Am 26. Mai wird in Bremen gewählt. Neben den Abgeordneten der Stadtbürgerschaft sind auch die Beiräte zu wählen. Ein Grund, zurückzuschauen auf die Arbeit der drei Stadtteilparlamente in der jetzt auslaufenden Legislaturperiode. Welche Themen haben die Beiräte in Blumenthal, Vegesack und Burglesum in den vergangenen vier Jahren beschäftigt, wofür haben sie sich eingesetzt, was haben sie bewegen können? Heute blickt DIE NORDDEUTSCHE auf den Beirat Vegesack.
Haven Höövt: Leerstehende Läden im Einkaufszentrum beschäftigen den Beirat seit Jahren. 2012 hat der Eigentümer Insolvenz angemeldet. Erst gab es Gespräche mit der Albrecht-Vermögensverwaltung (AVW), neuer Eigentümer wurde aber schließlich 2017 Wesbau. „Worüber ich glücklich bin“, sagt Dornstedt.
Zuvor wurden 2015 Korruptionsvorwürfe gegenüber der Baubehörde laut: Die Verkaufsfläche des Haven Höövts war bei dessen Eröffnung doppelt so groß, wie zugelassen. Die Staatsanwaltschaft hat im November 2017 mitgeteilt, dass sie nicht ermittelt: etwaige Straftaten seien bereits verjährt. „Ich finde das Thema Strafermittlung nimmt einen zu hohen Stellenwert ein“, sagt Dornstedt.
2018 haben sich Architekten bei einem Wettbewerb für die Neugestaltung des Gelände gemessen. Die Gewinner haben im Januar 2019 gemeinsam mit Stadt- und Projektplanern vor dem Beirat Vegesack einen Plan für das Gelände vorgestellt: ein urbanes Stadtquartier mit maritimen Flair. „Wir sind alle von der Planung angetan“, sagt Dornstedt. Dies liege daran, dass viele Gremien und Institutionen an der Entwicklung beteiligt waren – der derzeitige Plan sei eine gemeinsame Entscheidung gewesen. Streit gibt es aktuell aber über ein geplantes Hochhaus mit elf Geschossen.
Zentrenkonzept und Nahversorgung: Es sollte die Geschäfte im Zentrum schützen. Das Zentren- und Nahversorgungskonzept hat jedoch dazu geführt, dass Geschäfte in mehreren Ortsteilen nicht öffnen oder Supermärkte nicht umgebaut werden konnten. Etwa im Ortsteil Fähr-Lobbendorf, sagt Dornstedt: „Hier wohnen 8000 Menschen, aber es gibt keinen Verbrauchermarkt.“ Bewohner müssten erst die A 270 überwinden, was ungünstig sei. Ein anderes Beispiel ist die Elektronikkette Expert Bening: Sie hat versucht, eine Filiale an der Vegesacker Heerstraße zu eröffnen – was die Bremer Behörden abgelehnt haben. „Die Krux an der Sache ist: Bening hätte im Zentrum eine Filiale eröffnen können, aber da sind die Flächen für solche Geschäfte nicht groß genug.“ Wer beispielsweise einen Fernseher kaufen wolle, fährt dafür etwa zur Waterfront. „Aber dort kaufen die Kunden dann auch andere Produkte ein.“ Dies schwäche den Einzelhandel in Vegesack. Der Beirat kritisiert das Konzept seit Jahren, so auch Dornstedt: „Es ist schon lange veraltet, wir warten jetzt auf ein vernünftiges Konzept.“
Markthalle: Im Frühjahr 2014 hatte ein Obst- und Gemüsehändler die Markthalle übernommen. 2016 wollte er sein Geschäft in einen Supermarkt umwandeln – daraus wurde jedoch nichts. Der Eigentümer, die Albrecht-Vermögensverwaltung, hat Gespräche mit dem Ortsamt, dem Beirat und der Wirtschaftsförderung geführt, sagt Dornstedt. „Die AVW hatte zugesagt, eine einvernehmliche Lösung zu finden.“ Gemeinsam hätten sie die Idee entwickelt, aus der Markt- eine Boulderhalle zu machen. Dann hat sich die AVW doch für die Tedi-Kette entschieden, entgegen der Absprache. Das Verhalten der AVW nennt Dornstedt inakzeptabel: „Wir haben gemeinsam eine Idee entwickelt und Arbeit investiert. Diese wurde dann ignoriert – das ist ein Vertrauensbruch.“
Bahnhof Vegesack: Die BSAG hat 2015 die Unterstände am Bahnhof Vegesack abgerissen, weil sie baufällig und umsturzgefährdet waren. Sie sollten eins zu eins ersetzt werden, sagt Dornstedt. Er hat damals jedoch gefordert, den Bedarf genau zu prüfen. Das Verhalten der Pendler und Besucher habe sich verändert, ebenso das Umfeld – auch durch Projekte wie die Umgestaltung des Haven-Höövt-Geländes oder den Hochwasserschutz. „Vor vier Jahren war auch noch nicht klar, dass am Bahnhof ein neues Polizeiquartier entstehen soll.“
Auch beim Thema Sicherheit hat sich etwas getan: Der Bahnhof bekommt eine Videoüberwachung. Innensenator Ulrich Mäurer gab bekannt, dass die Kameras bis Ende des zweiten Quartals 2019 installiert werden. 18 Jahre forderte der Beirat eine Videoüberwachung am Bahnhof.
