiligen Bestimmungsort rollen.
In München, Stuttgart, Köln und Hannover wechseln die Bäume etwa einmal pro Monat ihren Standort, damit möglichst viele Straßen von den Vorzügen der zusätzlichen Begrünung partizipieren können. In Schwachhausen will sich die Arbeitsgruppe zunächst einmal auf eine Straße konzentrieren. Die Wahl sei auf die Graf-Moltke-Straße gefallen, berichtet Markus Gonther (Grüne). Eine Allee im klassischen Sinne wird im ersten Probejahr allerdings noch nicht entstehen. Die Gruppe plant derzeit einen Versuch mit bis zu drei Bäumen. Deren Holzkübel sollen zusätzlich mit Bänken ausgestattet werden, um neue Sitzmöglichkeiten und Blickwinkel zu schaffen, erläutert Gonther. „In den Kübeln können die Bäume problemlos bis zu drei Jahre stehen und wachsen.“ Werde das Projekt vom Stadtteil und vor allem von den Anwohnern positiv aufgenommen, soll die Anzahl der Bäume aufgestockt werden und die Baumallee perspektivisch auch in andere Straßen Schwachhausens wandern. Sei es zudem möglich, dass die Bäume an Ort und Stelle eingepflanzt werden können, sei dies ein weiterer nächster Schritt. „Die Wanderbäume sollen nach Möglichkeit an Ort und Stelle, mindestens aber im Stadtteil selber eingepflanzt werden“, sagt Gonther. „Wenn beide Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist eine Pflanzung in anliegenden Stadtteilen vorgesehen.“
Bäume statt Parkplätze
Aktuell gelten potenzielle Baumstandorte in Schwachhausen allerdings als ausgesprochen rar. Deutlich wurde dies zuletzt in den Diskussionen rund um die Verlegung der SWB-Fernwärmetrasse. In deren Zuge müssen diverse Bäume ersetzt werden, was aber aus Expertensicht nur in geringem Umfang in Schwachhausen möglich sein wird. Auf Nachfrage, wie das mit den Plänen der Arbeitsgruppe zusammenpasst, erklärt Gonther: „Unseres Erachtens sind noch nicht alle möglichen Baumstandorte ausreichend geprüft worden.“ Die Graf-Moltke-Straße besitze viel Parkraum, der bisher nicht angetastet worden sei. „Die Standorte könnten dann zwar zulasten der Parkplätze gehen, aber zu einem deutlich attraktiveren Aufenthaltsklima führen“, sagt der Grünen-Politiker. Da die Leitungen und Abwasserkanäle zum Teil unterhalb der Bürgersteige lägen und nicht unterhalb des gesamten Straßenraums, bestehe durchaus noch die Möglichkeit, Flächen zu entsiegeln und Baumstandorte zu schaffen.
Beim Umweltbetrieb Bremen (UBB) liegt der Fokus derzeit ebenfalls auf der Erweiterung von Standortmöglichkeiten. Das dafür im Umweltressort entwickelte Handlungskonzept „Bäume der Stadt“ setzt darauf, nachhaltige Standorte zu entwickeln, an denen die Bäume alt werden können. Dafür sollen kritische Standorte optimiert und Bodeneigenschaften im Wurzelraum verbessert werden. Bei Neupflanzungen sollen zudem klimaresistente Strauch- und Baumarten ausgewählt werden. Ergänzend zu den genannten Maßnahmen sollen außerdem an bestimmten Einzelstandorten innovative Strategien zur Belüftung, Düngung, Bodenverbesserung sowie Bewässerung erprobt werden. „Wanderbäume bieten sich als temporäre Begrünung für Flächen an, auf denen sonst keine Bäume stehen können“, erklärt UBB-Sprecherin Kerstin Doty auf Nachfrage. „Man muss sich aber klarmachen, dass eingetopfte Bäume mit dem engen Wurzelraum kaum Überlebens- und Wachstumschancen haben.“ Darüber hinaus bedeute der ständige Standortwechsel Stress für die Bäume, die außerdem immer auf manuelle Bewässerung angewiesen seien.
Anwohner sollen Paten werden
Bezüglich der Pflege der Bäume setzt die Wanderbaum-Arbeitsgruppe des Schwachhauser Umweltausschusses auf Patenschaften von Anwohnern, Vereinen oder Schulen, „sodass auch eine direkte Bindung an die Straße oder den Stadtteil gegeben ist“, sagt Gonther. Die Pflegepatenschaft für eine Wanderbaumallee müsse freilich im Vorfeld mit den Anwohnern geklärt werden. „Falls größeres Interesse besteht, ist auch eine geteilte Patenschaft möglich“, betont er.
Zurzeit ist die Arbeitsgruppe dabei, eine Machbarkeitsstudie in Zusammenarbeit mit einer lokalen Baumschule zu erstellen. In deren Rahmen werden Pflanzkübel auf ihre Eignung getestet, mögliche Baumarten geprüft und eine erste Kostenschätzung erhoben, berichtet Gonther. Danach soll das Thema erneut im Ausschuss auf die Tagesordnung gesetzt werden, um über die Kosten zu sprechen. Finanzieren möchte die Arbeitsgruppe die Wanderbaumallee aus dem Stadtteilbudget des Beirats. „Bei positivem Beschluss durch den Ausschuss und den Beirat sind zunächst Patenschaften zu sammeln, wobei pro Baum mindestens eine Patenschaft Voraussetzung ist“, sagt Gonther. Danach könne das Projekt in der Graf-Moltke-Straße starten. „Ziel ist es, noch in diesem Jahr die ersten Bäume im Stadtteil aufzustellen und mit der ersten Testphase zu beginnen.“