Die Flussführer tragen Geschichten von der Weser und den Menschen auf dem Wasser zusammen und wollen daraus jetzt ein Buch machen: Die fiktive Reise entlang der Unterweser umfasst schon jetzt 40 Kurzgeschichten. Doch zu einigen Flusskilometern ist noch nichts erzählt. Unvollendet ist auch die Finanzierung des DIN-A-5 Softcovers. 7000 Euro brauchen die Herausgeberin Rona Schneider und Initiator Gerd Meyer, um das "Unterweser-Lesebuch" drucken lassen zu können.
Vegesack. "Unter Bezug auf unser gestriges Telefongespräch bestelle ich hiermit noch ein Motorschiff 4350 Tonnen, wie gehabt. Hochachtungsvoll." Flussführer Carsten Johow zitiert den kompletten Inhalt einer Postkarte, mit der der Hamburger Reeder J.A. Reinecke am 3. Januar 1952 bei der Werft AG Weser ein Motorschiff in Auftrag gegeben hat. So einfach war das damals. Die Story gehört nach dem Plan der Lektorin, der Autorin und Herausgeberin Rona Schneider, zum Flusskilometer 6, wo man heute vom Fluss her auf das Einkaufszentrum Waterfront guckt.
Rona Schneider selbst arbeitet gerade an der etwa 30seitigen Rahmenhandlung, um neben all den Seemannsgeschichten aus alten Zeiten auch die aktuellen Stories in dem Buch unterzubringen. Folgendes lernt der Leser auf der Höhe von Motzen: "Hier sind Reste der alten Werften Schührenstedt und Brandt erkennbar. Auf der "Brandt-Werft hat der Schiffbauingenieur Carsten Standfuß über 12 Jahre das U-Boot "Euronaut" konstruiert und gebaut. Im Juli 2012 brachte der Bardenflether Tüftler sein U-Boot zu Wasser.
Lesungen an Bord
Bevor er künftig damit auf Wracksuche fahren möchte, wird es in Brake noch auf Herz und Nieren geprüft. Der "weltweit größte private Eigenbau" ist 16 Meter lang, knapp 60 Tonnen schwer und bietet Platz für eine fünfköpfige Besatzung. Mit Diesel- und Elektromotor, Taucherkammer und Schleuse, Küche, Klo und Dusche steht er seinen großen Vorbildern in nichts nach. Die "Euronaut" kommt auf acht bis neun Knoten (14 Kilometer pro Stunde) bei einer Reichweite von 500 Seemeilen und kann bis zu 250m tief tauchen. "Man darf gespannt sein, was das U-Boot zutage fördern wird."
Neben den eigenen Recherchen hat Rona Schneider vielen alten Seeleuten geholfen, als Flussführer ihre Erinnerungen niederzuschreiben: "Vieles käme sonst gar nicht mehr an die Öffentlichkeit, was wirklich schade wäre." Tage hat sie damit in der Signalstation zugebracht: "Viele erzählen, aber sagen, ich kann doch gar nicht wie ein Autor schreiben – und dann setzen wir uns hin." Einige Lesungen mit den Zeitzeugen hat es bereits gegeben: Im "Laden 38" etwa oder auf den Traditionsschiffen – mal im Vegesacker Hafen, mal unterwegs auf dem Fluss. Regelmäßig trifft sich die Autorengruppe, jeweils am letzten Freitag im Monat um 11 Uhr in der Signalstation am Vegesacker Weserufer. Besucher sind herzlich willkommen.
Mit dem Buch soll es wieder öfter raus auf das Wasser gehen, wie Projektinitiator Gerd Meyer erläutert: "Das Buch soll die Leute zur Mitfahrt auf den Traditionsschiffen bringen. Da treffen sie dann auf die Flussführer, die abwechselnd erzählen oder sie erlesen sich selbst die Geschichten zum Fluss und all die Erinnerungen aus dem Arbeitsleben von Kapitänen, Maschinisten, Heringsfängern und Werftarbeitern." Auf Nachfrage will man auch für Gruppen gezielt solche Törns anbieten.
Doch vor all dem steht das Fragezeichen, wie das Geld für den Buchdruck zusammen kommen soll. Rona Schneider mit ihrer kleinen Biografien-Werkstatt "Epik" hat ein normales Honorar schon längs abgeschrieben und arbeitet als jemand, der als Kind schon immer im Hafen spielen musste, praktisch ehrenamtlich im Flussführer-Projekt.
Jetzt gilt es Anzeigen zu verkaufen, Verträge für Buchpräsentationen schon vor dem Druck zu versilbern und Sponsoren zu finden. Wer helfen möchte, kann sich bei Rona Schneider melden unter der Email-Adresse kontakt@epik-biografie.de. Und dann gibt es schon am Sonntag, dem 9. Juni auf den Elsflether Seefahrtstagen ab 14 Uhr die Möglichkeit, Flussführer beim Erzählen zu erleben. Das Ambiente passt perfekt: Die Lesung findet auf dem Dreimaster "Großherzogin Elisabeth" statt.