Die Constructor University hat rund 3500 Bewerbungen aus aller Welt erhalten – aus Deutschland natürlich, aber auch aus Finnland, Ägypten, Indien und Kolumbien. Um nur ein paar Beispiele zu nennen. All diese Leute, die übrigens nicht mit der Universität in Verbindung stehen müssen, bewerben sich seit Mitte Februar mit einer Geschäftsidee im Bereich Informatik für das Accelerator-Programm der Privatuniversität in Grohn. "Accelerator" ist englisch und heißt übersetzt "Beschleuniger". Und so soll das Programm auch funktionieren. "Wir wollen die enorme Kluft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft schließen. Wir wollen die Bewerber mit Geschäftsleuten vernetzten. Ihre Ideen kommerzialisieren", sagt Dmitry Kurin.
Der Chef des Constructor Entrepreneurship and Innovation Centers hat das Accelerator-Programm gegründet, das es in dieser Form an der Constructor University vorher nicht gab. Kurin möchte die Privatuniversität gleichzeitig als Ort für Start-ups etablieren. Sein Kollege, Universitätssprecher Donald Scott Peterson, ergänzt: "Wenn man eine Geschäftsidee hat, wird man mit vielen Problemen konfrontiert und man weiß oft nicht, wie man sie lösen soll."
Die Idee hinter dem Programm: Die Hochschule möchte Start-up-Gründern helfen, ihre Idee auf den Markt zu bringen. Gesucht werden Geschäftsideen in drei Bereichen. In der Educational Technology, kurz EdTech. Hier werden Technologien für Bildungszwecke entwickelt. Und im Business to Business Software-as-a-Service (B2B SaaS). Solche Betriebe entwickeln Software für andere Unternehmen. Auch die Sparte Deeptech ist gefragt. In dieser werden Technologien angefertigt, die auf bahnbrechenden wissenschaftlichen Forschungsergebnissen basieren.
Wie Kurin ausführt, haben etwa 150 der 3500 Bewerber eine einzigartige Geschäftsidee. Davon werden 50 für das für sie kostenlose Accelerator-Programm ausgewählt, das am 7. April startet. Die Teilnehmer bekommen einen Mentor gestellt, der überwiegend aus der freien Wirtschaft, manchmal aber auch aus dem akademischen Bereich stammt und die (angehenden) Unternehmer unterstützt. Die Beteiligten können auch auf eine Datenbank zurückgreifen. Auf dieser sind zum Beispiel Videos zu finden, in denen Tipps für eine Unternehmensgründung gegeben werden. In dem achtwöchigen Onlineprogramm erfahren die Teilnehmer beispielsweise, wie sie eine Zielgruppe finden, was die wichtigsten Wachstumskennzahlen sind, wie sie sich im Wettbewerb unterscheidbar machen können und ihr geistiges Eigentum schützen. Und wie eine erfolgreiche Marketingkampagne ausschaut.
Die 15 bis 30 Teilnehmer, die eine marktreife Lösung entwickelt haben, werden zum sogenannten Demo-Day eingeladen. "Die anderen haben entweder nicht überzeugt oder müssen ihre Ideen weiterentwickeln", erklärt Kurin. Die künftigen Geschäftsmänner- und Frauen werden am 10. Juli in der Constructor University das Geschäftsmodell und Wachstumspotenzial sowie den Investitionsbedarf ihres Start-ups den Investoren und Experten aus der Wirtschaft vorstellen. Das nennt man "pitchen". "Das wird ein bisschen so wie in der Fernsehsendung 'Die Höhle der Löwen' sein", erklärt Peterson. Kurin schätzt, dass rund ein Drittel der Demo-Day-Teilnehmer mit einer Fremdfinanzierung rechnen können. Auch die Constructor-Gruppe, zu der die Nordbremer Hochschule gehört, wird gegebenenfalls in die Start-ups einsteigen. "In diesem Fall werden wir ihnen weiterhin mit Rat und Tat bei Seite stehen", erklärt Kurin. Wenn die Betriebe zum Profil passen, können sie auch in die Constructor-Gruppe integriert werden.