Alle Anzeichen deuteten auf einen Diphtherie-Fall in einer Nordbremer Grundschule hin: die Symptome des Kindes, die Einschätzung des Arztes, die anschließenden Untersuchungen eines Klinikteams. In der vergangenen Woche machte die Gesundheitsbehörde deshalb alles, was das Robert-Koch-Institut bei Ausbruch einer Infektionserkrankung wie dieser vorschreibt. So hieß es in einer ersten Mitteilung. Inzwischen gibt es eine zweite. Und aus der geht hervor: Es war gar keine Diphtherie.
Dass es stattdessen ein Fall einer anderen und nicht meldepflichtigen Atemwegserkrankung war, weiß Kristin Viezens seit Kurzem. Am Montagmorgen lag der Sprecherin von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) vor, was bisher noch nicht vorgelegen hat: der Laborbefund. Und der kam eben zu einem anderen Ergebnis, als Symptome und erste Diagnostik nahegelegt haben. Um was für eine andere Erkrankung es sich handelt, sagt Viezens nicht. Sie verweist auf den Datenschutz und darauf, dass keine Rückschlüsse auf das Kind gezogen werden dürfen. Ihr zufolge muss es immer noch stationär versorgt werden.
Schnell musste es gehen – so schnell, dass in der Vorwoche nicht erst Laborwerte abgewartet werden konnten, sondern gleich gehandelt wurde. Diphtherie ist eine ansteckende Krankheit. Das Kind aus der Nordbremer Grundschule kam sofort in die Klinik, als der Verdacht da war. Seit Mittwoch wird es von Krankenhausärzten behandelt. Nach Angaben des Gesundheitsamtes wurde zügig mit einer sogenannten Antitoxinbehandlung und einer anschließenden antibiotischen Therapie begonnen. Am Freitag vermeldete die Behörde, dass sich das Kind mittlerweile auf dem Weg der Besserung befindet.
Es ist nicht das Einzige, was unternommen wurde. Um der Ausbreitung der Infektionskrankheit entgegenzuwirken, informierte das Gesundheitsamt sowohl Schüler und Lehrer als auch Eltern und Personen, die mit dem Kind außerhalb der Schule in Kontakt gestanden haben. Alle bekamen ein mehrsprachiges Informationsschreiben. Und allen wurde empfohlen, sich wie das Kind antibiotisch behandeln zu lassen. Was in diesem Fall die Einnahme von Penicillin bedeutete. Zuvor hatte sich die Behörde bei der Apothekerkammer erkundigt, ob der Wirkstoff in ausreichendem Maß vorhanden ist.
Sie meldete den Fall schließlich nicht nur dem Robert-Koch-Institut, sondern auch anderen: der Kassenärztlichen Vereinigung, dem Eltern-Kind-Zentrum am Klinikum Mitte, dem Nordbremer Krankenhaus. Sie sollten vorbereitet sein, falls über das Wochenende weitere Kinder mit Penicillin behandelt werden müssen. Außerdem legte das Ressort den Kontaktpersonen eine Schutzimpfung zur Auffrischung nahe. Die Impfbücher der Schüler wurden vom Gesundheitsamt vorsorglich überprüft und die Klassenräume der Nordbremer Grundschule gesondert gereinigt – durch spezielles Personal.
Nach Angaben von Senatorensprecherin Viezens gab es zuletzt 2019 einen Diphtherie-Fall in Bremen. Der wirksamste Schutz ist für die Behörde die Impfung. Sie richtet sich gegen das Gift, das der Erreger produziert, und nicht gegen die Bakterien. Die Ständige Impfkommission empfiehlt, alle Säuglinge, Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen standardmäßig gegen Diphtherie zu impfen und diese Impfung aufzufrischen. Trotzdem lag die Impfquote bei Erkrankungen wie Diphtherie, Keuchhusten und Hepatitis B in Bremen 2022 unter den Zahlen anderer Bundesländer. Das war aus einer repräsentativen Analyse einer Krankenkasse hervorgegangen.