Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Energiebilanz Bremer Abwasser Klärwerk arbeitet klimaneutral

Bevor die Anlage in Seehausen 1966 ihre Arbeit aufnahm, gab es überhaupt keine Reinigung der Bremer Abwässer. Heute erzeugt das Werk aus den Faulgasen des Klärschlamms mehr Energie, als es selber verbraucht.
16.08.2023, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Klärwerk arbeitet klimaneutral
Von Timo Thalmann

„Nach Kölnisch Wasser wird es nie riechen“, sagte der damalige Bremer Bausenator Wilhelm Blase im September 1966, als er mit Bürgerschaftspräsident Willy Dehnkamp feierlich an einem Drehschieber kurbelte und damit die Kläranlage in Seehausen in Betrieb nahm. Zuvor flossen die Bremer Abwässer vollständig unbehandelt in die Weser. Dass der Fluss die Brühe ordentlich verdünnt, war bis dato das Reinigungskonzept.

Aber auch die Kläranlage startete bescheiden: Zunächst entfernten Rechen nur die groben Schmutzstoffe aus dem Abwasser. Und in sogenannten Vorklärbecken sanken die festen Stoffe zu Boden, Fette schwammen auf und wurden zusammen mit dem Klärschlamm am Beckengrund abgepumpt. Die auch seinerzeit schon mögliche biologische Reinigung sparte man sich mit der Begründung, dass die so gereinigten Abwässer wesentlich sauberer seien als die Weser, eine solche Mühe also gewissermaßen vergeblich sei.

Lesen Sie auch

Fast 20 Jahre lang blieb das so, bevor ab 1984 eine biologische Reinigungsstufe die Arbeit aufnahm. Erstmals wurden so auch die im Wasser gelösten umweltbelastenden Substanzen behandelt. Die biologische Reinigung wurde ab Mitte der Neunzigerjahre weiter bis zum heutigen Qualitätsstandard ausgebaut.

Seit dem Start haben sich Menge und Zusammensetzung des Schmutzwassers geändert. Manche Stoffe aus Wasch- und Reinigungsmitteln sind inzwischen verboten, gewerbliche Einleiter strenger reguliert und es wird mehr Wasser gespart: Bei der Eröffnung 1966 wurden täglich bis zu 150.000 Kubikmeter Wasser gereinigt – bei nur rund 400.000 angeschlossenen Einwohnern. Heute sind es 130.000 Kubikmeter Abwasser von rund einer Million Menschen, denn neben Bremen liefern auch Stuhr, Weyhe, Lilienthal, Ritterhude, Schwanewede, Lemwerder, Achim und Oyten ihre Abwässer nach Seehausen.

In Sachen Energieverbrauch war die Anlage vom ersten Tag an prinzipiell unabhängig. Der abgesetzte Schlamm aus den Klärbecken wurde damals bereits genauso wie heute in seinerzeit zwei 35 Meter hohe Faultürme gepumpt, in denen die organischen Anteile von Bakterien zersetzt werden. Dass dabei entstehende Methangas wurde als Brennstoff für Heizkessel und Stromgeneratoren genutzt. Falls das eigene Methan mal nicht ausreichte, wurde auf zusätzliches Heizöl ausgewichen.

Mehrfach modernisiert wird heute ein Blockheizkraftwerk mit dem Methan betrieben – ohne jedes Heizöl. Stattdessen liefert eine Zwei-Megawatt-Windkraftanlage Strom. Das Klärwerk ist dadurch nicht nur klimaneutral, sondern produziert mit einem Eigenversorgungsgrad von 130 Prozent sogar Energie-Überschüsse. „Wir sind eigentlich ein Energieerzeuger, der nebenbei das Abwasser reinigt“, scherzt Sven Weddermann als Leiter der Verfahrenstechnik.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)