In Vegesack wird auf Initiative der beiden Nordbremer Holger Bühling und Gerd-Rolf Rosenberger im Herbst 2020 ein weiterer Stolperstein verlegt. Mitte vergangenen Jahres hatten die beiden Männer bei der Bremer Landeszentrale für politische Bildung den Antrag auf einen Stolperstein für Karl Wastl (1889-1963) gestellt. Er soll an seinem letzten Wohnort an der Adresse Kirchheide 83 in den Boden eingelassen werden. Gunter Demnig, Initiator der Stolpersteine, hat inzwischen grünes Licht gegeben.
Wastl sei „über Jahrzehnte von den linken politischen Parteien und Gewerkschaften total vergessen worden“, schreiben die Antragsteller. Der gebürtige Bayer hatte nach dem ersten Weltkrieg als Kupferschmied beim Bremer Vulkan gearbeitet. Später ging er in den kommunistischen Widerstand und war insgesamt sieben Jahre in Konzentrationslagern der Nazis interniert, wo er seinerzeit russischen Kriegsgefangenen half.
Seit 2019 erinnert im bayerischen Dorfen eine Straße an den dort geborenen Widerstandskämpfer. Der Nordbremer Jochen Windheuser ist in Bremen-Nord aktiv geworden, um auch hier an Wastl zu erinnern. Da dieser die meiste Zeit seines Lebens im Bremer Norden verbracht habe, solle in Vegesack nun auch hier mit einem Stolperstein an ihn erinnert werden, argumentieren ihrerseits Bühling und Rosenberger.
Es sei eher ungewöhnlich, dass ein solcher Antrag von außen gestellt werde, erzählt Tobias Peters, Referent für Publikationen, Kultur und Geschichte bei der Landeszentrale für politische Bildung (LZPB). Normalerweise kümmere sich der Initiativkreis des Vereins „Erinnern für die Zukunft“ um mögliche weitere Stolpersteine in Bremen. „Dieser Kreis forscht selbst, wo Menschen gewohnt haben, für die ein Stein verlegt werden soll.“ In letzter Instanz laufe aber alles über den Tisch von Gunter Demnig. Peters: „Dort werden auch die möglichen Inschriften geprüft.“

Leo Drabent lebte in der Straße Wilmannsberg 26, bevor er verhaftet und hingerichtet wurde.
Erster Stolperstein vor dem Kölner Rathaus
Das Projekt Stolpersteine des Bildhauers Gunter Demnig erinnert seit 28 Jahren in Deutschland und Europa an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Den ersten Stolperstein verlegte Demnig am 16. Dezember 1992 vor dem Kölner Rathaus. Es war der 50. Jahrestag des Befehls Heinrich Himmlers zur Deportation der „Zigeuner“. Eingraviert sind die Anfangszeilen.
Am 29. Dezember 2019 verlegte der Kölner Aktionskünstlers in Memmingen den 75 000. Stolperstein. Das Projekt mit Stolpersteinen an über 1300 Orten in Deutschland und 23 weiteren europäischen Ländern gilt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. In Bremen wurden bisher 704 Steine verlegt, 79 davon in Bremen Nord – 48 in Vegesack, 28 in Blumenthal und drei in Burglesum.
Unabhängig von der Gedenktafel, die seit November am ehemaligen Gewerkschaftshaus, Lindenstraße 14, montiert ist, soll in Vegesack nun auch ein Stolperstein an den NS-Widerstandskämpfer erinnern. „Ich hoffe auf eine schnellstmögliche Umsetzung“, sagt Gerd-Rolf Rosenberger.
Mit dem Antrag hatten die Nordbremer auch einen Vorschlag für die Gravur des Stolpersteins eingereicht: „Hier wohnte Karl Wastl (1889 – 1963), Kommunistischer Widerstandskämpfer. Im KZ Sachsenhausen rettete er Rotarmisten vor dem Hungertod.“ Aber auch die genaue Wortwahl obliegt Gunter Demnig und seinem Team. „Es ist eine Inschrift in Übereinstimmung gefunden worden“, versichert Tobias Peters, kennt den genauen Wortlaut aber noch nicht.
Bearbeitungszeit von mindestens neun Monaten
Weil das Interesse an den Stolpersteinen ungebrochen ist, wird derzeit mit einer Bearbeitungszeit von mindestens neun Monaten gerechnet. „Voraussichtlich im Oktober wird Gunter Demnig nach Bremen kommen“, sagt Peters. „Er kommt einmal im Jahr und verlegt dann zwischen 25 und 30 Steine.“
Die ersten Stolpersteine in einer Stadt verlegt der heute 72-Jährige grundsätzlich selbst, später sind auch sogenannte Gemeinschaftsverlegungen möglich - beispielsweise durch Initiativen oder Schulen. Angefertigt werden die Stolpersteine in Berlin von Michael Friedrichs-Friedländer. Jeden einzelnen Buchstaben graviert der Bildhauer in Handarbeit. Die Stolpersteine kosten je 120 Euro und werden über Patenschaften finanziert. Messingtafeln mit Namen, Alter und Schicksal der Opfer werden auf zehn mal zehn mal zehn Zentimeter großen Betonquader montiert, die bündig im Boden versenkt werden.
Passanten, die mehr über die Opfer der NS-Gewaltherrschaft erfahren möchten, erhalten Kurzbiografien und zahlreiche weitere Informationen über die Internetseite: www.stolpersteine-bremen.de.