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„Musikerverein Kulturbunker“ Im Bunker spielt wieder Musik

Es war ein jahrzehntelanges Hin und Her. Nun ist es offiziell: Der ehemalige Vulkan-Bunker C178 in Fähr-Lobbendorf darf offiziell als Veranstaltungsstätte genutzt werden. Ein Blick auf den langen Weg dahin.
13.05.2023, 06:00 Uhr
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Von Christian Pfeiff

 Andreas Brede sitzt am Tresen und raucht eine Zigarette. Der Saal hinter ihm ist menschenleer – und doch wirkt die Szenerie fast, als warte Brede auf in Kürze zum Soundcheck eintreffende Musikerkollegen: Die mit einer großzügigen Licht- und Tonanlage ausgestattete Bühne hinter ihm stünde schon bereit.

Doch es kommen keine Musiker, kein Publikum – zumindest noch nicht jetzt, nicht heute. Dabei wäre es theoretisch durchaus möglich: Nach jahrzehntelangem Ringen ist es dem „Musikerverein Kulturbunker“ zum Jahresbeginn nun endlich gelungen, die Nutzung seiner Räumlichkeiten im Bunker C 178 auf dem ehemaligen Vulkangelände, zu denen auch ein großzügiger Veranstaltungssaal gehört, endlich offiziell genehmigt zu bekommen.

Pandemie war der jüngste Rückschlag

Die Folgen der Pandemie mit Bandauflösungen und verwaisten Proberäumen waren nur der jüngste in einer Reihe herber Rückschläge, die den Verein im Laufe seines Bestehens ereilten. Dabei startete das Unterfangen vor mehr als zwanzig Jahren mit Sturm und Tatendrang: Aus der seinerzeit noch prosperierenden und vielseitigen Musik- und Bandszene des Bremer Nordens formierte sich in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre eine Bewegung mit dem Ziel, den zu diesem Zeitpunkt verwaisten „Vulkan-Bunker“ zu einer Probe- und Werkstätte für lokale Musikschaffende – vulgo: Einen Proberaumbunker – umzufunktionieren.

„Die erste Begehung mit dem Bauamt fanden 1998 statt“, erinnert sich Brede, selbst seinerzeit Schlagzeuger der Formation „Dr. B & His Gigolos“, bei der Durchsicht alter Vereinsunterlagen. Im Anschluss an diese demonstrierten er und seine Mitstreiter jede Menge Know-How und Eigeninitiative: Die Musiker, die sich bereits zu einem Verein formiert hatten, welcher jedoch erst 2002 offiziell ins Vereinsregister eingetragen wurde, investierten sowohl privates Kapital als auch ungezählte Arbeitsstunden, um den vormaligen Werksbunker in mühevoller Klein- und Eigenarbeit für ihre Zwecke umzugestalten.

Ein Projekt, das immer mehr Dynamik gewann: „Anfangs durften wir nur die zweite Etage benutzen; später kamen noch die erste und dritte hinzu“, erinnert sich Brede, der von Musiker- und Vereinskollegen gleichermaßen lediglich „Mecki“ gerufen wird.

Ohne jegliche Subventionen oder externe Unterstützung legten die Musiker selbst Hand an; betätigten sich – je nach beruflicher Qualifikation – als Maurer, Elektriker, Inneneinrichter. Nach erfolgter Entkernung entstanden so über die Jahre in den mittleren Bunkeretagen zwölf Proberäume sowie ein geräumiger, mit entsprechender Technik ausgerüsteter Veranstaltungssaal inklusive Bühne und Tresen, in welchem zu Beginn der Zweitausenderjahre bereits vereinzelt erste kleinere öffentliche Konzerte stattfanden – jeweils mit Sondergenehmigung.

„Ich glaube, ich habe zusammen mit unserem damaligen Sänger Tobias Winkler jedes einzelne Kabel hier drinnen verlegt“, erinnert sich Brede und deutet auf die großzügig vorhandenen Strom- und Geräteanschlüsse. Nach erfolgter Fertigstellung brannten die Vereinsmitglieder in den frühen Zweitausenderjahren darauf, sowohl ihre Proberäume als auch den Veranstaltungssaal in dem vormaligen Werksbunker, der zwischenzeitig durch den Architekten Björn Hashagen inklusive des Vereins als Bestandsmieter erworben wurde, dauerhaft offiziell genehmigen zu lassen.

