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Buch über Bunker Valentin In Erinnerung an die Zwangsarbeiter in Bremen-Farge

Die Gedenkstätte Bunker Valentin erinnert an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes und die Schicksale zahlreicher Zwangsarbeiter. Der Sohn eines Überlebenden hat ein Buch geschrieben.
09.11.2023, 14:01 Uhr
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Von Karolina Benedyk

Wie ein grauer und bedrohlicher Klotz steht der "Bunker Valentin" an der Weser in Farge. Ehemals erbaut als U-Boot-Werft ist er in Rekum kaum zu übersehen. Benutzt wurde er nie. Heute dient er als Ort der Erinnerung an den Krieg und an die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes. "Dieses gigantische Bauwerk, dunkel wie die Nacht, schrecklich, war nichts anderes als das Symbol der höllischen Kriegsmaschine der Nazis." So beschreibt Patrizia Zanasi den Bunker Valentin im Vorwort des gleichnamigen Buches, das in diesem Jahr erschienen ist.

Zanasi ist Kommunalpolitikerin in Marzabotto, einer Partnerstadt Vegesacks, und organisiert die Städtepartnerschaft seit 20 Jahren mit. Sie selbst besuchte den Bunker im August 1986 und lernte seine Geschichte kennen.

In den Jahren 1943 bis 1945 wurden zum Bau der U-Boot-Werft Tausende von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt. Bis zu 10.000 arbeiteten tagtäglich an dem Bauwerk. Mehr als 1600 von ihnen starben während der Bauarbeiten an Unterernährung, Krankheiten und willkürlichen Tötungen. Doch manche überlebten und konnten die Geschichte dieses Ortes weitertragen. Einer davon ist Elio Materassi. An den italienischen Zwangsarbeiter erinnert eine Tafel an dem Denkort.

Tagebuch eines Zwangsarbeiters

Nach seinem Tod 2013 vermachte er seinem Sohn, Orlando Materassi, ein Tagebuch. In diesem beschreibt der damals 20-jährige Elio Materassi die Zeit vom Verbündeten zum Sklaven der Deutschen. Gemeinsam mit seinen Kindern sammelte der Sohn des Zwangsarbeiters, Orlando Materassi, Informationen von Institutionen, Vereinen und Gedenkstätten in Deutschland, insbesondere von der Gemeinde Schwanewede, dem Denkort Bunker Valentin, dem Dokumentationszentrum Baracke Wilhelmine und dem Honorarkonsulat von Italien in Bremen.

Auch die Historikerin Silvia Pascale schloss sich seiner Recherche an. Heraus kam das Buch "Bunker Valentin. Lo sterminio nazista attraverso il lavoro forzato", übersetzt: Das Nazi-Vorhaben Vernichtung durch Arbeit. Schwerpunktmäßig befasst sich der Text mit der Zwangsarbeit beim Bau des Valentin-Bunkers und zeigt anhand von Essays und bislang unveröffentlichten Dokumenten und Fotos, wie die Vernichtung der italienischen Militärinternierten (IMI) auch durch Sklavenarbeit erfolgte, so Orlando Materassi.

Die Entstehung des Buches finanzierte das Projekt "Erinnerung, die verbindet. Erziehung zum Frieden" des Deutsch-Italienischen Zukunftsfonds, das von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rom und dem Bundesministerium für Allgemeine Angelegenheiten gestiftet ist. Das Ziel des Buches sei es nicht allein gewesen, die Erinnerung an die Situation der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wachzuhalten, so der Autor. Er wolle auch ein Zeichen der Versöhnung setzen.

Deutscher Besuch bei der Buchvorstellung

So kam es, dass bei der Buchvorstellung jüngst in Marzabotto nicht nur italienische Gäste geladen waren, sondern auch Ekkehard Bohne von der Internationalen Friedensschule Bremen, sowie Marco Eggert von der Deutsch Italienischen Gesellschaft Bremen. Gemeinsam besuchten sie die Partnergemeinde.

Seit 1991 verbindet die Städte Vegesack und Marzabotto bereits die Partnerschaft sowie eine noch länger währende Freundschaft, die vor allem von der Friedensschule gepflegt wird, so Bohne. Immer wieder besuchen sich die Einwohnerinnen und Einwohner. Zuletzt dieses Jahr, als sie gemeinsam den 2015 eröffneten Denkort "Bunker Valentin" besichtigten.

Im Rahmen der Veranstaltungen zum Jahrestag des Massakers am Monte Sole hatte der Nationale Verband ehemaliger Militärinternierten (ANEI) Marzabotto die deutschen Gäste eingeladen, die die Buchvorstellung um zwei Vorträge ergänzten. "Eggert setzte den Schwerpunkt auf die lang anhaltenden Folgen solcher Massaker und wie Wiedergutmachung funktionieren kann. Ich beschrieb unsere Städtepartnerschaft und wie dadurch deutsch-italienische Freundschaften entstanden", sagt Bohne.

"Für mich ist das Besondere an dem Buch von Orlando Materassi, dass meine Kontaktperson der Städtepartnerschaft, Patrizia Zanasi, ein so ergreifendes Vorwort geschrieben hat", sagt Bohne. "Ihr Vater war selbst in einem Lager interniert und sie hat geschildert, wie sie im August 1986 gemeinsam mit ihm im Rahmen der Städtepartnerschaft den Bunker besucht hat." In dem Text gehe die tiefe emotionale Betroffenheit ihres Vaters in dem Moment des Besuches hervor und das Grauen, was hinter ihm liegt.

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