Die finanzielle Ausstattung der offenen Kinder- und Jugendarbeit ist weiter Thema in den Beiräten. In seiner jüngsten Sitzung hat der Vahrer Ortsbeirat eigentlich über die Verteilung der Mittel für die Freizeitheime und Gruppenangebote im Stadtteil abstimmen sollen, verweigerte aber ein Votum darüber und sieht das Sozialzentrum nun in der Pflicht. Die Zeit drängt.
Seit Jahren fordern die Träger der Kinder- und Jugendarbeit in Bremen eine bessere Ausstattung der Einrichtungen. In den vergangenen Wochen spitzte sich die Situation zu: Dadurch, dass die Bremische Bürgerschaft noch keinen Haushalt für das Jahr 2024/2025 verabschiedet hat, müssen sich die Jugendhäuser mit Mitteln in gleicher Höhe wie 2023 begnügen – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, bis der neue Haushalt im kommenden Jahr steht. Doch diese Mittel reichen nicht aus: Inflation, gestiegene Energie- und Personalkosten sind in der Vahr seit Jahren nicht ausgeglichen worden. Real steht also weniger Geld für die Arbeit mit Kindern zur Verfügung.
Controlling-Ausschuss verteilt Geld
Über die Verteilung der Mittel wird im Stadtteil selbst beraten. Dies geschieht im sogenannten Controlling-Ausschuss, in dem neben dem zuständigen Amt für Soziale Dienste (AfSD), Vertreter des Beirats und Vertreter der offenen Kinder- und Jugendarbeit sitzen. Die Vorschläge, über die dort beraten wird, werden im Anschluss dem Beirat in einer öffentlichen Sitzung vorgelegt. In der Regel wird Einigkeit hergestellt und die Zustimmung des Beirats ist Formsache. Das war nun in der Vahr anders.
"Wir haben die skurrile Situation, dass der Controlling-Ausschuss keinen Vorschlag gemacht hat", so Ortsamtsleiter Ralf Möller. Tatsächlich hat der Ausschuss, in dem auch Vertreter des AfSD sitzen, einen Verteilungsplan, der im AfSD selbst erarbeitet wurde, einstimmig, also mit den Stimmen der AfSD-Mitarbeiter, abgelehnt. "Der Beirat konnte also in seiner Sitzung nicht abstimmen, weil nichts vorlag." Nach Möllers Worten muss nun der Leiter des Sozialzentrums einen Vorschlag machen. Über diesen solle dann in einem verkürzten sogenannten Umlaufverfahren abgestimmt werden. Das ist nötig, damit Bewilligungsbescheide an die Träger gehen können, denn ohne abgeschlossenes Verfahren gibt es auch kein Geld.
Träger sind verunsichert
"Das ist ein Riesenproblem für die Vahr", sagt Möller. So könnten Träger ohne Bewilligungsbescheid, keine Verträge mit Honorarkräften abschließen. "Rein praktisch heißt das, dass Vaja (Verein für akzeptierende Jugendarbeit) im Januar seine Gruppenarbeit einstellen muss."
Beirat und Ortsamt sind über den Vorgang vorsichtig gesagt nicht amüsiert. "Es kann nicht sein, dass knapp vor Jahresende keine Vorschläge vorliegen und wir keine Zeit mehr haben, um in eine erneute Beratung zu gehen, weil Träger in finanzieller Unsicherheit sind", sagt Möller.
Gemeint ist, dass der Beirat nun unter Zeitdruck über den erwarteten Vorschlag aus dem Sozialzentrum entscheiden muss. Die Befürchtung in Beirat und Ortsamt: Es wird ein ähnlicher oder derselbe Vorschlag sein, der zuvor im Controlling-Ausschuss abgelehnt wurde.
Weniger Mitbestimmung durch Zeitdruck
Stimmt der Beirat diesem allerdings nicht zu, müsste es im schlimmsten Fall zu einer zeitaufwendigen Klärung in der Sozialdeputation kommen. Bis dahin würden die Träger aber in finanzieller Ungewissheit arbeiten. Um das zu vermeiden, müsste der Beirat dem Vorschlag des AfSD folgen, auch wenn er den Vorschlag eigentlich ablehnt. Damit würde er sein im Ortsbeiräte-Gesetz verbrieftes Recht bei der Mittelvergabe für die Kinder- und Jugendarbeit durch diesen Termindruck teilweise aufgeben.
Jens Emigholz (FDP) sprach in der Sitzung von einer "unerträglichen Situation". Auch Oliver Saake (Grüne) lehnte in der Sitzung eine Stellungnahme des Beirats ab. "Ich halte es nicht für gut, ohne gut vorbereiteten Antrag einen Beschluss zu fassen."
Nun soll das Sozialzentrum so schnell wie möglich einen Vorschlag erarbeiten, zu dem der Beirat im Umlaufverfahren einen Beschluss fasst. Um die Öffentlichkeit herzustellen, soll dieser Beschluss, in dem voraussichtlich auch eine Aufstockung der Mittel für offene Jugendarbeit gefordert werden wird, in der kommenden Beiratssitzung im Januar vorgestellt werden.