2013 wird die Nutzung untersagt

Dieses Ansinnen entpuppte sich jedoch als Bumerang: Gespräche und Begehungen mit Bauamt und Feuerwehr förderten immer weitere Stolpersteine auf dem Weg zur öffentlichen Nutzbarkeit zutage. „Im Jahr 2013 wollten wir es noch einmal wissen und haben Bauamt und Feuerwehr zu einer weiteren gemeinsamen Begehung geladen, um verbindlich zu erfragen, welche Details denn nun noch geändert werden müssen, um eine offizielle Genehmigung zu erhalten – was sich im Nachhinein als schlechte Idee heraus stellte“, so Brede. Denn kurz darauf ereilte den Verein die behördliche Nutzungsuntersagung nicht nur des Veranstaltungssaales, sondern auch der in mühevoller Kleinarbeit erarbeiteten Proberäume.

„Das war ein heftiger Schlag, der uns Mitglieder und Bands kostete. Wer will schon Miete für einen Proberaum zahlen, den er nicht benutzen darf?“, blickt Brede zurück – und deutet an, dass die Zusammenarbeit mit dem Bauamt über die Jahrzehnte auch durch dortig wechselnde zuständige Personalien mal mehr, mal weniger konstruktiv verlief. Nichtsdestotrotz glaubten die verbliebenen Vereinsmitglieder nach wie vor an ihr Bunkerprojekt, in das sie mittlerweile jede Menge Privatvermögen und Arbeitsstunden investiert hatten. Sie arbeiteten weiterhin daran, auch die letzten Verordnungskriterien zu erfüllen: „Wir mussten dann unter anderem noch eine Entrauchungsanlage einbauen und alle Türen austauschen. Die vorhandenen waren ja aus dem Jahr 1943; damals gab es noch keine DIN-Norm oder ähnliches“, so Brede.

Kürzeste Begehung führt zum Erfolg

Abermals neun Jahre später – also 2022 – waren die letzten Hürden endlich beseitigt: „Die letzte Begehung mit Bauamt und Feuerwehr war die Kürzeste von allen; innerhalb einer Viertelstunde war alles erledigt.“ Mehr als 20 Jahre nach größtenteils erfolgter Fertigstellung darf im Kulturbunker auf dem Vulkangelände nun endlich nicht nur offiziell geprobt werden; auch Veranstaltungen im Saal sind nun theoretisch möglich.

Doch nicht nur der anfängliche Projektenthusiasmus hat über mehr als zwei Jahrzehnte Patina angesetzt: „Eigentlich müsste die komplette Saaltechnik schon wieder generalüberholt werden; mindestens jedoch müssen wir demnächst mal überprüfen, wie viel von dieser sich hier über die Jahrzehnte einfach ungenutzt kaputt gestanden hat“, befürchtet Brede.

Zur Sache

Mission erfüllt

Andreas Brede, der bis vor wenigen Wochen noch den Posten des ersten Vereinsvorsitzenden bekleidete, legte dieses Amt unlängst nach mehr als zwanzig Jahren nieder. Ob und wie die Räumlichkeit zukünftig öffentlich genutzt wird, wird er also nur noch aus der Mitgliederperspektive verfolgen; zumal er selbst seine Trommelstöcke schon lange an den Nagel gehangen hat: „Nach dem Ende von 'Dr. B.' habe ich es noch mit ein paar Projekten versucht, die sich dann aber aus diversen Gründen auch recht bald wieder zerschlagen hatten. Heute gehe ich eben segeln oder restauriere antike Fahrzeuge, statt Musik zu machen“, erklärt Brede.

Dem von ihm mitbegründeten und über mehr als zwei Jahrzehnte geführten Verein will er dennoch weiterhin als technischer Berater erhalten bleiben – und konnte zumindest seinen großen Vorsatz in der Funktion des Vorsitzenden erfüllen: „Ich habe vor Jahren schon gesagt: 'Bis zur erfolgten Genehmigung mache ich das; dann gebe ich das Amt ab'“. Dies jedoch mit einem ambivalenten Gefühl: „Es ist das berühmte lachende und weinende Auge: Natürlich freue ich mich, dass dieses Projekt nun endlich abgeschlossen werden konnte und sich auch allmählich wieder Bands einfinden – soweit ich weiß, sind alle Proberäume schon wieder belegt“, konstatiert Brede.

Der neue Vereinsvorstand um Bredes Nachfolger Frank Kondit will sich nach erfolgter Bestätigung auf der vergangenen Jahreshauptversammlung zunächst ohne Hast konstituieren, um anschließend denkbare Veranstaltungsformate zu erarbeiten. Möglicherweise kommen hiesige Musiker; Rock- und Konzertfreude also noch in diesem Jahr in den Genuss einer neuen, alten Veranstaltungsstätte auf dem vormaligen Vulkangelände.

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