Die Autobahn A 270 befindet sich in einem bescheidenen Zustand. Daher saniert die Autobahn GmbH des Bundes seit Juli 2023 bis voraussichtlich Ende des kommenden Jahres stückweise die Fernstraße im Bremer Norden. Fahrbahnsperrungen und Staus sind die Folge. Der eingeschränkte Verkehr wiederum wirkt sich nicht nur auf die Autofahrer und -fahrerinnen aus, sondern auch auf die Arbeit von Notfallsanitätern: Die Rettungswagen bleiben im Stau stecken oder umfahren sie, sodass sie den Einsatzort verzögert erreichen. "Darauf hat sich nun der Rettungsdienst eingestellt und setzt zwei sogenannte Rapid Responder Motorräder ein", erklärt Innensenator Ulrich Mäurer.
Rapid oder auch Single Responder sind Motorräder für Notfallsanitäter. "Sie dienen zur Erstversorgung von Notfallpatienten und -patientinnen und dem zügigen Heranbringen von medizinisch qualifiziertem Personal", sagt Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin des Innenressorts. Die Motorräder verfügen dementsprechend über Blaulicht und medizintechnische Ausstattung. Dazu gehören neben dem Erste-Hilfe-Material ein Elektrokardiogramm (EKG), ein Defibrillator, medizinischer Sauerstoff und Notfallmedikamente. Ein Patiententransport sei mit diesem Fahrzeug natürlich nicht möglich, teilt Gerdts-Schiffler mit.
Motorräder punkten mit Wendigkeit
Der Vorteil der Rapid Responder liegt in ihrer höhren Beweglichkeit. Bereits vor mehr als zehn Jahren zeigte eine Studie aus den Niederlanden, veröffentlicht im "European Journal of Emergency Medicine", dass Motorräder im Schnitt den Einsatzort 54 Sekunden eher als Rettungswagen erreichen. "Die Wendigkeit verschafft den Rettungskräften wertvolle Zeit", sagt Mäurer. Insbesondere, wenn lebenwichtige Maßnahmen notwending seien.
Angesichts des mangelnden Platzes auf der A 270 eine beruhigende Aussage, stellte doch die Autobahn GmbH noch vor der kompletten Fahrbahnsperrung in Richtung Elsfleth fest, dass Rettungswagen nicht ausreichend Platz hätten, um Einsatzorte anzufahren. Aus diesem Grund gewährt man ihnen, im Notfall durch das Baufeld zu fahren. Gesonderte Notfallhaltebuchten richtete man allerdings nicht ein.
Rapid Responder könnten Ressorucen schonen
Thomas Hofmann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Rettungswissenschaften (DGRe), begrüßt das Bremer Vorgehen. Für deutsche Verhältnisse sei es im Grunde ein innovatives Konzept, international hingegegen lange Usus: "Rapid Responder gibt es beispielsweise in Großbritannien neben dem Einsatz auf Motorrädern auch mit PKWs und Fahrrädern", sagt Hofmann.
In seinem Augen können sie dazu beitragen Ressourcen zu schonen: Erreichten die Notfallsanitäter auf Motorrädern zuerst den Einsatzort, könnten sie entscheiden, ob ein Rettungswagen gebraucht werde oder nicht, schildert der DGRe-Vorsitzende. Es könne nur sinnvoll sein, insbesondere im großstädtischen Raum, Notfallsanitäter auf Motorrädern in den Rettungsdienst zu integrieren.
Gemeinschaftliche Besetzung
Ab dem 28. August betreiben die beiden Hilfsorganisationen Deutsches Rotes Kreuz (DRK) und Arbeiter Samariter Bund (ASB), die im Bremen-Nord tätig sind, gemeinschaftlich eine der beiden Maschinen des stadtbremischen Rettungsdienstes zwischen 7 Uhr und 18 Uhr. Das zweite Motorrad steht laut Gerdts-Schiffler als Reserve bereit. Die Feuerwehr Bremen, die in Person von Dieter Jacobs das Angebot mitorganisiert habe, besetze das Motorrad nur gelegentlich: beispielsweise am kommenden Wochenende bei der Deutschlandtour.
Beim Rettungspersonal auf zwei Räder setzen die Verantwortlichen auf Erfahrung. Es seien ausgewählte Mitarbeiter, die bereits mehrere Jahre als Notfallsanitäter arbeiteten und den Umgang mit Touring-Maschinen beherrschten, sagt Gerdts-Schiffler. Dennoch habe es eine weiterführende Schulung gegeben. "Neben einer umfangreichen technischen Einweisung erfolgte ein Fahrsicherheitstraining mit Motorrädern", teilt die Pressesprecherin des Innenressorts mit.
Einsatz bis Ende 2024
Die Maschinen des stadtbremischen Rettungsdienstes stammen aus Behördenbeständen. "Sie konnten als Leasingrückläufer für einen Stückpreis von 12.000 € beschafft werden", sagt Rose Gerdts-Schiffler. Das Innenressort plant die Motorräder vorerst bis Ende 2024 ein. Dann sollen die Sanierung der A 270 abgeschlossen sein. Überlegungen, was damit anschließend mit den Maschinen geschieht, gebe es noch nicht. Auch weitere Maschinen schaffe man vorerst nicht an.