Am Vegesacker Winterspaß scheiden sich die Geister: Jörn Gieschen, Geschäftsführer des Vegesack Marketing, preist die mehrwöchige Veranstaltung als Frequenzbringer für die Shoppingmeile. Die neue Vereinsvorsitzende Anne Köhler betont den Erfolg der Neuauflage des Eisstock-Cups. Manch einer legt andere Maßstäbe an und bewertet den Winterspaß als lieblos oder ungemütlich. Alles eine Frage der Perspektive. Und des Rollenverständnisses.
Das Vegesack Marketing tanzt auf vielen Hochzeiten: Es ist Händlerverein, Festival-Veranstalter und nach eigenem Selbstverständnis politischer Akteur. Stets ist das Ziel das gleiche: Vegesack nach vorne bringen. Das ist Segen und Fluch zugleich. Natürlich ist es gut, wenn sich jemand verantwortlich fühlt und Dinge anpackt. Zumal der Verein flexibler ist und auch Sponsoren werben kann.
Zweifelsohne war es ein Erfolg, das Gutscheinsystem Bremehr pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 2021 auch in Bremen-Nord einzuführen. Bis heute zücken Kunden die Karte mit der Walfluke, um bargeldlos zu bezahlen. Das internationale Festival Maritim wäre ohne das Vegesack Marketing in seiner heutigen Form nicht denkbar. Und der Winterspaß ist nicht die einzige Veranstaltung, die der Verein auf die Beine stellt, um den Händlern mit mehr Frequenz auf der Shoppingmeile zu helfen.
Gemeinsame Strategie erarbeiten
Dass das an den Kräften des kleinen Teams zehrt und auch eine wirtschaftliche Herausforderung ist, darf als unstrittig gelten. Allerdings stellt sich dann die Frage der Prioritätensetzung. Braucht es das Vegesack Marketing als Akteur auf der maritimen Meile? Muss es Kräfte in führender Position bei der Standortstrategie für Vegesack binden? Unzweifelhaft sind das Know-how und die Ideen der Marketingexperten auch an diesen Stellen wertvoll. Allerdings gibt es im Stadtbezirk auch andere Akteure, die sich den Hut aufsetzen könnten. Beispielsweise der Wirtschafts- und Strukturrat bei der Standortstrategie – und zwar für eine ganzheitliche.
Ohnehin wäre es wünschenswert, wenn nicht viele Köche in Vegesack ihr Süppchen nebeneinander kochten und noch mehr in ganz Bremen-Nord. Diese Aktivitäten sind zwar wertvoll, müssen aber kombiniert werden. Eine Strategie aus einem Guss für den Bremer Norden ist notwendig. Nur so kann die Dynamik genutzt werden, die vor allem private Investoren gerade mit ihren Großprojekten entfachen. Nur so kann das Naherholungskonzept optimal umgesetzt werden und die gewünschte Wirkung entfalten. Nur so kann der Standort Bremen-Nord attraktiv gemacht werden, speziell auch für dringend notwendige Ärzte, Lehrer und sonstige Fachkräfte. Idealerweise übernimmt der Senatsbeauftragte für Bremen-Nord entweder allein oder gemeinsam mit dem Regionalausschuss dafür die Verantwortung und koordiniert einen solchen Prozess.

Björn Josten, Redaktionsleiter