Ende Juni singen sie wieder ihre Protestlieder. Diesmal in Lesum, am Rande des Wochenmarktes. Und ausnahmsweise an einem Freitag. Eigentlich, berichten die Frauen, treffen sich die Omas gegen Rechts am letzten Sonnabend im Monat von 11 bis 12 Uhr zur Mahnwache. "Immer an einem anderen Ort", sagt Maria Kiss, die der Nordbremer Gruppe dieser zivilgesellschaftlichen und überparteilichen Initiative angehört. Jüngst gab es für sie etwas zu feiern. Als nämlich bekannt wurde, dass die Initiative Omas gegen Rechts besonders gewürdigt wird: Der Aachener Friedenspreis geht in diesem Jahr an sie. Verliehen wird er am 1. September.
Seit 1988 zeichnet der Verein Aachener Friedenspreis Menschen und Gruppen aus, die sich an der Basis für Frieden und Verständigung engagieren. Die Initiative Omas gegen Rechts sei eine "rasant wachsende Bewegung", die sich "mit verschiedenen Aktionsformen aktivistisch für Gleichberechtigung und Toleranz sowie gegen Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus" einsetze und sich "den rechtsextremen und faschistischen Entwicklungen in Deutschland und den europäischen Ländern entgegenstellt", heißt es in der Begründung. Ins Leben gerufen wurde die Initiative im Januar 2018, nachdem sich ein Jahr zuvor im Zuge des Erstarkens der FPÖ die Omas gegen Rechts in Österreich gegründet hatten. Organisiert sind die Omas gegen Rechts in Deutschland als zivilgesellschaftliche Vereinigung. Gelegentlich auch – aber nicht zwingend – in Vereinsstruktur. Bundesweit, so Maria Kiss, gebe es inzwischen 300 Gruppen.
Bedarf in Bremen-Nord
Schnell gewachsen ist auch die Nordbremer Omas-gegen-Rechts-Gruppe, erzählen die Frauen. Gegründet hatte sie sich im Oktober vergangenen Jahres mit 19 aktiven Frauen. "Inzwischen sind wir 43 Omas, von denen einige gar keine Omas sind." Die Altersspanne reiche von Mitte sechzig bis achtzig plus. Den Zulauf führen die Frauen aber nicht auf die Ehrung mit dem Friedenspreis zurück. Die Resonanz erfahre die Gruppe eher über die Aufmerksamkeit, die die Frauen mit ihren Mahnwachen erzeugen. Bevor sie ihre eigene Nordbremer Gruppe gegründet haben, die inzwischen von Omas aus Grambke bis Schwanewede unterstützt wird, sind sie zu den Mahnwachen der Omas gegen Rechts in Bremen Mitte gefahren. "Das haben wir gerne gemacht, aber der Weg war auch lang", blickt Maria Kiss zurück. So gründeten sie ihre eigene Gruppe. Auch, fügt eine Mitstreiterin hinzu, weil sie gemerkt haben, "dass in Bremen-Nord Bedarf besteht".
Dass sich rechtes Gedankengut wieder verbreitet, treibt sie um. "Wir haben die Nazizeit noch erlebt", sagt Maria Kiss. Damals hätte das Volk "Jahre vorher nachlesen können, was Hitler vorhat". Heute sei es nicht anders. Man müsse nur ins Parteiprogramm der AfD schauen oder sich darüber informieren, was diese Partei im Bundestag ablehnt. Maria Kiss hat eine lange Liste dabei, die belegt, dass die AfD "im Bundestag konsequent gegen Verbesserungen für Mütter, Rentnerinnen und Rentner, Geringverdiener und Arbeitslose stimmt". Bei ihren Mahnwachen lassen die Omas gegen Rechts Protestlieder erklingen, indem sie bekannte Lieder mit entsprechenden Texten versehen. Aus der Dreigroschenoper zum Beispiel die Zeilen: "Ja, wir Omas haben Zähne, und die nutzen wir mit Biss. Uns missfällt die rechte Szene und der faule Kompromiss."
Instrumentale Begleitung gesucht
Seit ihnen Ortrud Staude mit ihrem Akkordeon "beigebracht hat, wie man Kampflieder singt", erzählen die Frauen, merken wir, wie viel Power wir haben". "Ja wir Omas sind für Frieden", singen sie in Strophe zwei, "Freiheit und für Vielgestalt, warnen vor diesen perfiden, rohen Worten der Gewalt." Sie hätten bei ihren Liedern gern instrumentale Begleitung durch Gitarre oder Akkordeon. "Wer Interesse hat, kann uns bei den Mahnwachen gern ansprechen", sagen die Frauen. Auch neue Mitstreiterinnen seien willkommen. Bei ihren Aktionen ernten sie hochgestreckte Daumen und gelegentlich auch Applaus. Selten gebe es ablehnende Sprüche.
"Und manchmal spendiert uns jemand Kaffee", berichten sie erfreut. So hatten sie es bei einer Mahnwache in der Vegesacker Fußgängerzone erlebt. "Uns taten die Füße weh und im Hals kratzte es", erzählt Maria Kiss. Also setzten die Frauen sich in ein Café, um sich zu erfrischen. Als sie bezahlen wollten, hieß es: Schon erledigt. Das Paar vom Nachbartisch, das das Cafe inzwischen verlassen hatte, hatte die Omas gegen Rechts eingeladen. "Wir sind berührt", sagt Maria Kiss. "Da haben zwei Menschen, in aller Stille, unserem Haufen engagierter Frauen ihre Wertschätzung gezeigt."