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Asylbewerber in Bremen Fähr-Lobbendorf: Die Zentrale für Flüchtlinge

Nach wie vor wohnen Hunderte Frauen, Männer und Kinder vorübergehend in der Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Fähr-Lobbendorf – auch wenn die Zahl der Asylsuchenden seit Jahren sinkt.
12.03.2019, 17:23 Uhr
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Fähr-Lobbendorf: Die Zentrale für Flüchtlinge
Von Christian Weth

Nirgendwo in der Stadt kommen so viele Flüchtlinge und Asylsuchende in einem einzigen Gebäude unter wie in Fähr-Lobbendorf: Im früheren Verwaltungssitz der Vulkan-Werft, vor drei Jahren zur Zentralen Erstaufnahmestelle umgebaut, wohnen nach wie vor Hunderte Frauen, Männer und Kinder auf Zeit – auch wenn Jahr für Jahr immer weniger Flüchtlinge nach Bremen kommen. Und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das ebenfalls den Betonbau nutzt, deutlich weniger Asylanträge bearbeitet als in den Jahren zuvor. Was sich in der größten Flüchtlingseinrichtung des Landes verändert hat und was nicht. Ein Überblick.

Platz für bis zu 750 Menschen. So hieß es, als der Umbau der ehemaligen Werftzentrale abgeschlossen war. Bernd Schneider nennt jetzt eine andere Bettenzahl: 700. Der Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) sagt, dass zumindest die Behörde immer von dieser Größenordnung ausgegangen ist. Und dass Stand heute 602 Frauen, Männer und Kinder in der Erstaufnahmestelle vorübergehend wohnen. Leer stehende Räume gibt es trotzdem nicht. „Die freien Kapazitäten werden genutzt, um die Belegungsdichte zu vermindern.“ Eine vierköpfige Familie, meint er, kann jetzt beispielsweise in einem Sechserzimmer untergebracht werden.

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Auch wenn nicht alle Betten belegt sind, ist für Schneider die Zentrale Erstaufnahmestelle keineswegs zu groß. „Wir brauchen einen Puffer für den Fall, dass die Zahl der Flüchtlinge, die nach Bremen kommen, wieder steigt.“ Darum, sagt er, gibt es auch keinen Grund, das Kontingent an Plätzen abzubauen. Oder das der Mitarbeiter, die sich um die Flüchtlinge und Asylbewerber kümmern. Nach seiner Rechnung sind rund 40 Stellen geschaffen worden, die meisten beim Träger der Einrichtung, der Arbeiterwohlfahrt. Anfangs war sie für zwei Bereiche zuständig – für die Notunterkunft und für den regulären Wohnbereich der Erstaufnahmestelle. Eine Notunterkunft gibt es inzwischen nicht mehr, wie nirgendwo in der Stadt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge setzt dagegen mittlerweile deutlich weniger Personal in der früheren Zentrale der Vulkan-Werft ein als zuvor. Laut Stefan von Borstel arbeiten momentan knapp 50 Beamte in der Fähr-Lobbendorfer Außenstelle. Vor drei Jahren, als sie eröffnet wurde, waren es nach Angaben des Sprechers der Nürnberger Behörde noch 24 Mitarbeiter mehr. Dass nicht mehr so viele Bundesbeamte im Bremer Norden eingesetzt werden, kommt nicht von ungefähr. Stefan von Borstel hat nämlich noch andere Zahlen, die gesunken sind. Ihm zufolge hatten die Mitarbeiter der Außenstelle im vergangenen Jahr 1763 Erstanträge von Asylsuchenden zu bearbeiten – und damit 6777 weniger als 2016.

Nach den Worten des Behördensprechers überprüft das Bundesamt regelmäßig seine Standortplanung. Angesichts der rückläufigen Asylbewerberzahlen, sagt er, kann das auch dazu führen, dass einzelne Außenstellen geschlossen werden müssen. Ist das der Fall, entscheidet das Amt nicht einfach, sondern stimmt sich ihm zufolge mit dem jeweiligen Bundesland vorher ab. Ein Gespräch mit Bremer Regierungsvertretern steht offensichtlich nicht an. Von Borstel: „Es gibt keine Pläne, die Außenstelle in Fähr-Lobbendorf zu schließen.“ Zumal die Erstaufnahmestelle erfüllt, worauf das Bundesamt vor dem Einzug in die frühere Werftzentrale ausdrücklich bestanden hat: dass sie Platz für mindestens 500 Menschen bietet.

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Dass einerseits die Zahl der Asylanträge abnimmt, anderseits die der Flüchtlinge in Fähr-Lobbendorf aus Sicht der Sozialbehörde auf einem hohen Niveau ist, führt Senatorinsprecher Schneider auf zwei Gründe zurück. Zum einen, sagt er, macht Bremen, was andere Bundesländer nicht machen: den Nachzug von Familienangehörigen über die Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge zu regeln. Und zum anderen müssen nach seinen Angaben viele Menschen, die dort auf Zeit unterkommen, länger bleiben als andere Asylbewerber: „Wer aus einem Land kommt, das als sicher eingestuft wurde, kann nicht in ein Übergangswohnheim der Stadt wechseln. Der muss in der Zentralen Erstaufnahmestelle des Landes bleiben, bis das Antragsverfahren abgeschlossen ist.“ Laut Schneider kann das Monate dauern.

Was aus der Anlaufstelle für Flüchtlinge wird, wenn deren Zahl weiterhin abnimmt, darüber kann er nur spekulieren. Schneider weiß nur, dass der Mietvertrag mit der Bührmann-Gruppe, die das ehemalige Vulkan-Gebäude für rund 20 Millionen Euro umbauen ließ, über zehn Jahre abgeschlossen wurde. Und dass die Sozialbehörde nicht vorhat, die Einrichtung woanders unterzubringen, weder vor noch nach Ablauf dieser Frist. Ihm zufolge geht das Ressort davon aus, dass in diesem Jahr mindestens so viele Asylsuchende nach Bremen kommen werden, wie es Flüchtlingen im Vorjahr gelungen ist, von einem Übergangswohnheim in eine eigene Wohnung zu wechseln: 1286.

Das wären dann beinahe genauso viele Menschen, wie auch 2018 nach Bremen gekommen sind. Im Jahr davor hatte die Behörde noch rund 1600 Flüchtlinge registriert – und doppelt so viele 2016, als die Erstaufnahmestelle in Fähr-Lobbendorf eröffnet wurde.

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