Kaum hat Martina Bannasch einen Kleiderständer vor die Tür gerollt und zwei Kisten – eine gefüllt mit goldenen Bilderrahmen, die andere mit allerhand Deko-Artikeln – daneben gestellt, bleiben die ersten Passanten stehen und schauen. Unter den Sachen, die in den Schaufenstern des Hauses Gerhard-Rohlfs-Straße 78 ausgestellt sind, gibt es viele Hingucker. Ungewöhnliche Einrichtungsgegenstände und individuelle Second-Hand-Mode, historische Radios und nostalgische Retro-Blechschilder, ausgefallene Nieten-Schuhe und auffällige Totenkopf-Gürtelschnallen: Was die Vegesackerin hier unter dem Namen Tiny Vintage anbietet, ist alles andere als nullachtfünfzehn.

Tiny Vintage hat keine regelmäßigen Öffnungszeiten. Wer etwas kaufen möchte, kann anrufen.
Damit, dass sie die Schaufenster des Geschäfts nutzt, bringt sie Farbe und Abwechslung in die Vitrinen, die sonst leer stehen würden. "Das ist eine Win-win-Situation", findet Martina Bannasch. Sie selbst, der Eigentümer des Hauses und das Erscheinungsbild der Fußgängerzone profitieren von der Zwischenlösung. "Die Fenster sind nett dekoriert, ich fege regelmäßig vor der Tür und schaue täglich nach dem Rechten", zählt sie die Vorteile auf. Für sie ist die Lage des Ladens ein Gewinn. Denn so sehen viele Passanten die Gegenstände, die sie zum Verkauf anbietet.

Beim Elvis-Festival in Schwanewede war Martina Bannasch mit einem Stand vertreten.
Bereits vor gut vier Jahren haben Martina Bannasch und ihr Geschäftspartner Enno Janke einen kleinen Laden im Eckhaus Alte Hafenstraße/Sagerstraße gemietet und eingerichtet: mit Hausrat und Sesseln aus den 50er- und 60er-Jahren, mit Musikschränken und Plattenspielern aus den 70ern und jeder Menge passender Deko und Mode. Seither haben Fans der 50er- bis 70er-Jahre, von Rock 'n' Roll und Rockabilly, von Vintage-Mode, -Accessoires und -Möbeln hier einen Anlaufpunkt. Der Laden hat keine festen Öffnungszeiten, stattdessen können Interessierte sich telefonisch melden, wenn ihnen etwas gefällt. "Meistens können wir kurzfristig da sein oder wir vereinbaren einen Termin", erläutert Martina Bannasch.

Fans ungewöhnlicher Accessoires werden hier fündig.
Genauso läuft auch das Konzept in der Gerhard-Rohlfs-Straße 78. Dort haben die 55-Jährige und ihr Geschäftspartner die Schaufenster des leer stehenden Ladens vor zwei Jahren gemietet. "Das ist eine Zwischenlösung in Absprache mit dem Makler und der Hausverwaltung", erläutert Bannasch, die in der Vergangenheit viele Jahre in einem Vegesacker Reisebüro tätig war. Mittlerweile arbeitet die Reiseverkehrsfrau in Teilzeit in einem Reisebüro in Schwanewede. Und hat dadurch mehr Zeit für ihre Hobbys: Musik von Rock 'n' Roll bis Heavy Metal, die dazu passende Kleidung, Motorrad fahren – und ihren kleinen Vintage-Laden.

Unter den ausgestellten Sachen gibt es viele Hingucker.

Bevor die Radios in den Verkauf kommen, prüft Enno Janke sie.
"Ich war schon immer gerne auf Flohmärkten unterwegs. Außerdem hatte ich früher mit meiner Mutter schon einmal ein Trödel-Geschäft in Vegesack", erzählt Martina Bannasch, die sich auch zu Hause gerne mit Einrichtungsgegenständen im Retro-Stil umgibt. Alles, was sie und Enno Janke bei Tiny Vintage anbieten, stammt aus zweiter Hand. Anders als viele andere Second-Hand-Geschäfte nimmt sie keine Ware in Kommission. "Ich kaufe die Sache ein und zum Teil bekomme ich sie geschenkt – von Freunden, Nachbarn und hin und wieder von Unbekannten", erzählt sie. Eine Kiste mit Schallplatten hat sie schon vor ihrem Geschäft gefunden und einen Zeitungsständer aus den 50er-Jahren.

Ausgefallene Nieten-Schuhe findet man ebenfalls bei Tiny Vintage.
Wichtig sei ihr vor allem das Thema Nachhaltigkeit. "Bei mir kommt nichts weg. Wenn etwas nicht in unser Konzept passt, dann gebe ich es weiter." Die Sachen spendet sie dann an den Second-Hand-Laden Pro Tach an der Sagerstraße oder an den Wiederverwert-Laden des Arbeit- und Lernzentrums. "Was sich nicht mehr zum Verkauf eignet, stelle ich in einer Kiste zum Mitnehmen vor die Tür." Hin und wieder sucht die Vegesackerin auch zum jeweiligen Thema passende Mode aus und geht mit einem Stand zu Biker-Märkten befreundeter Motorrad-Clubs. Auch beim Elvis-Festival in Schwanewede war sie vertreten. "Und weil ich viel bei Konzerten lokaler Bands bin, unterstütze ich sie mit dem Verkauf von Merchandise-Artikeln und CDs."

Deko von Motörhead bis Marilyn Monroe.
Während Martina Bannasch sich liebevoll vor allem um Mode, Accessoires und Deko bis ins kleinste Detail kümmert – die Kleidung hängt auf farblich sortierten Nietenbügeln aus den 50er-Jahren – sind Röhrenradios, Plattenspieler und Musikschränke die Leidenschaft von Enno Janke. Er prüft jedes einzelne Stück, bevor es in den Verkauf kommt, und repariert es bei Bedarf.

Martina Bannasch mag Musik von Rock 'n' Roll bis Heavy Metal.
Mittlerweile hat Tiny Vintage schon viele Stammkunden. Das Geschäft in der Gerhard-Rohlfs-Straße ganz anzumieten, kommt für Bannasch und Janke trotzdem nicht infrage. "Die meisten Sachen kosten nicht mehr als zehn Euro. Nur für Jacken und Möbel können wir mehr nehmen. Davon müssten wir die Miete und unser Gehalt bezahlen – und der Laden müsste immer besetzt sein", erläutert die Vegesackerin. Deshalb bleiben sie lieber bei ihrem Konzept: Wer etwas kaufen möchte, ruft an.

Ungewöhnliche Einrichtungsgegenstände und individuelle Second-Hand-Mode gehören zum Konzept.

Eine ausgefallene Lampe beleuchtet das Schaufenster in der Fußgängerzone.