Hochwasserschutz: Der Generalplan Küstenschutz Bremens und Niedersachsens sieht vor, alle Deiche bis zum Jahr 2025 entlang der Küsten und Flüsse zu erhöhen. Der Deichverband präsentierte im Februar 2016 ein erstes Konzept zur Erhöhung der Deichlinie am Hafen. Dies löste eine Debatte über das Erscheinungsbild des historischen Vegesacker Hafens aus, der nach der Deicherhöhung hinter Spundwänden und Betontreppen verschwinden könnte. Jetzt folgt der nächste Schritt. „Der Deichverband präsentiert und den Planungsstand im April 2019“, sagt Dornstedt.
Grohner Düne: Anfang 2014 erwarb der Konzern Grand City Property den vorderen Teil der Düne, später auch den kleineren zweiten Bereich. Nach Anfänglicher Skepsis begann damit die schrittweise Umstrukturierung. Der Senat legte Anfang 2016 sein lange versprochenes Entwicklungskonzept für den Komplex vor. „Wir haben viel erreicht in der Grohner Düne“, sagt Dornstedt. Der Bereich gegenüber des Horthauses soll zur Grohner Oase umgestaltet werden, das SOS-Kinderdorf hat einen pädagogischen Mittagstisch eröffnet, es gibt nun einen Second-Hand-Laden für Kinderkleidung. Die Grohner Düne benötigt laut Dornstedt aber auch zukünftig Zuwendung.
Hartmannstift: Hier soll Wohnen in der Nähe von Weser und Fußgängerzone möglich werden. Der Senat hatte im Herbst 2015 das Gebäude vorläufig als Übergangswohnheim für Flüchtlinge übernommen. Im Dezember 2016 zogen dann die letzten Bewohner wieder aus. Zwischenzeitlich war ein Käufer gefunden worden, der aber Ende 2018 wieder abgesprungen ist. Der Grund: Der Kaufpreis für das Gelände und die Sozialbauwohnungsquote seien nicht wirtschaftlich. Laut Dornstedt gibt es aber weiterhin Gespräche mit dem Interessenten.
Hochhaus Weserstraße: Nicht nur die Pläne für ein Hochhauses an der Weserstraße/ Ecke Schulkenstraße wurden kurz vor der Wahl 2015 laut, sondern auch die Proteste dagegen. In einer Beiratssitzung im April haben sich die Beiratsmitglieder einstimmig gegen ein Hochhaus ausgesprochen – und dafür Zuspruch der 200 Bürger bekommen, die bei der Sitzung zu Besuch waren. Kurz darauf kippte Bausenator Joachim Lohse die Hochhauspläne. Ganz vom Tisch ist das Thema aber noch nicht – das Grundstück soll weiterhin bebaut werden. Auch der aktuelle Entwurf entete nicht viel Applaus.
Flüchtlingshilfe: Flüchtlinge kamen in den vergangenen Jahren etwa im Hartmannnstift, in der Zentralen Aufnahmestelle für das Land Bremen im alten Vulkanverwaltungsgebäude und im blauen Dorf unter. Das Containerdorf in Blautönen wurde im Oktober 2014 in nur sieben Wochen errichtet und kostete drei Millionen Euro. Im Mai 2018 hat dann die Jacobs University Bedarf an Wohnraum geäußert – es gab die Idee, Flüchtlinge und Studenten gemeinsam wohnen zu lassen. Der Beirat und die zuständige Behörde hatten aber von dieser Idee abgelassen: Die Frist für das Übergangswohnheim in dem Gewerbegebiet wurde bis Ende 2022 verlängert. Die Zentrale Aufnahmestelle an der Lindenstraße nahm im November 2016 ihren Betrieb auf. Ihre Arbeit wurde 2018 überschattet vom sogenannten Bamf-Skandal.
Eine Besonderheit für Vegesack sei die Willkommensinitiative, die Dornstedt gemeinsam mit Pastor Keller gegründet hat. Es war die erste in Bremen, Dornstedt nennt sie modellhaft.
Oeversberg: Ein Erfolg der vergangenen Jahre war der Kompromiss um die Sportanlage Oeversberg, sagt Dornstedt. Die Jacobs University hatte ein vertraglich abgesichertes Zugriffsrecht auf das Areal. Viele Sportvereine hätten weichen müssen, hatte die Uni es durchgesetzt. In Kooperation mit dem Bauressort, den Vereinen und der Universität hat es jetzt einen Kompromiss gegeben, mit dem beide Seiten zufrieden sind, sagt Dornstedt. Die Vereine haben wieder Planungssicherheit.