Die Hermann-Fortmann-Straße soll auf Höhe der Eisenbahnbrücke für mindestens eineinhalb Jahre für den Autoverkehr komplett gesperrt werden. Autofahrer müssen sich voraussichtlich ab Frühjahr 2022 andere Wege suchen. Grund ist der geplante Neubau der Brücke, die 101 Jahre alt ist. Die Ankündigung der Sperrung hat am Montag im Beirat deutlichen Unmut hervorgerufen. Mehr noch zeigte sich der Beirat aber empört darüber, dass im Zuge der Brückenerneuerung nicht gleichzeitig die Durchfahrt aufgeweitet und erhöht wird. Bremen hat eine Aufweitung bereits abgelehnt, wurde nach Aussagen von Bahn-Vertretern deutlich.
Die Brücke soll eins zu eins erneuert werden – statt sie höher zu bauen und für Geh- und Radwege auf beiden Seiten zu sorgen. Philipp Burkhardt, Projektleiter der Deutschen Bahn für den Brückenneubau erklärte dazu, dass ein Wunsch, die Durchfahrt zu vergrößern, von den zuständigen Behörden nicht geäußert worden sei. „Es gibt seitens der Stadt kein Begehren, die Brücke weiter und höher zu machen.“ Ein zweiter Vertreter der Bahn wies auf den Hintergrund hin: Nach dem Gesetz müsste Bremen zahlen, wenn die Stadt die Aufweitung wünscht.
Die Entscheidung Bremens in dieser Frage sorgte im Beirat für durchgehendes Unverständnis und Ärger. Der Zorn richtete sich vor allem gegen die Behörde der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Kernargument in der Debatte: Wenn schon durch den Neubau massive Unannehmlichkeiten auf Verkehrsteilnehmer und wegen des Lärms auch auf die Anlieger zukämen, dann solle man den Neubau gleich richtig angehen.
Der parteilose Günter Kiener reagierte als Erster und sprach an, dass immer wieder Lastwagen unter der Brücke stecken bleiben: „Das macht mich sprachlos. Mit Vernunft hat das nichts zu tun.“ Heike Spreche (SPD): „Dass das von der Behörde schon so entschieden worden ist, ist eine Frechheit.“ Christoph Schulte im Rodde (Grüne): „Das ist ein Schildbürgerstreich, wenn die Brücke eins zu eins wieder so gebaut wird.“ Zweiter Diskussionspunkt im Beirat war das Umleitungskonzept während der Bauphase. Wenn die Hermann-Fortmann-Straße ab Frühjahr 2022 gesperrt wird, soll der Verkehr unter anderem über die Uhthoffstraße fließen. In der Straße Kücksberg wird die Einbahnstraßenregelung aufgehoben, weil der Verkehr nicht in die Hermann-Fortmann-Straße abfließen kann.
Bereits absehbare Baustellen nicht in der Planung berücksichtigt
Bemängelt wurde seitens mehrerer Beiratsmitglieder, dass weitere Baustellen, die bereits absehbar seien, in der Planung nicht berücksichtigt werden. Gemeint waren damit zum Beispiel der Abriss des Haven Höövts und der Neubau des Hafenquartiers. Dazu kämen die Planungen für die Umgestaltung des Bahnhofsplatzes.
Heike Sprehe wies in diesem Kontext auf die Gefahr hin, dass die Schönebecker Straße in Grohn einen Teil des Ausweichverkehrs aufnehmen müsse. Mehrere Anwohner der Uhthoffstraße warnten zudem eindringlich vor einer weiteren Belastung ihrer Straße. „Ich möchte Sie einladen, am Montagmorgen in die Uhthoffstraße zu kommen“, sagte eine Bürgerin.
Philipp Burkhardt, Projektleiter der Bahn, hatte zu Beginn im Sitzungssaal des Ortsamtes kurz und knapp erklärt, worum es geht. Die Deutsche Bahn will die Erneuerung der Brücke mit Vorarbeiten im Juli 2021 beginnen. Nach dem jetzigen Fahrplan soll dann im Frühjahr 2022 der Baubeginn erfolgen. Die Brücke solle im Oktober 2023 in Betrieb gehen, dann folgt laut Burkhardt der Rückbau der Baustelle. Es sei nicht möglich, beteuerten Vertreter der Bahn während der Sitzung, die Erneuerung um fünf Jahre zu verschieben. Dann müsse die Brücke abgestützt werden, was weitere Beeinträchtigungen für den Verkehr bedeuten würde.
Der Beirat hat auf Vorschlag von Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt einen Forderungskatalog verabschiedet. Es soll demnach zu einer Einwohnerversammlung eingeladen werden. Zuvor soll die Senatorin für Mobilität mehrere Punkte klären. Zunächst soll die Behörde Stellung dazu nehmen, ob die Durchfahrtshöhe der Eisenbahnbrücke an der Hermann-Fortmann-Straße auf mindestens vier Meter gebracht werden kann und ob links und rechts Geh- und Radwege geschaffen werden können. Zweitens fordert der Beirat die Vorlage eines umfassenden Verkehrskonzeptes für die Dauer des Baus.
Drittens soll geklärt werden, ob ein künftiger Fahrrad-Schnellweg in den Brückenbau integriert werden kann. Viertens wird das Abwasserunternehmen Hansewasser aufgefordert zu klären, ob das Kanalsystem an dieser Stelle im Zuge des Neubaus verändert werden kann, weil es bei Starkregen regelmäßig zu Überschwemmungen kommt. Fünftens soll geklärt werden, ob ein zusätzlicher Pendelverkehr auf der Schiene zwischen dem Bahnhof Schönebeck und dem Hauptbahnhof eingerichtet werden kann.