Martin Engel hält den Eisstock fest in seiner rechten Hand. Die Plastikperücke auf seinem Kopf versperrt ihm die Sicht, während er das Zielfeld anvisiert. Dort liegt die Daube, ein Hartgummi-Puck. Während die Menge ihn anfeuert, wirft er den Eisstock und versucht, so nah wie möglich an den Puck heranzukommen. Der Eisstock rutscht über die Kunsteisbahn, wird kurz vor dem Ziel langsamer und kommt im Haus, dem Zielfeld, zum Stehen. In den Jubel der Zuschauerinnen und Zuschauer kommentiert Moderator Jürgen Linke hinein: "Ein Punkt für die Engelchen."
Die Zuschauerinnen und Zuschauer lehnen an den Banden am Spielfeldrand der Kunsteislauffläche in Vegesack. Zum Teil sind sie weihnachtlich verkleidet, zum Teil tragen sie ihre Teamtrikots. Einige der Besucherinnen und Besucher halten Glühweintassen in ihren Händen oder essen einen Crêpe, während sie die Spiele der Eisstock-Cup-Teams verfolgen.
Organisator verzeichnet viele Besucher
Am Mittwochabend konnten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer beim Eisstock-Cup gleich auf eine doppelte Ladung Amateursport freuen. Die durch das Unwetter verschobene Vorrunde sowie das Halbfinale fanden hintereinander am Abend nach den Weihnachtstagen statt. Von der Decke des Zeltes auf dem Sedanplatz hängen noch die Weihnachtskugeln.

Viele Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich beim Eisstock-Cup versammelt.
Im Halbfinale treten 16 Mannschaften gegeneinander an. Organisator René Damaschke blickt zufrieden auf den Abend. Denn nicht nur wegen der ungefähr vier- bis achtköpfigen Mannschaften ist es in dem Zelt auf dem Sedanplatz voll geworden. Der Chef der Gruppe Weserjungs schätzt, dass sich zeitweise bis zu 120 Zuschauerinnen und Zuschauer in dem Zelt versammelt haben. "Es gibt viele treue Anhänger, aber auch einige neue, die sich für den Cup begeistern", sagt Damaschke.
Claudia Haschke gehört zu den neuen Fans des Eisstock-Cups. "Ich bin froh, hier zu sein. Jetzt ist richtig Action in Vegesack", sagt sie. Auch von der Stimmung lässt sie sich mitreißen. "Das Drumherum ist schon sehr witzig, aber um ehrlich zu sein, verstehe ich die Regeln noch nicht ganz", sagt Haschke und lacht. Das Regelwerk am Infoboard hat sie sich nicht durchgelesen. "Ich bin hier für den Spaß", sagt sie. "Es ist eine schöne Tradition, die die Vegesacker gut annehmen."
"Eine Ehrenrunde"
Darauf, die Regeln erklären zu müssen, während das Spiel läuft, sind Damaschke und sein Team vorbereitet. Geduldig erklären sie den Anwesenden – oftmals unter lauten Zurufen – die Regeln. In einem quadratischen Spielfeld liegt die Daube. An diese müssen die Spielerinnen und Spieler ihren Eisstock so nah wie möglich schießen. Auch dürfen die gegnerischen Eisstöcke aus dem Punktebereich herausgeschossen werden, was die Besucherinnen und Besucher durch lauten Applaus belohnen. Wer nach acht Schüssen dem Puck am nächsten ist, kassiert für sein Team einen Punkt. Acht können es in einer Runde sein.
Eine Gruppe schafft am Mittwoch die Höchstpunktzahl. Das Männer-Kreativ-Team (MKT) 3 kann alle seine Eisstöcke innerhalb der acht Runden im Spielfeld halten. Während auch Moderator Linke den Männern mit den weißen Trikots zujubelt, drehen sie "eine Ehrenrunde" und klatschen mit den Zuschauerinnen und Zuschauern am Spielfeldrand ab.

Die Engelchen bereiten sich auf das Halbfinale vor.
Martin Engel ist zum zweiten Mal beim Eisstock-Cup dabei. Das Team, dem er angehört, hat sich den Namen Engelchen gegeben. Die Mannschaft hat orangefarbene Plastikperücken auf, weiße Bettlaken übergezogen und trägt Flügel auf dem Rücken. "Die Stimmung ist hervorragend", sagt Engel, "und heute sind die Zuschauerinnen und Zuschauer im Vergleich zu der Vorrunde in doppelter Besetzung".
Das Eisstockschießen hat er im vergangenen Jahr kennengelernt. "Die Regeln kapiert keiner, aber es macht trotzdem Spaß", sagt Engel. Und das Beste sei: "Linke moderiert so, als ob es die Olympischen Spiele wären. Dadurch hat jeder Lust, zu gewinnen."

Der Eisstock-Cup in Vegesack wird seit 2012 ausgetragen.
Am Ende stehen die Sieger fest. Acht Mannschaft haben sich qualifiziert: das "Männer-Kreativ-Team 3", "Wie auch immer sie heißen mögen", "Kutterpullteam Vegesacker Jungs", "Frozen Boys", "Feel good Fleisch", "ATK-S Black Edition", "Siedler 1", "Beckedorfer Filzkugeln 1". Und für die anderen Teams heißt es: Dabei sein ist alles.